Fahr zur Hölle Mister B.
der Welt bringt?«
»Siehst du?«, stöhnte der Metzger zu meinen Füßen.
»Psst«, erwiderte ich. Offenbar nahm er es sehr wörtlich und starb. Darüber war ich froh. Ich bin nicht gern in der Nähe von Geschöpfen, die leiden. Jetzt war es vorbei. Ich musste keinen Gedanken mehr an ihn verschwenden.
»Wer ist dein neuer Freund?«, fragte Quitoon beiläufig.
»Er ist nur ein Pastetenverkäufer. Du musst ihm nicht wehtun.«
»Es ist das Ende der Welt, wie wir sie kennen, Mister B. Was spielt es da für eine Rolle, ob ein Pastetenverkäufer stirbt?«
»Gar keine. So wenig, wie es eine Rolle spielt, ob er lebt.«
Quitoon ließ sein böses, strahlendes Lächeln sehen. »Da hast du recht.« Er zuckte die Achseln. »Es ist unerheblich.« Er wandte seinen heimtückischen Blick von dem Pastetenmann ab und mir zu.
»Wieso bist du mir gefolgt?«, wollte er wissen. »Ich dachte, nach dem Abschied auf der Straße wäre unsere gemeinsame Zeit zu Ende.«
»Ich auch.«
»Was ist also passiert?«
»Ich habe mich geirrt.«
»Womit?«
»Dass ich ohne dich sein wollte. Es … es schien mir keinen Sinn mehr zu ergeben.«
»Ich bin gerührt.«
»Du hörst dich nicht so an.«
»Jetzt enttäusche ich dich. Armer Jakabok. Hast du dir eine Sternstunde der Versöhnung erhofft? Hast du vielleicht gedacht, wir fallen einander weinend in die Arme? Und dass ich dir die ganzen Zärtlichkeiten sage, die ich dir in deinen Träumen zuflüstere?«
»Was weißt du von meinen Träumen?«
»Oh, viel mehr, als du dir vorstellen kannst.«
Er ist in meinen Träumen gewesen, dachte ich. Er hat im Buch meines Schlafes gelesen. Vielleicht selbst etwas hineingeschrieben, sofern es ihn erheiterte. Vielleicht lag es an Quitoon selbst, dass ich von dieser seltsamen Hochzeit geträumt hatte. Vielleicht traten da nicht meine unnatürlichen Begierden zutage, sondern seine.
Dieses Wissen spendete mir einen seltsamen Trost. Wenn die Idylle unserer Hochzeit Quitoons Idee gewesen war, dann schien ich vielleicht sicherer vor ihm zu sein, als ich dachte. Nur ein in Liebe zu einem anderen entflammter Geist vermochte sich eine Freude auszudenken, wie ich sie geträumt hatte: die Bäume, die in voller Blüte den Weg zum Traualtar säumten, die Brise, die ihre duftenden Zweige schüttelte, sodass Blütenblätter wie Schmetterlinge durch die Luft segelten und zur Erde hinabschwebten.
Na ja, ich würde Quitoon an diese Vision erinnern, wenn wir allein waren. Ich würde ihn brüllend und fluchend aus diesem Raum herauszerren, den er irgendwo verbarg, wo er seine Kostüme und Verkleidungen versteckte: der Raum, in dem er seine Macht über mich ausübte.
Zuerst musste ich jedoch dafür sorgen, dass mein einstiger Freund mich nicht hier auf der Stelle einäscherte. Unwillkürlich fiel mir ein, wie er mich angesehen hatte, als ich dort im Straßengraben im Dreck lag. Damals umspielte kein Lächeln seine Lippen. Und nur vier lieblose Worte kamen darüber:
Wurm, hatte er gesagt. Du sollst brennen. Dachte er das jetzt auch? Schürte er gerade ein mörderisches Feuer im Brennofen seines Magens, das er mir entgegenschleudern wollte, wenn ihm der Augenblick geeignet schien?
»Du siehst nervös aus, Mister B.«
»Nicht nervös, nur überrascht.«
»Worüber?«
»Du. Hier. Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns so schnell wiedersehen.«
»Dann frage ich dich nochmals, warum bist du mir gefolgt?«
»Bin ich nicht.«
»Du bist ein Lügner. Ein schlechter Lügner. Ein grottenschlechter Lügner sogar.« Er schüttelte den Kopf. »Ich verzweifle wirklich und wahrhaftig an dir. Hast du im Lauf der Jahre gar nichts gelernt? Wenn du nicht anständig lügen kannst, dann sag die Wahrheit.« Er sah den Pastetenmann an. »Oder versuchst du, wegen diesem Schwachkopf ein Quäntchen Würde zu bewahren?«
»Er ist kein Schwachkopf. Er macht Pasteten.«
»Ach ja?« Das schien Quitoon aufrichtig zu erheitern. »Wenn er Pasteten macht, ist es ja kein Wunder, dass du ihm deine Geheimnisse nicht preisgeben willst.«
»Es sind gute Pasteten.«
»Offenbar. Da er alle verkauft hat. Er wird neue backen müssen.«
An diesem Punkt ergriff der Pastetenmann das Wort, was unglücklicherweise Quitoons Aufmerksamkeit auf ihn lenkte.
»Ich mache welche für dich«, bot er Quitoon an. »Es können Fleischpasteten sein, aber berühmt bin ich an sich für meine Kuchen. Honig und Aprikosen, die mögen meine Kunden am liebsten.«
»Aber wie bäckst du sie?«, fragte Quitoon. Ich hatte
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