Fahr zur Hölle
Namen vergessen – «
»Williams.«
»Ja. Williams. Sie haben gesagt, geben Sie ihm, was er braucht. Und das habe ich getan.«
»Soll heißen?«
»Am Samstag hat er Ihre Toxikologieproben mitgenommen. Am Sonntag hat er angerufen und gesagt, ein Transporter sei unterwegs und ich solle den Unbekannten für den Transport vorbereiten. Die Röntgenaufnahmen haben sie auch mitgenommen.«
»Die Leiche verließ gestern die Leichenhalle.«
»Die Papiere sind alle da, Doc.«
»Danke, Joe.«
Larabee legte den Hörer auf.
Gemeinsam liefen wir zu Mrs Flowers’ Empfangstheke.
»Hat Joe gestern hier ein Transportformular abgegeben?«
Mrs Flowers blätterte in ihrem Eingangskorb, zog ein Blatt heraus und gab es Larabee.
»Was zum Teufel ist SD Conveyance?« Larabee redete beim Lesen.
»Nie davon gehört«, sagte ich. »Wahrscheinlich eine Transportfirma.«
»Special Agent Williams hat für die Leiche unterschrieben.«
»Kein Bestattungsinstitut?«
»Nein.« Larabee hielt mir das Formular hin.
Mrs Flowers hinter uns war sehr still geworden. Ich wusste, dass sie zuhörte.
»Das ist unerhört. Der Medical Examiner muss unabhängig arbeiten können. Es geht nicht an, dass Regierungsbeamte in mein Institut marschieren und Überreste konfiszieren.«
Eine plötzliche Synapse.
»Sie haben gesagt, die Regierung interessiert sich für Rizin als potenzielle Biowaffe.«
»Und?«
»Ted Raines arbeitet für das CDC.«
»Der Kerl, der letzte Woche verschwand?«
Ich nickte.
Als Larabee verstand, worauf ich hinauswollte, fing er an, hektisch auf und ab zu gehen.
Mrs Flowers sah ihm zu, ihre Augen schnellten hin und her wie die eines Zuschauers bei einem Tennisspiel.
»Verdammt.« Larabees Gesicht war tiefrot geworden.
»Kriegen Sie bloß keinen Herzinfarkt«, sagte ich.
»Wie soll ich eine Leiche ohne die Leiche identifizieren? Oder die Röntgenaufnahmen?«
»Vielleicht will das FBI nicht, dass die Leiche identifiziert wird.«
Wir grübelten beide, als meine Gehirnzellen noch ein Angebot machten.
»Ich habe Knochenproben von dem Unbekannten entnommen für den Fall, dass wir eine DNS-Untersuchung machen wollen.«
Larabee und ich rannten in den Stinker.
Ich schaute auf der Arbeitsfläche nach. In den Schränken. In dem kleinen Kühlschrank, in dem wir Proben aufbewahrten.
Im großen Autopsiesaal.
In meinem Büro.
Auf den Regalen im Kühlraum.
Im Mikroskopielabor.
Die Knochenproben waren verschwunden.
11
Ich war eben in mein Büro zurückgekehrt, als das Telefon klingelte.
»Ich habe ihn gebeten zu warten, aber er wollte nicht hören.« Mrs Flowers klang pikiert. »Das tut er nie.«
Schwere Schritte kündigten den Grund ihrer Verärgerung an.
»Ist schon gut«, sagte ich.
Ich legte den Hörer auf, als Slidell in meiner Tür auftauchte. Heute bestand sein Sakko aus hellbraunem Polyester. Die Krawatte war schwarz, das Hemd orange.
Ohne Einladung kam Slidell herein und setzte sich.
»Bitte kommen Sie doch rein.«
»Was haben Sie denn?« Zwei abgeschabte Treter schossen in meine Richtung. Die karottenfarbenen Socken passten zum karottenfarbenen Hemd. Hübsch.
»Mrs Flowers zieht es vor, Besucher anzukündigen.«
»Sie wird’s überleben.«
»Sie betrachtet es als Teil ihrer Arbeit.«
»Hab noch anderes zu tun.«
Zuerst die verschwundene Leiche.
Jetzt Slidell.
Ich atmete zur Beruhigung einmal tief durch.
»Williams und Randall haben den Unbekannten beschlagnahmt.«
Slidell zog die Füße an und beugte sich vor. »Sie verscheißern mich.«
»Das tue ich nicht.«
»Wo haben sie ihn hingebracht?«
»Das ist noch nicht klar. Larabee telefoniert eben mit dem FBI.«
»Irgendeine Ahnung, wieso?«
Ich erzählte Slidell von dem Rizin.
»Die denken an Terrorismus?«
Ich hob beide Hände. Wer weiß.
»Was ist mit Ihnen?«
Ich überlegte. Sollte ich ihm sagen, was ich vermutete? Warum eigentlich nicht?
»Ted Raines ist doch beim CDC beschäftigt«, sagte ich. »Raines kam wegen der Rennwoche nach Charlotte und verschwand. Kurz darauf tauchte eine Leiche auf einer Deponie neben der Rennstrecke auf. Diese Leiche ist mit Gift kontaminiert.«
Slidell kniff nachdenklich die Augen zusammen. Dann sagte er:
»Wie wär’s damit? Cale Lovette hing mit rechten Spinnern rum. Lovette verschwand achtundneunzig, in dem Jahr, als Frauenkliniken plötzlich Briefe mit Anthrax-Drohungen in ihrer Post hatten. Im selben Jahr wurde auch Barnett Slepian ermordet.«
»Der Abtreibungsarzt.«
»Ja.«
Nicht schlecht,
Weitere Kostenlose Bücher