Fahr zur Hölle
das alles jetzt?«
»Um Sie auf dem Laufenden zu halten.«
»Sie wollen nichts als Gegenleistung?«
»Nur die normale professionelle Rücksichtnahme.«
»Aha.« Wir legten beide auf.
Na klar, dachte ich. Wer ist hier der Fuchs?
Nachdem ich die Reste meines Diet Coke geleert hatte, holte ich mir MCME 239-11 aus der Kühlung.
Der Schädel aus dem Bachbett an der I-485 war mit Moos überzogen, das gesamte Gesicht und ein Großteil der Schädelbasis fehlten. Kupferfarbige Verfärbungen, Reste von Adipociere, Gewebe, das durch die Hydrolyse von Fetten bröckelig und wächsern geworden war, und das Vorhandensein einer verschrumpelten Masse verhärteten Gehirns sagten mir, dass ich wahrscheinlich eine alte Sargbestattung vor mir hatte. Ohne weitere kontextuelle Informationen konnte ich kaum mehr sagen.
Ich schrieb eben eine Anfrage an Hawkins nach Informationen über Friedhöfe in der Umgebung des Bachbetts, als mein iPhone klingelte.
Katy.
Ich schaltete ein.
»Hey, Baby. Was gibt’s?«
»Ich mache Überstunden.« Ihr Ton sagte mir, dass sie Dampf ablassen musste. »Wie üblich.«
»Ich ebenfalls. Irgendwas Interessantes?«
»Irre. Kann kaum still sitzen.«
»Oh?« Ich ignorierte den triefenden Sarkasmus.
»So ein Typ kämpft um den Titel des dreistesten Steuerbetrügers des Jahres. Ich muss mich durch Schachtel um Schachtel seiner Papiere arbeiten.«
»Kannst du dir was abgucken?«
»Bei meinem Gehalt? Was würde Steuerhinterziehung da bringen?«
»Wirst du heute Abend fertig?«
»Ich bin erst fertig, wenn ich reif für die Krankenkasse bin – eins der wenige Systeme, das dieser Mistkerl nicht betrogen hat. Hier haben wir ein gutes Beispiel. Er kaufte sich ein Flugticket erster Klasse, gab es gegen volle Kostenerstattung zurück und fuhr mit dem Bus. Dann reichte er die Quittung für das Erste-Klasse-Ticket bei der Steuer ein.«
»Nicht gerade die originellste Idee.«
»Okay. Wie wär’s damit? Er richtete eine Art von steuerbefreiten Sparkonten für die Ausbildung seiner Kinder ein. Aber bevor sie auf dem College waren, hob er das gesamte Geld ab. Dem Finanzamt teilte er das allerdings nicht mit.«
»Sind die Finanzbehörden denn nicht in der Lage, so etwas aufzudecken?«
»Wahrscheinlich übersehe ich etwas. Ist kompliziert. Und nur eine von vielen Nummern, mit denen der Typ jahrelang durchkam.«
Ich hörte sie einatmen. Ich nahm an, dass Katy noch mehr zu sagen hatte, und wartete.
»Ähm. Hast du in letzter Zeit mit Ryan gesprochen?«
»Er ist ziemlich angehängt wegen Lily.«
»Wie geht’s ihr?«
»Na ja.«
»Was ist mit Charlie Hunt?«
»Er ist damit beschäftigt, das brillanteste Schlussplädoyer der Geschichte zu verfassen.«
Sie zögerte einen Augenblick. Dann platzte es förmlich aus ihr heraus: »Ich glaube, er trifft sich mit dieser anderen Anwältin im Büro. Sie machen viele Überstunden. Zusammen. Und sie sind eben gegangen. Zusammen. Plappernd und grinsend.«
Ich spürte ein kaltes Kribbeln in meiner Brust.
»Das ist okay. Charlie und ich sind uns zu nichts verpflichtet.«
»Hast du was von ihm gehört?«
»Nein.«
Ein Piepsen sagte mir, dass ein zweiter Anruf wartete.
»Muss jetzt aufhören, Süße.«
»Komm doch mal bei meinem Verschlag vorbei und miss meinen Puls.«
Ich kicherte noch, als ich auf den zweiten Anruf umschaltete.
Das Schluchzen erstickte mein Kichern.
»Tempe, ich hoffe, es ist okay, dass ich dich anrufe.« Mit zitternder Stimme. »Ich wusste nicht, an wen ich mich sonst wenden sollte.«
»Ich bin im Büro, Summer.«
»Tut mir sehr, sehr leid. Du hast ein so freundliches Wesen, und ich fürchte, ich missbrauche es.«
Mit deutlich unfreundlichen Gedanken im Kopf fing ich an, meine Sachen zusammenzusuchen.
»Die Hochzeit ist inzwischen eine komplette Katastrophe.«
Als ich meine Handtasche auf den Schreibtisch warf, rutschte meine Brieftasche heraus. Das Blatt mit Rinaldis Code ragte heraus wie ein Lesezeichen.
»Petes Ideen sind total nutzlos. Er hat grüne Servietten ausgesucht. Grün? Kannst du dir das vorstellen?«
»Hm.«
Verzweifelt nach einer Ablenkung suchend, zog ich das Blatt heraus und strich es mit der Handfläche glatt.
ME/SC 2X13T-529 OTP FU
Wi-Fr 6-8
»Eine meiner Brautjungfern ist schwanger und kann das Kleid nicht tragen. Das ist so typisch Mary Gray. Wie konnte sie mir das nur antun?«
Galimores Interpretation der zweiten Zeile klang sinnvoll. Rinaldi interessierte sich für die Diskrepanz in den Zeitangaben von Grady
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