Faktor, Jan
nur etwas Lächerlichkeit.
- Du wirst
schon recht haben, sagte der Politologe H. Ich habe einmal versucht, mir
Schwejk konkret in der Gegenwart vorzustellen - er wäre ein unerträglicher
Mensch, denke ich. Außerdem hätten seine Vorgesetzten die nur vorgetäuschte
Dummheit - vermutlich vorgetäuschte oder wie auch immer - instinktiv als eine
bewußte Provokation eingestuft und gnadenlos bestraft.
- Genau!
So dumm, wie er sich im Sozialismus angestellt hätte, so dumm darf man heute
auf keinen Fall sein! donnerte Kläda. Jeder, der mit heiler Haut davonkommen
möchte, muß sich durchschlängeln. Und ein geschickter Mensch provoziert
niemals. Wenn jemand die Obrigkeit reizt, dann sind wir es, dann sind das die
jungen Aussteiger - oder die Plastischen Rocker unseres blind rollenden
Planeten. Und alle, die die Macht reizen, tun das nicht durch Schwejkeln,
sondern durch Geradlinigkeit.
- Darf ich
zusammenfassen? fragte der Philosoph K. Man kann - wenn ich das richtig sehe -
von Glück sprechen, daß es keine realen Schwejks geben kann. Wenn die Leute
diesen Naivling jahrelang konsequent gespielt hätten, wären sie in dieser Rolle
irgendwann zu Kretins mutiert.
- Jemand
sollte das Gespräch protokollieren, sagte Kläda leise. Wer macht das? Etwas
gebückt flüsterte er noch leiser:
- Ich habe
junge Leute, die es für das Jahrbuch noch abtippen könnten. Die haben eine
superstarke alte Maschine - die schafft bis zu dreizehn Kopien! Die letzten
sind sogar lesbar.
- Ich
hätte jetzt etwas Zeit, sagte H., obwohl Eins-zu-eins-Abschriften deine Stärke
sind.
- Wir
haben den Zusammenhang mit der sprachlichenWitzebene noch nicht drin, nutzte
der Philosoph K. die entstandene Zäsur. Das war vorhin mein Ansatz - ganz am
Anfang, falls das noch jemand außer Kläda weiß.
- Immer
dieses Herumblödeln - darüber wollte ich sowieso noch sprechen, sagte der
Chefredakteur J. und verlagerte den Eimer auf die andere Seite seines Rückens.
- Ich bin
hier der Philosophieprofessor, oder? Und hier ist meine Universität, laß mich
bitte wenigstens auf dem Bürgersteig vor meiner alten Arbeitsstelle ausreden!
Es ist doch beeindruckend, wie lustig es hier im Lande immerhin noch zugeht. Es
wird sogar - haben wir schon besprochen - hochgradig exzessiv gewitzelt. Die
Leute versuchen, jedes brisante Thema in eine harmlose Geschichte zu verpacken,
und fangen alles mögliche spielerisch ab. Das ist an sich doch legitim - wie
auch jede Verdrängung legitim ist. Die asiatischen Kampftheoretiker würden
sicher meinen, die Tschechen würden auf diese Weise die Energie der Gegner für
sich nutzen - um bei den Schlägen unverletzt zu bleiben.
Wieso
unverletzt? Eine Frage wäre sowieso noch zu klären, sagte der
durchsetzungsschwächelnde Politologe H. Ob und in welchem Maße dieses Witzeln
die reale Verfassung der Leute widerspiegelt - oder anders: wie adäquat das
ideologische Bombardement von ihnen überhaupt verarbeitet worden ist. Leider
passen sich die Leute den Lügen viel zu bedenkenlos an.
- Nebenbei
bemerkt, sagte triumphierend der Philosoph K.: Genau das, also den Grad der
Bewußtheit, habe ich davor auch schon ins Gespräch gebracht.
- Ohne
Protokoll bleibt von dem ganzen Hin und Her nur Chaos übrig! rief Klaudius
unglücklich. Zum Stichpunkt Dummheit haben wir auch noch nicht alles drin. Als
wir die satirischen Konstruktionen verallgemeinert haben, haben wir das
Besondere von Hasek leichtsinnig übergangen: Das aus theoretischer Sicht
Einmalige und Extreme ist bei ihm gerade die durchvariierte Dominanz der
Dummheit. So gewagt hat mit dem Schwachsinn aller Graden noch niemand gespielt
wie Hasek. Und hier wurzeln auch die Aporien der vielen Analysen.
- Ich
möchte auch noch eine Sache loswerden - obwohl man ähnliche Weisheiten
eigentlich gar nicht aussprechen dürfte, warf der jüngere Schriftsteller P. H.
ein.
- Sag mal,
du warst die ganze Zeit sowieso viel zu still. Wir sind neugierig.
- Nein ...
doch lieber nicht.
- Was ist
los?
- Es ist
nicht wegen der Begleitung, ich möchte das in mir noch eine Weile sortieren.
- Jetzt
sind wir aber neugierig. P. H. sagte daraufhin leise:
-
Eigentlich sollte man so eine Sau-Meinung lieber für sich behalten, irgendwann
hat man die Korrektheit aber satt. Wenn ich mal sage, das Volk wäre dumm, regen
sich immer alle auf. Ich sage es jetzt aber doch: DAS VOLK IST DUMM - und es
ist es wirklich.
- Nein,
niemand ist dumm! Vorsicht! Das gefällt mir gar nicht, rief Kläda.
- Ich war
zum
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