Fahrstunde in den Tod (Emsland-Krimi) (German Edition)
dem Verhältnis wissen. Sie hat mich gebeten, diskret zu
ermitteln. Wenn er das von ihrem Verhältnis erfahren würde, wüsste sie nicht,
was er mit ihr machen würde. Er sei sehr eifersüchtig.« Petra steckte ihr Handy
ein.
»Hat
der Tomaten auf den Augen?«, ereiferte sich Winkler, »das gibt es doch nicht!
Die eigene Frau pflegt seit Jahren ein intimes Verhältnis, geht jeden zweiten
Sonntag fremd und der Gatte bemerkt davon nichts? Hallo?«
»Der
Ehemann ist Fernfahrer, seine Schicht fängt immer Sonntagabend an. Das passt.
Er setzt sich in seinen Laster und sie geht ihrem nach«, witzelte sie.
»Sie
scheidet als mögliche Täterin sowieso aus«, behauptete Winkler, »ich kann mir
nicht vorstellen, nachdem sie am Sonntag mit ihm in der Kiste lag, dass sie
ihren Geliebten am Montag abgestochen hat. Welches Motiv sollte sie haben?«
»Wer
weiß das?«, erwiderte Petra und legte ihren Kopf schief. »Wurden nicht schon
Täter überführt, die ohne Motiv getötet hatten? So aus reiner Lust?«
»Petra,
das gibt es nur im Fernsehen. Du kannst trotzdem ihr Alibi überprüfen und ihre
Aussage protokollieren. Und den Ehemann, darum werden wir vielleicht nicht
herumkommen, müssen wir auch befragen. Vielleicht wusste er von dem Verhältnis
seiner Frau? Sei bitte äußerst sensibel bei den weiteren Ermittlungen.«
»Wie
geht’s jetzt weiter, Herr Hauptkommissar?«, meldete sich de Boer etwas
schüchtern zu Wort.
»Dennis
reicht«, erwiderte er und gab ihm die Hand.
»Keno«,
entgegnete de Boer perplex und drückte kräftig zu.
Winkler
verzog schmerzhaft sein Gesicht und gleichzeitig schnell die Hand zurück. »Du
fährst mit mir, wir unterhalten uns mit dem Besitzer der Hütte und Bruder der
Witwe, nimm die Fotos vom Messer mit. Er hat in einer Stunde einen Termin mit
uns.« Winkler sah auf seine Uhr.
»Dann
werden Erik und ich uns Waldemar Stein vorknöpfen«, legte Petra fest, »die
Adresse seiner Arbeitsstelle habe ich von Olga. Sie hat mir gesagt, dass er
arbeiten gegangen sei und Geflügelschlächter wäre.«
»Dann
mal viel Vergnügen! Nehmt euch Ersatzklamotten und Deo mit. Nach dem Besuch
stinkt ihr bestimmt nach Hühnermist«, frotzelte Winkler und Petra verdrehte
wieder ihre Augen.
Kapitel 20
Ein schwarzer Mercedes der S-Klasse parkte vor einem
renovierungsbedürftigen Haus und passte nicht so recht ins Bild. Winkler
schätzte das Baujahr des Hauses auf 1960 und die Luxuskarosse erschien ihm
höchstens zwei Jahre alt zu sein. Früh am Vormittag erreichten sie nach einer
Fahrt durch die nähere Umgebung von Meppen die Ortschaft Wesuwe. Sie bogen auf
den Sachsenring ein und stoppten vor dem Haus von Werner Holtmann. Das Haus
gehörte zu einer kleineren Siedlung und lag westlich des Ortskernes in der Nähe
eines Waldes.
Keno
de Boer, mittlerweile schwer beeindruckt vom Emsland und den dort lebenden
Menschen – die sich übrigens stark von den
Ostfriesen unterscheiden – hatte drei
erlebnisreiche Tage praktischen Dienst bei der Kripo in Meppen erlebt. Heute
sollte er das erste Mal in eine Vernehmung eingebunden werden. Sein Chef
Winkler hatte ihm während der Fahrt gesagt: »Mach es alleine« und ihm dazu
geraten, so vorzugehen, wie er es auf der Akademie gelernt hatte.
»Stell
zuerst fest, was für ein Typ er ist. Ist es jemand, der sich gerne selbst
darstellt, lass ihn reden. Ist er der große Schweiger, hilf ihm auf die Sprünge
und mach ihm Feuer unter dem Arsch«, riet er ihm und klopfte auf seine
Schulter. »Du weißt ja, worum es geht. Wir wollen etwas über das Ehepaar
Schuster erfahren, ihre Ehe und so weiter. Wenn du nicht weiterkommst, schalte
ich mich ein.«
De
Boer, der nicht wusste, wie ihm geschah, und Winkler verließen den Wagen.
Überrascht darüber, dass sein Chef ihm so viel zutraute, ging er voraus, blieb
dann plötzlich fünf Meter vor der Haustür stehen. Winkler wäre ihm fast in die
Hacken gelaufen, weil er sich weggedreht und dem Mercedes einen Blick
zugeworfen hatte.
De
Boer entschuldigte sich, sah dann zuerst ebenfalls nach links in Richtung
Mercedes, anschließend drehte er langsam den Kopf nach rechts und blickte zu einem
Schuppen, dessen Tür offen stand. Er nickte mehrmals und drückte auf den
Klingelknopf.
Winkler
hielt einen Meter Abstand zu seinem Kollegen und grübelte darüber nach, was der
junge Kommissar dort gesehen hatte. Er selbst sah eine Menge Gerümpel in dem Schuppen,
nichts Außergewöhnliches, und zuckte mehrfach mit den Achseln. Dann
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