Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
Vom Netzwerk:
ohne jegliche Neugier zu ihm herüber, ein dreckiger Fingernagel oder ein Daumen, der auf eine gedruckte Linie weist, Hier bitte mit dem Namen unterzeichnen, mein Freund, das macht dreihundert Escudos im voraus, bitte, die gleiche Tapete mit den Medaillons, die gleichen feuchten Kopfkissenbezüge, die gleiche Zirrhosehelligkeit, den Regenmantel, das Hemd, die Hosen, die Schuhe, die Strümpfe ausziehen, vor Unbehagen und Kälte mit den Knochen scheppernd, die Nase im Bettuch verbergen, und plötzlich eine glitschige Flanke, die an seinem Rücken heruntergleitet, eine Deckenbrise, ein eisiges Händchen, das seine Hoden drückt, Kuckuck.
    – Ich habe mal einen Ingenieur gekannt, sagte eine der blonden Zwillingsschwestern, der mich dafür bezahlte, daß ich es mit ihm und einer Schaufensterpuppe namens Alfredo trieb. Er war wahnsinnig gebildet, mager, seit achtzehn Jahren Generaldirektor, die Ehefrau war ihm an einer Embolie gestorben, und eines Nachmittags, als er die Rua dos Fanqueiros hinunterging, sah er die mit einem Frack bekleidete Puppe in einem Laden und verliebte sich. Und so kam es, daß, bevor wir beide uns auf der Matratze wälzten, der Typ den Alfredo sorgfältig entkleidete, ihn kämmte, ihm seine Wergsträhnen bürstete, ihn mit Deodorant bedachte, parfümierte, ihm mit dem Rasierapparat über die Pastewangen fuhr, ihn ganz ordentlich neben uns legte, den Kopf auf ein kleines Schaumstoffkissen, und mich bat, Gib ihm auch einen Kuß, sonst ist er beleidigt, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie eifersüchtig Alfredo ist.
    – Warum trennst du dich nicht von deiner Frau und lebst mit mir zusammen? schlug die Boutiquenverkäuferin vor, während sie ihre Lackstiefel anzog. Das würde mir die Mühe ersparen, meine Mutter anzulügen, Artur.

    – Schau ihn nur an, den Armen, stieß der Ingenieur sie hingerissen in die Seite, sieh nur, wie er böse mit uns geworden ist. Bist du so unmenschlich, daß du ihn nicht wenigstens mal streichelst?
    – Kuckuck, entgegnete der Oberstleutnant mit verlorenem Stimmchen, fühlte sich blöd, bescheuert, lächerlich, suchte lethargisch die Brustwarzen unter den Bettüchern, die Kurve des Bauchnabels, die spärlichen Schamhaare.
    – Eine neunzehnjährige Kleine, Herr Kommandeur, meinte der Funker, der mit dem Finger die achte Brausetablette umrührte, die ihr Gas stoßweise ausstieß wie ein löslicher Taucher, das ist ein Heidenärger.
    – Ich mußte mich an Alfredo reiben, beklagte sich die eine Zwillingsschwester, mußte so tun, als würde ich auf ihm kommen.
    – Wir würden eine Reihenhaushälfte mieten, lockte die Boutiquenverkäuferin, und würden jede Nacht im Tubarão tanzen gehen. In Linda-a-Pastora zum Beispiel gibt es Wohnungen, die sind gar nicht teuer.
    – Siehst du, wie zufrieden er ist? freute sich der Ingenieur. Siehst du nicht, wie er sich mit einem Lächeln bedankt?
    – Na endlich, rief die Concierge, die ihm die Tür öffnete und ihn in den Bauch zwickte. Mir ist noch nie jemand untergekommen, der so stolz ist, Teufel auch.
    – Ich muß diesen Sohn suchen, murmelte der Leutnant. Ich will verdammt sein, wenn ich ihn nicht heute finde.
    – Und wie haben Sie sich den Schuh wieder ausgezogen, Herr Kommandeur, fragte der Soldat, wie sind Sie diesen Klotz am Bein losgeworden?
    – Eines Nachmittags, sagte der Oberstleutnant, kam ich in die Boutique und stand vor der Mutter. Ich habe niemals zwei Menschen gesehen, die einander so ähnlich waren.
    Sie hatten den Vorabend in einer kleinen, dunklen, verrauchten Bar in Alcântara verbracht, in der ein spilleriger Typ mit Knebelbart ein Klavier folterte und die sich nach zwei Uhr, nach dem Ende von Theater und Kino mit Schauspielern, Journalisten,
Dichtern und Filmregisseuren füllte, die betrunken einnickten, an die französischen Poster gelehnt, die die Wände des winzigen Raumes bedeckten, in dem die Lampen mit rotem Zellophanpapier ausgekleidet waren und Hocker und Tische für Zwerge um den Tresen standen. Der Glatzkopf in Hemdsärmeln, der ihnen autoritär wilde Cocktails mit kandierter Kirsche und einer Zitronenscheibe oben auf dem Eis in die Gläser goß, bot ihnen Tresterschnapsgläser voller grünlicher Flüssigkeit und einen zusätzlichen Zahnstocher an, der dazu dienen sollte, dieses ungewöhnliche verflüssigte Dynamit leicht (Vorsichtig, riet der Glatzkopf, indem er zurückwich) umzurühren, das wahrscheinlich gleich beim ersten Schluck die Eingeweide in quietschende, schweflige Briketts

Weitere Kostenlose Bücher