Fahr zur Hölle
wegen der Tattoos.«
»Viele Kerle haben Tattoos.«
»Okay. Ich hab Lovette gekannt, oder seinen Ruf.«
»Wie das?«
»Er war ziemlich dicke mit einer Horde Miliz-Typen. Angeblich waren das richtig üble Jungs.«
Galimore überlegte kurz und fragte dann: »Kennen Sie Grady Winge?«
»Er ist ein Idiot.«
»Laut Winge verließen Gamble und Lovette die Rennstrecke gegen sechs an diesem Abend.«
»Wie gesagt, Winge ist ein Idiot.«
»Warum konnten Sie sich wegen der Uhrzeit so sicher sein?«
»Hab auf die Uhr geschaut.«
»Warum das?«
»Eine gewisse Dame wollte um neun zu mir kommen.«
»Ist sie aufgetaucht?«
»Nein. Hören Sie, ich hab das alles schon damals der Polizei erzählt. Hätte mich fast den Kopf gekostet.«
»Was soll das heißen?«
»Soll heißen, hätte mich fast den Kopf gekostet.«
Galimore durchbohrte Fries mit einem Blick.
»Gleich nachdem ich mit den Bullen geredet hatte, bekam ich einen Anruf. Ein Kerl sagte, wenn ich meine Geschichte nicht ändere, ist mein Leben im Arsch.«
»Wer war das?«
»Wenn ich das gewusst hätte, würde der Kerl jetzt ein Waldstück düngen.«
»Was haben Sie getan?«
»Ich habe gesagt, er soll mich am Arsch lecken. Ein paar Tage später liegt mein Hund tot auf meiner Schwelle.«
»Vielleicht ist er einfach nur gestorben.«
»Aber sicher doch. An einer Kugel im Schädel. Zwei Tage danach ist mein Haus abgebrannt.«
»Sie glauben also, der Anrufer hat seine Drohung wahrgemacht?« Ich war schockiert.
»Nein.« Fries wandte sich mir zu und verzog die dünnen, schrundigen Lippen zu einem verächtlichen U. »Das war al-Qaida, die mich für ihre Sache gewinnen wollte.«
»Wie haben Sie reagiert?«, fragte Galimore.
»Was hätten Sie denn getan? Ich hab meinen Job gekündigt und bin nach Westen gegangen. Vor ein paar Jahren hat mein Bruder mir diesen Trailer angeboten. Ich dachte mir, jetzt ist genug Zeit vergangen und ich kann wieder nach Hause.«
»Sie hatten Jahre Zeit, um darüber nachzudenken«, sagte Galimore. »Da ist Ihnen doch sicher der eine oder andere Verdacht gekommen.«
Fries antwortete sehr lange nicht. Als er es dann tat, waren seine struppigen, weißen Brauen tief über die Lider gezogen. »Ich sag nur eins. Auf der Straße hat’s geheißen, dass Lovette und seine Kumpels gefährlich sind.«
»Sie reden von der Patriot Posse?«
Fries nickte.
»Warum sollten die Sie bedrohen?«, fragte ich.
»Was?« Seine Brauen schossen in die Höhe. »Sehe ich aus wie ein Bulle? Woher zum Teufel soll ich das wissen?«
Ich stellte ihm dieselbe Frage, die ich schon den anderen gestellt hatte.
»Mr Fries, was glauben Sie, was mit Cindi Gamble und Cale Lovette passiert ist?«
»Ich glaube, dass Lovette und seine Arschlöcher von Kumpels entweder jemanden umgebracht oder was in die Luft gejagt haben. Danach sind er und sein Mädchen verduftet.«
»Wo zum Teufel waren Sie denn?« Die Blutbahn noch voller Adrenalin, schnallte ich mich an.
»Habe einen Pfad hinter dem Trailer kontrolliert. Ich wollte nicht, dass Fries uns aus dem Wald überrascht.«
»Gute Arbeit.«
Die nächsten paar Meilen konzentrierte ich mich nur auf die Straße. Und auf meine Nerven.
Galimore schien zu verstehen. Oder war mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt.
Wir waren auf der I-485, als ich mich ruhig genug für eine Unterhaltung fühlte. Fast schon euphorisch. Vor einem Flinten schwingenden Wahnsinnigen und seinen Bluthunden gerettet zu werden, macht so was mit einem, denke ich mir.
Trotzdem bemühte ich mich um Professionalität.
Wir diskutierten über die Bedeutung von Fries’ Geschichte. Galimore meinte, der alte Knacker übertreibe wahrscheinlich, was die Drohungen und die Belästigungen angehe. Ich glaubte das nicht. Sein Haus war entweder abgebrannt oder nicht. Das war leicht herauszufinden. Warum sollte er lügen?
Die unterschiedlichen Aussagen von ’98 verwirrten uns immer noch. Hatten Lovette und Gamble den Speedway um sechs verlassen, wie Winge ausgesagt hatte? Oder waren sie erst später gegangen, wie Fries behauptete? Hatte einer der beiden sich geirrt? Oder hatte einer absichtlich gelogen? Falls ja, wer? Aus welchem Grund? Ich hätte, was die Genauigkeit anging, eher auf Fries gewettet.
Wir diskutierten Theorien über das Schicksal von Gamble und Lovette. Im Augenblick waren es fünf.
Eins: Cale und Cindi waren freiwillig verschwunden, entweder um irgendwo anders zu einer Miliz zu gehen oder zu heiraten. Das war das Ergebnis der Sondereinheit.
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