Fahr zur Hölle, Mister B.: Fantastischer Thriller (German Edition)
so steiler Hang befand wie der, den ich hinabgestiegen war, aber von einem nicht weniger dichten Wald gekrönt.
Während unser Anführer noch über seinen Irrtum nachdachte, spürte ich, wie mich der Soldat hinter mir mehrere Male pikste, aber nicht, um mir Schmerzen zuzufügen, sondern damit ich ihm meine Aufmerksamkeit schenkte. Ich drehte mich um. Der Soldat hatte das Visier gerade hoch genug gehoben, dass ich einen Blick auf ihn werfen konnte. Dann ließ er das Schwert sinken, bis die Spitze fast den schlammigen Boden berührte, und nickte zu dem Hang hinüber.
Ich verstand die Botschaft. Zum dritten Mal an diesem Tag rannte ich und gönnte mir nur einen Moment, in dem ich meinen Peiniger mit der Hellebarde so fest in den Hintern trat, dass er das Gleichgewicht verlor und Gesicht voraus in den Matsch fiel.
Dann lief ich hastig über die letzten Meter des Feldes und den Hang hinauf zu den Bäumen.
Die Menge hinter mir brach in enttäuschte Rufe aus, doch lauter tönte die Stimme meines Retters, der dem Pöbel befahl, ja nicht näher zu kommen.
»Dies ist Sache des Erzbischofs«, herrschte er sie an. »Nicht eure. Haltet euch ja zurück, alle miteinander!«
Als ich nur noch wenige Schritte von der Kuppe entfernt war, blickte ich mich um und stellte fest, dass die meisten Leute des Mobs seinen Anweisungen Folge leisteten, aber nicht alle. Einige Männer und Frauen folgten mir den Hang hinauf, allerdings ein gutes Stück hinter den beiden Soldaten.
Ich erreichte die Bäume, ohne dass mich jemand eingeholt hätte, und stürzte mich in die Deckung eines Dickichts. Aufgeschreckte Vögel stießen Warnrufe aus, als sie von den Ästen über meinem Kopf emporflatterten und Schutz in den Tiefen des Waldes suchten, während sich im Unterholz Nagetiere und Schlangen auf die Suche nach Schlupflöchern machten. Sogar Wildschweine flohen mit erschrockenem Quieken.
Jetzt herrschte nur noch das Geräusch meines keuchenden gequälten Atems vor und das Krachen der Büsche, die ich aus dem Erdboden riss, wenn sie mir den Weg versperrten.
Aber ich war seit der vergangenen Nacht viel zu viel gelaufen und hatte in der ganzen Zeit nichts gegessen und bestenfalls eine Tasse Regenwasser getrunken. Jetzt wurde mir schwindelig; ich war einer Ohnmacht erschreckend nahe. Flucht war keine Option mehr. Es wurde Zeit, dass ich stehen blieb und mich meinen Verfolgern stellte.
Das tat ich auf einer kleinen Lichtung zwischen den Bäumen im Licht des aufklarenden Himmels. Ich lief einige letzte Schritte über Blumen und Gras und lehnte mich an den Stamm eines Baumes, der so alt schien, dass er mit Sicherheit an dem Tag gesprossen war, als die Sintflut zurückging. Dort wartete ich. Ich war fest entschlossen, mich würdevoll dem Schicksal zu stellen, das die Soldaten und die aufgebrachte Meute für mich vorgesehen hatten.
Der erste Verfolger, der auf der anderen Seite der Lichtung erschien, war ein Soldat, dessen Rüstung so schmutzig war, dass es aussah, als wäre er in Schlamm gekleidet. Er nahm den Helm ab, damit er mich besser sehen konnte, und zeigte mir dabei das schlammige, verschwitzte, wütende Gesicht. Das Haar trug er so kurz geschnitten, dass es allenfalls einem Schatten ähnelte; nur den langen Bart ließ er ungehindert sprießen.
»Du trägst entscheidend zu meiner Bildung bei, Dämon«, sagte er. »Ich wusste nichts von deinem Volk.«
»Der Dämonation.«
»Was?«
»Mein Volk. Wir sind die Dämonation.«
»Hört sich mehr nach einer Krankheit als nach einem Volk an.« Er schürzte geringschätzig die Lippen. »Zum Glück kenne ich das Heilmittel.« Er hielt die Hellebarde in meine Richtung, warf den Helm zu Boden und zückte sein Schwert. »Sogar zwei Heilmittel«, sagte er und kam auf mich zu. »Womit soll ich dich zuerst durchbohren?«
Ich blickte von den Wurzeln des Baumes auf und fragte mich müßig, wie tief in die Erde sie reichten; wie nahe sie der Hölle kamen. Der Soldat hatte die Lichtung zur Hälfte überquert.
»Womit, Dämon?«
Mein umwölkter Blick wanderte von einer Waffe zur anderen.
»Dein Schwert ...«
»Na gut. Wenn du es so willst.«
»Nein, dein Schwert ... es sieht billig aus. Dein Freund besitzt ein viel edleres Schwert. Die Klinge ist fast doppelt so lang wie deine, und so schwer, so breit, dass er dich damit vermutlich mitsamt der Rüstung von hinten durchbohren könnte. Allein das Stück, das aus deinem Bauch ragen würde, wäre immer noch länger als deine lächerliche Waffe
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