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Faktotum

Faktotum

Titel: Faktotum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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sie, wenn ich zur Tür hereinkam. Sie war immer in voller Montur: hochhackige Schuhe, Nylons, sie hatte die Beine übereinandergeschlagen und wippte mit dem einen Fuß. »Der Große Pferdewetter. Weißt du, als ich dich kennenlernte, da gefiel mir noch die Art, wie du durchs Zimmer gegangen bist. Du bist nicht einfach durchs Zimmer gegangen, du hattest einen Gang drauf, als würdest du glatt durch ne Mauer durchgehen, als gehörte dir die ganze Welt, als wär dir alles egal. Jetzt hast du ein paar Piepen in der Tasche und bist völlig verändert. Du führst dich auf, als wärst du ein Student der Zahnmedizin oder ein Klempner.«
    »Komm mir nicht mit irgendwelchem Scheiß von wegen
    Klempnern, Jan.«
»Du hast mich schon zwei Wochen nicht mehr geliebt.« »Die Liebe hat viele Gesichter. Meine war schon immer eher
    subtil.«
»Du hast mich schon zwei Wochen nicht mehr gefickt.« »Geduld. In sechs Monaten machen wir Ferien in Rom, in
    Paris.«
»Sieh dich bloß an! Du kippst diesen guten Whisky in dich
    rein, und mich läßt du hier hocken und diesen billigen gepanschten Wein trinken.«
    Ich räkelte mich in einem Sessel und schwenkte die Eiswürfel in meinem Whiskyglas herum. Ich trug ein teures knallgelbes Hemd und hatte ein Paar neue Hosen an, grün, mit weißen Nadelstreifen.
    »Der Große Absahner, wie er leibt und lebt!«
»Ich geb dir Seele. Ich geb dir Weisheit und Licht und Musik und ein bißchen was zum Lachen. Außerdem bin ich der größte Pferdewetter aller Zeiten.«
    »Pferdeapfel!«

    »Nee, Pferdewetter.« Ich trank meinen Whisky aus, stand auf und goß mir noch einen ein.

48
    Unsere Streitereien blieben sich immer gleich. Ich wußte es inzwischen nur allzu gut – große Liebhaber waren immer Männer, die viel Freizeit hatten. Als abgerissener Strolch fickte ich immer besser als wenn ich eine Stechuhr füttern mußte.
    Jan ging zur Offensive über, fing Streit mit mir an, brachte mich in Rage, und dann rannte sie raus auf die Straße und verzog sich in eine Bar. Sie brauchte nichts weiter zu tun als einsam auf einem Barhocker zu sitzen; die Drinks und die eindeutigen Angebote stellten sich dann von selbst ein. Natürlich fand ich das überhaupt nicht fair von ihr.
    Die meisten Abende liefen nach dem gleichen Schema ab. Sie stritt sich mit mir, dann packte sie ihre Handtasche, und im nächsten Augenblick war sie aus der Tür. Das verfehlte nie seine Wirkung auf mich; schließlich lebten und schliefen wir nun schon recht lange miteinander. Es mußte mir an die Nieren gehen. Doch ich hielt sie nie davon ab. Ich saß immer nur hilflos da und trank meinen Whisky und drehte am Radio, bis ich ein bißchen klassische Musik fand. Ich wußte, daß sie da draußen jetzt mit einem anderen zusammen war. Aber ich mußte es geschehen lassen, ich mußte den Dingen ihren Lauf lassen.
    Dann, eines Abends, riß etwas in mir; ich konnte es richtig spüren; etwas rumorte und stieg in mir hoch, und ich stand auf, ging die vier Treppen hinunter und raus auf die Straße. Von der Ecke Third und Union ging ich hinunter zur Sixth Street, dann nach Westen zur Alvarado Street. Ich ging an den Bars vorbei, und ich wußte, daß ich sie in einer von ihnen finden würde. Auf gut Glück ging ich irgendwo rein – da saß Jan, ganz am Ende der Bar. Sie hatte einen grün-weiß gemusterten Seidenschal lässig über ihre Schenkel drapiert. Sie saß zwischen zwei Männern; der eine war sehr mager und hatte eine große Warze auf der Nase, der andere war ein kleines buckliges Häufchen Elend in einem abgetragenen Anzug und mit einer Zweistärkenbrille auf der Nase.
    Jan sah mich hereinkommen. Sie hob den Kopf, und selbst im schummrigen Licht der Bar hatte man den Eindruck, daß sie blaß wurde. Ich ging hin und stellte mich dicht neben ihren Barhocker. »Ich hab versucht, eine Frau aus dir zu machen, aber du wirst nie was anderes als eine gottverdammte Nutte sein!« Ich schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht, und sie fiel vom Hocker. Sie fiel platt auf den Boden und kreischte. Ich griff mir ihr Glas und trank es aus. Dann ging ich langsam wieder zum Ausgang. An der Tür drehte ich mich um. »So, und wenn es jemand hier drin nicht paßt, was ich grad gemacht habe, dann braucht ers bloß zu sagen.«
    Es meldete sich keiner. Vermutlich paßte es ihnen, was ich gerade gemacht hatte. Ich ging wieder hinaus auf die Alvarado Street.

49
    Im Ersatzteillager machte ich jetzt kaum noch einen Finger krumm. Mr. Mantz, der Inhaber, kam gelegentlich

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