Fächergrün
Kopf. »Und mit organisierter Kriminalität erst recht nicht. Nein, völlig ausgeschlossen.«
»Aber sie haben Italiener beschäftigt«, warf Paul Wellmann ein.
»Paul, bitte, wir können doch nicht hinter jedem Pizzabäcker die Mafia vermuten. Das geht mir entschieden zu weit.«
»Ja, ja, wenn’s ums Essen geht«, konnte sich Ludwig Willms nicht verkneifen.
Lindt schnaufte tief, aber er sagte nichts. Stattdessen griff er in seine Jackentasche, um Pfeife und Tabak hervorzuholen.
»Du wirst ja wohl nicht«, entrüstete sich der KTU-Chef.
»Raucher raus, ich weiß schon«, antwortete der Kommissar. »Aber wir sind doch ohnehin fertig. Was nützen uns die schönsten Erbgutanalysen, wenn die zugehörigen Menschen verschwunden sind? Ich für meinen Teil brauche jetzt dringend frische Luft. Besprechung beendet.«
Lindt schloss im Hof des Polizeipräsidiums sein altes Damenrad von der Kette, zündete seine Pfeife an, stopfte nach, zündete wieder an, stopfte abermals und trat anschließend in die Pedale. Sehr gemächlich, damit der Fahrtwind nicht zu sehr durch den Pfeifenkopf wirbelte, erreichte er den Schlossgarten, den weitläufigen Park mit seinen großen, alten Bäumen zwischen Schloss und Hardtwald. Am See stieg er ab, fand einen Schattenplatz auf einer der zahlreichen Bänke, setzte sich und starrte aufs Wasser.
Jan Sternberg dagegen war nicht nach ruhigem Nachdenken zumute. Er wollte etwas tun, aktiv sein, selbst den Lauf der Geschehnisse bestimmen.
Die Idee war ihm während der Besprechung gekommen, allerdings behielt er sie lieber für sich. Sein Chef hätte sicher nicht genehmigt, was ihm vorschwebte.
Eine knappe halbe Stunde werkelte er am PC, druckte sein Ergebnis 40 Mal aus, packte die Seiten vorsichtig in durchsichtige Hüllen und verließ das Büro. »Du weißt ja, wo der Chef mich hingeschickt hat«, verabschiedete er sich von Paul Wellmann.
Unterwegs hielt er bei einem Copyshop.
»Ich möcht was einschweißen, DIN-A4«, fragte er an der Kasse.
»Laminieren? Kein Problem, der Apparat steht dort drüben.«
Sternberg holte die Blätter aus seiner Aktenmappe und schob eines nach dem anderen durch das Gerät. Als er alle in durchsichtiger Folie versiegelt hatte, drehte er den Stapel um und nummerierte die Rückseiten mit einem wasserfesten Schreiber – 1 bis 40.
»Einen Versuch ist es allemal wert«, sagte er zu sich selbst, als er wieder in seinem Dienst-Passat saß und die Südstadt ansteuerte.
Im Kopf hatte er sich bereits zurechtgelegt, was er sagen wollte, und so begann er das Fragespiel in den Wohnungen des Hauses, in dem er bereits mit Hauptkommissar Lindt gewesen war.
Jedem, der auf sein Klingeln die Tür öffnete, wies er seinen Dienstausweis vor und drückte ihm dann eine der Folien in die Hand. »Wir ermitteln im Fall der ermordeten Gebrüder Maiwald. Ja, in der Oststadt, Lachnerstraße. … Sie haben sicherlich davon gehört. … Kennen Sie diesen Mann? … Haben Sie ihn schon mal gesehen? … Ja, wir suchen ihn als wichtigen Zeugen. … Hat eventuell dort gearbeitet. … Sie auch? … Wie lange? … Als was? … Erinnern Sie sich noch an einen Arbeitskollegen von früher? … Wo wohnt der jetzt? … Ja, wir müssen uns ein möglichst genaues Bild vom Leben der beiden Brüder machen. Fällt Ihnen irgendetwas Besonderes ein? … Gab es Krach mit einem der Arbeiter? … Hatten die Maiwalds feste Gewohnheiten? … Wie waren sie als Vermieter? … Könnten Sie sich vorstellen, wer einen Grund gehabt hätte? Bitte, schauen Sie sich das Foto noch mal ganz genau an.«
Akribisch notierte Jan Sternberg die Antworten auf einem Klemmbrett, erfragte die Namen seiner Gesprächspartner, überreichte zum Abschluss eine Visitenkarte und nahm schließlich das folierte Bild wieder an sich.
Pro Wohnung füllte er ein Notizblatt aus, nummerierte es mit 1 bis 40 und verstaute es zusammen mit dem laminierten Foto derselben Nummer vorsichtig in seiner Aktentasche.
Gegen drei Uhr nachmittags machte er Pause in einem nahegelegenen Döner-Imbiss. Jetzt hatte er alle Wohnungen, in denen Mitglieder der Großfamilie Gallo wohnten, durch.
Sieben Männer waren nicht zu Hause gewesen. Ihnen wollte er gegen Abend oder am Samstag einen Besuch abstatten. Von acht weiteren früheren Maiwald-Arbeitern hatte er die Adressen bekommen. Glücklicherweise wohnten alle im Großraum Karlsruhe, sodass er auch dort vorbeifahren und seine Fragen stellen konnte.
Es wurde schließlich Samstagnachmittag,
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