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Faktor, Jan

Faktor, Jan

Titel: Faktor, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgs Sorggen um die Vergangenheit
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viehischem
Miteinander etwas gefiel, dann war es höchstens das Abgefahrene und Abnorme des
Ganzen. Für gelebtes Chaos konnte ich mich immer nur dann begeistern, wenn es
nicht mich, sondern andere belastete. Dana mochte die Verursacher und
Protagonisten ihres zoo-artigen Durcheinanders trotz aller Exzesse über alles -
war einfach eine Altruistin der Sondergüte. Daß sie es als Frau an meiner Seite
war, ließ ich mir außerhalb der Stadt gern gefallen. Ich sah Dana bei den
Fütterungs- und anderen Ritualen gern zu, mich beeindruckten dabei auch ihre
Leichtigkeit und Geduld. Wenn ich allerdings länger zusehen mußte, wie sie mit
ihren Schützlingen sprach und sich dabei zum bestimmerischen Leittier
verwandelte, fühlte ich mich bald wie ein viel zu vernünftiger Ziegenbock oder
ein depotenzierter Hund.
    Das Dumme
war, daß Dana in ihrer vor allem auf Tiere ausgerichteten Hingabe keine Grenzen
kannte. Wenn sie sich von der Bildhauerei erholen wollte, machte sie
großeSpaziergänge in ihrer Hügellandschaft und sammelte alle verletzten
Geschöpfe, die sich anfassen und fangen ließen. Diese mußten anschließend nicht
nur ärztlich behandelt und aufgepäppelt, sondern oft dauerhaft versorgt werden.
Ihr Bauernhof füllte sich im Laufe der Jahre mit Leben. Und da Dana im Winter
ihre Ställe nicht beheizen konnte, kamen dann viele der Tiere ins Haus. Der
stinkende Dachs - »Eiterbeule« genannt - konnte zum Glück draußen bleiben, das
an beiden Vorderläufen teilamputierte und immer noch sehr scheue Reh auch.
Alfons und der andere fußlahme Storch, außerdem noch der altersschwache
Fischreiher mußten im Winter aber einziehen, vergnügten sich allerdings
vorwiegend in der kühleren, im Winter nicht genutzten Haushälfte. Dafür hausten
alle ihre prominenten Papageien das ganze Jahr in der Bauernstube, Eichhörnchen
lebten in der Küche in großen Käfigen und wollten - um ihre Nußvorräte nicht im
Stich zu lassen - im Winter gar nicht ins Freie, Schildkröten gehörten seit
Jahren sowieso zu Danas Haushalt. Die Aufzählung ist hier aber lange noch nicht
zu Ende.
    Zum Glück
hatte Dana einen netten Nachbarn, der die Pflege ihrer Hausbelegschaft
übernahm, wenn sie in die Stadt fahren wollte. Wenn Dana ihr Dorf verließ, fuhr
sie meistens zu uns nach Prag. Beim Verlassen ihres Zoos kam ihr manchmal - ihr
eben auch, gab sie zu - ihr unmärchenhaftes Tierhäuschen, das voller Geschöpfe
ohne Vernunft war, plötzlich pervers vor. Wenn wir uns im Winter - manchmal
gemeinsam - dem Haus näherten, konnten wir nie wissen, was uns erwartete, was
Danas liebe Tierkinder in ihrer Freizeit angestellt hatten. Das Haus steckte
eben voller Leben, das heißt auch Zerstörung. Immer wieder wurde dort
gestorben. Dana zerteilte im Winter den hellen Windfang und länglich auch die
Hälfte des Flurs mit Netzen und Decken und ließ dort das zweiflüglige
Bussardpaar hausen. Jeder dieser Bussarde hatte nur einen intaktenFlügel, auf
der anderen Körperseite nur einen Stumpf. Die Sommervoliere war für sie wegen
ihrer Fluglahmarschigkeit angeblich zu zugig. Wenn man das Haus betreten
wollte, mußte man sich an den Netzen und Decken der Bussarde erst mühsam
vorarbeiten und die beiden ängstlichen Bewacher stören. Zum Glück wurde schon
im Herbst auch ein tiefer liegendes Fenster auf der Seite des Hauses zum
Ersatz-Eingang umfunktioniert.
    Ausgerechnet
im Schlafzimmer tobte das zukünftige Bussardfutter - in großen Kisten, für die
sich dort genug Platz fand, wurden im Winter Mäuse gezüchtet. Der Raum war kühl
und konnte gefahrlos gelüftet werden. Die Mäuse vermehrten sich prächtig und
beschäftigten sich relativ laut. Viel leiser, aber um so geruchsintensiver
waren die Fische im Bottich, die für den Reiher geliefert wurden und im Winter
in der Küche planschen durften. Danas drei etwas unterversorgte und relativ
autonome Katzen hatten aus Sicherheitsgründen keinen Zutritt ins Haus, krochen
zum Ausruhen und Schlafen an der Außenwand des Hauses hoch und hatten ihre
Quartiere in der Nähe der Schornsteine auf dem Dachboden. Rumps, rumps, bremsss
- hörte man, wenn sie dort losrasten und abrupt zum Stehen kamen, um punktgenau
eine in Freiheit lebende Maus zu fangen. Wie sie der Maus danach mit ihren
Backenzähnen und einem einzigen Biß den Schädel knackten, um den Körper im
Stück - samt Haut - verschlingen zu können, hörte man nicht mehr. Unten im Haus
waren für die Mäusejagd die Störche zuständig.
    Unglücklicherweise
wußte

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