Fahrstunde in den Tod (Emsland-Krimi) (German Edition)
am Helter Damm in einem ruhig gelegenen Wohngebiet.
Nach zehn Minuten entspannter Fahrt, sie hatte sich in dieser Zeit noch
mehrmals mit ihrer Freundin über dies und das ausgetauscht, erreichte sie eine
große Ampelkreuzung und hatte vor, nach rechts in die Teglinger Straße
einzubiegen. Weil sie wegen der roten Ampel anhalten musste und beide Hände zum
Bedienen des Autos benötigte, legte sie das Handy auf den Beifahrersitz zurück.
Sie blickte über die Kreuzung und stutzte plötzlich.
»Steht
da nicht mein Fahrschulwagen?«, dachte sie laut und zog überrascht die
Augenbrauen zusammen. Sie schaltete das Fernlicht ein und sah einen weißen
VW-Golf dichtgedrängt links an der Leitplanke stehen. Fahrschulschild auf dem
Dach. Kein Zweifel: Es war der Fahrschulwagen der Fahrschule Schuster, mit dem
sie das Autofahren erlernt hatte. Na gut, das Überholen musste sie noch üben.
Melanie schaltete den Blinker wieder aus und fuhr bei Grün über die Kreuzung,
stoppte nach zehn Metern und stellte ihren VW-Polo am rechten Fahrbahnrand ab.
Vorschriftsgemäß
schaltete sie das Warnblinklicht ein, stieg dann aus und ging nach hinten zum
Kofferraum. Sie zog sich die Warnweste über, nahm das Warndreieck heraus und
stellte es vor der Kreuzung auf. Nachdem der polnische Lkw – der Fahrer hupte kurz – die Kreuzung passiert hatte, überquerte Melanie die Straße und näherte sich dem
weißen Golf von der Beifahrerseite her.
Sie
wunderte sich darüber, dass der Motor nicht lief und dass die Unfallstelle
nicht abgesichert war. Hier stimmte etwas nicht! Sie beugte sich hinunter und
blickte durch die Scheibe. Das Regenwasser rann durch ihr Gesicht, mittlerweile
war sie pitschnass. Hinter dem Lenkrad saß ihr Fahrlehrer, sie erkannte ihn
sofort. Seinen Fahrlehrer vergisst man nicht, nie, sein ganzes Leben nicht. Sie
klopfte mehrmals an die Scheibe, dann öffnete sie die Tür.
»Gerd?
Was ist passiert? Kann ich helfen?«, rief sie ins Wageninnere und erstarrte,
als sie die großen Blutflecken auf seinem Hemd bemerkte. Sie fasste zu ihm
herüber, drehte seinen Kopf in ihre Richtung und erschrak. Gerd Schuster war
tot, mausetot, das erkannte sie sofort, obwohl sie erst ein halbes Jahr im
Krankenhaus gearbeitet hatte.
Sie
schaltete am Fahrschulwagen das Warnblinklicht an, lief zurück zu ihrem Auto
und verständigte die Polizei.
Kapitel 2
Keine fünf Minuten später – der Regen hatte nachgelassen, nun
nieselte es leicht – bemerkte sie das zuckende
Blaulicht eines Polizeiwagens, der auf der anderen Straßenseite in rasantem
Tempo und mit lautem Sirenengeheule auf die Kreuzung zu raste. Plötzlich
wendete der Wagen abrupt und blieb quer zur Fahrtrichtung auf der Kreuzung
stehen. Der Fahrer des Streifenwagens, ein junger Polizeimeister und vermutlich
nebenbei Rallyefahrer, hatte damit den linken Fahrstreifen abgesperrt. Der
spärliche Verkehr – so kurz vor Mitternacht
spielte sich auf der B 70 nicht mehr viel ab – konnte auf dem rechten Fahrstreifen abfließen.
Der
Fahrer eines BMW, der mit weit aufgerissenen Augen und geöffnetem Mund das
Fahrmanöver des Polizisten verfolgt und seine Fahrkünste bestaunt hatte, fühlte
sich in einen amerikanischen Krimi versetzt. Kopfschüttelnd fuhr er langsam
weiter und hob den Daumen hoch, als er den Polizeiwagen passierte.
Die
in blaue Uniformen gekleideten Polizisten nickten dem Mann beim Verlassen ihres
Streifenwagens freundlich zu und schauten sich auf der Kreuzung um. Der
Jüngere, der wegen seiner Fahrkünste bestimmt schon einmal die Rallye Monte
Carlo gewonnen haben musste, ging direkt zum Fahrschulwagen.
Der
Ältere überquerte die Straße und sprach Melanie an. »Haben Sie uns gerufen?«,
fragte er.
»Ja«,
schluchzte sie, »mein Fahrlehrer sitzt dort im Auto, ich glaube, der lebt nicht
mehr. Außerdem ist alles voll Blut«, erzählte sie ergriffen und zeigte zum
weißen Golf, durch dessen offene Beifahrertür der Rallyefahrer sich ins
Wageninnere gebeugt hatte.
»Weshalb
wollen Sie das so genau wissen? Ich meine, dass er tot ist?«, fragte der
grauhaarige Ältere und blickte mit ihr in die gleiche Richtung.
Sein
Kollege hatte bei der leblosen Person am Hals den Pulsschlag gesucht und den
Beifahrersitz wieder verlassen. Er erwiderte den Blick, schüttelte energisch
mit dem Kopf.
Der
Ältere verstand und nickte zurück. »Sieht ganz so aus, als ob Sie recht haben.
Kennen Sie den Mann in dem Wagen näher?«, fragte er und wandte sich wieder der
Frau
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