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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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Eier vom Türsteher gerichtet, Wenn jemand von draußen reinkommt, weißt du, was passiert.
    Neben dem nackten, gekrümmten, kantenlosen Körper von Inês auf den Ellenbogen gestützt, hörte der Leutnant die tonnenschweren Schritte des Hausmeisters auf dem Kies unter dem Fenster, das ruckweise Drehen der Rasensprenger, das Geflüster und Reden der Dienstmädchen in der Anrichte, das jetzt ruhige, friedliche Atmen des Mädchens (Reg dich nicht auf, bis sieben Uhr kommt hier niemand), das unendlich ferne Brausen des Meeres, von dem ich mir vorstellte, daß es in einer Folge von Schluchzern auf dem Strand erstarb, der noch nicht gesäubert war und, von einer Vielzahl kartonweißer Möwengeier bewacht, ohne Aprilsonnendächer dalag. Wie in Sesimbra, Herr Hauptmann, mit Ilda, der Sekretärin der Bank, die mit mir zusammenarbeitete, eine Kleine, Dünne, Erloschene mit Pickeln, die in Algueirão bei Verwandten
lebte, samstags mit einem Schwarm ebenfalls lediger und erloschener Freundinnen, in einem ledigen und erloschenen Citroën nach Caparica fuhr, die miese Filmzeitschriften liebte und sich platonisch in eine Reihe von ledigen und erloschenen Betriebswirten verliebte, die sie, ihre herausstehenden Rippen, ihren Hustenbonbonatem, ihre eingefallenen Wangen, ihre strengen Witwenkleider niemals wahrnahmen. Wie in Sesimbra, im Hotel, Herr Hauptmann, wo wir hin und wieder heimlich zwei Tage unter dem Vorwand von Arbeitsreisen, Kontakten mit Ausländern, dringenden, komplizierten Geschäften verbrachten. Ilda zog sich im Badezimmer aus und zwang mich, die Augen zu schließen, bis sie das Bettuch bis zu ihrer langen Nase eines erkälteten Tukans hochgezogen hatte und ihre nicht vorhandenen Brüste und die glühende Akne auf dem Hals verbarg. Ihre spitzen Knie und Fußknöchel taten mir an den Beinen weh, ihr Körper eines Mondwurms klebte sich unangenehm an meinen, sie schluckte Pillen für die Schilddrüse, und ihr Vogelherzchen schlug überschnell an meiner Brust. Wir gingen auf dem Sand spazieren, redeten, die Hände in den Taschen, miteinander, ich erzählte ihr, was mich bedrückte, vom Ärger mit Inês, vom Mist bei der Arbeit, vom kleinen, alltäglichen Scheiß, dachte, Hätte ich dich geheiratet, hättest du mich in eine Dreizimmerwohnung ohne Telefon in Cacém gesteckt, die mit billigen Nippes und Möbeln aus dem Ausverkauf dekoriert wäre, ich würde im Bett Zeitung lesen, Deodorant in Pulverform benutzen, meine Eltern hätten die gleiche Wellenlänge wie die Schwiegertochter, und mir würde es, sozusagen, super gehen. Meine Frau fragte mich nie etwas, wenn ich nach Hause kam, Herr Hauptmann, sie ließ einen flüchtigen Kuß auf meine Stirn gleiten und galoppierte, das Make-up korrigierend, davon, während ich mich in den Sessel im Wohnzimmer pflanzte, Warum sollten wir nicht zu den Nutten gehen? warum nicht feiern, daß vor zehn Jahren der Krieg zu Ende war?, der merkwürdig aussehende Maler aus dem Gebäude gegenüber erschien mit der Palette in der Hand auf dem Balkon, ein Rasenmäher
summte beharrlich tief in seinem Gedächtnis, Stimmen von Köchinnen, Echos, die Stiefel des Hausmeisters auf dem Kies im Garten, und da ist die Villa in Carcavelos hinter dem rostigen Tor, die riesigen, roten Pupillen der Hunde, die im Dunkeln herumspringen, da ist der übliche gleichgültige Ärger, die übliche gleichgültige Mattigkeit, Aus, Tigre, aus, Miss, aus, Bruce, die großen Köpfe mit der heraushängenden Zunge drängen in die offene Wagentür, Inês steigt die Stufen zum Vordach hinauf, klingelt, verschwindet mit der Tochter auf dem Arm in der erleuchteten Eingangshalle, wenn die Nutten einem vergessen helfen, Scheiße, dann gehen wir eben zu den Nutten, und ich stand still, die Fäuste in den Taschen, neben dem Auto, Herr Hauptmann, und begriff zum ersten Mal das undurchsichtige, undurchdringliche, beinahe stoffliche, hoffnungslose Schweigen meines Vaters.

9
    – Die Frau meines Onkels bekam in dem Jahr, als wir aus dem Krieg kamen, eine Thrombose, erklärte der Soldat, während er die Zigarette des Funkers mit einem unsicheren, weinselig im Zickzack geführten Streichholz anzündete. Wir saßen zufrieden bei Tisch, und da, peng, hörten wir aus der Küche einen Wahnsinnskrach.
    Der Onkel, im Unterhemd, das Gesicht von dem Leuchter mit den Glasklunkern verdeckt, die jedesmal wie winzige Glöckchen klingelten, wenn jemand das Fenster öffnete, schüttelte und schäumte seine gewohnte Dreihundertsechzig-Grad-Wut gegen

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