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Faktotum

Faktotum

Titel: Faktotum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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die Gerichtskosten und Geldstrafen, und obendrein gabs noch die gerichtliche Auflage, sechs Monate lang zu den Anonymen Alkoholikern zu gehen.
    Auch ich handelte mir saftige Geldstrafen ein und eine Reihe von Gefängnisstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Oft gelang es Jan, mich herauszuhauen. Die Anklagen reichten von Erregen öffentlichen Ärgernisses durch Entblößen von Geschlechtsteilen bis zu versuchter Vergewaltigung und tätlichem Angriff. Für Ruhestörung hatte ich auch eine große Schwäche. In den meisten Fällen brauchte ich die Haftstrafe nicht abzusitzen, sondern kam mit einer Geldstrafe davon. Doch diese ständigen Ausgaben rissen ein enormes Loch.
    Ich erinnere mich an einen Abend, als unsere alte Karre am McArthur Park mit abgewürgtem Motor und leerer Batterie stehenblieb. Ich sah in den Rückspiegel und sagte: »Okay, Jan, wir haben Glück. Da kommt einer, der uns anschieben wird. Er kommt direkt hinter uns angefahren. Es gibt doch noch ein paar nette Menschen auf dieser miesen Welt.« Ich sah nochmal in den Rückspiegel. »Halt dich fest, Jan, der fährt voll auf uns DRAUF!« Der Drecksack nahm überhaupt nicht den Fuß vom Gas, er fuhr mit solcher Wucht auf uns drauf, daß die vordere Sitzbank zusammenklappte und uns unters Armaturenbrett fegte. Ich kroch aus der Karre und fragte den Kerl, ob er seinen Führerschein vielleicht in China gemacht hätte. Außerdem drohte ich ihn umzubringen.
    Die Polizei kam und fragte mich, ob ich Lust hätte, ins Röhrchen zu blasen. »Mach das bloß nicht«, sagte Jan. Aber ich hörte nicht auf sie. Irgendwie hatte ich die fixe Idee, daß der Kerl, der auf uns draufgefahren war, eindeutig schuld war und ich folglich nicht unter Alkoholeinfluß stehen konnte. Das letzte, woran ich mich erinnere, war der Blick aus dem Seitenfenster des Streifenwagens: Jan neben unserem Wagen mit dem abgesoffenen Motor und der zusammengeklappten Sitzbank.
    Zwischenfälle wie dieser – und sie kamen Schlag auf Schlag – kosteten uns eine Menge Geld. Langsam aber sicher ging unser Leben in die Brüche.

51
    Jan und ich waren auf dem Rennplatz von Los Alamitos. Es war ein Samstag. Viertelmeilenrennen waren damals noch eine Neuheit. Innerhalb von 18 Sekunden hatte man entweder gewonnen oder verloren. Die Sitzreihen auf den Tribünen bestanden zu der Zeit noch aus rohen Holzplanken. Es wurde schon voll, als wir hinkamen, und wir belegten zwei Plätze, indem wir Zeitungen darauf ausbreiteten. Dann gingen wir nach unten in die Bar, um unsere Rennlisten zu studieren …
    So etwa nach dem vierten Rennen lagen wir mit 18 Dollar vorne, die Ausgaben nicht abgerechnet. Wir plazierten unsere Wetten für das nächste Rennen und gingen zurück zu unseren Plätzen auf der Tribüne. Ein kleiner grauhaariger Alter saß mitten auf unseren Zeitungen. » Entschuldigen Sie, aber das sind unsere Plätze. « – » Das sind keine reservierten Plätze. « – » Ich weiß, daß es keine reservierten Plätze sind. Aber sie sind belegt, und es gehört sich nicht, daß man sich einfach draufhockt. Sehen Sie mal … manche kommen hier frühzeitig her, arme Schlucker wie Sie und ich, die sich keine reservierten Plätze leisten können, und sie legen Zeitungen hin, damit man sieht, daß die Plätze belegt sind. So ein dezenter Hinweis, verstehn Sie, eine Frage des Anstands … wenn nichtmal die Armen anständig zueinander sein können, dann ist nämlich alles zu spät. « – » Diese Plätze sind NICHT reserviert. «
    Er machte sich noch ein bißchen breiter auf den Zeitungen, die wir hingelegt hatten. » Jan, setz dich hin. Ich bleib stehen. « Jan versuchte sich zu setzen. » Also machen Sie halt ein bißchen Platz « , sagte ich. » Wenn Sie schon kein Gentleman sein können, dann seien Sie wenigstens kein bornierter Knilch. « Er rückte ein bißchen.
    Ich hatte auf einen Gaul gesetzt, der mit 7/2 notierte und in der Startmaschine ganz außen stand. Er wurde gleich nach dem Start gerempelt und mußte den verlorenen Boden wieder gutmachen. Am Ende zog er in letzter Sekunde noch mit dem 6/5 Favoriten gleich, und das Zielfoto mußte entscheiden. Ich wartete und machte mir Hoffnungen. Ich hatte $ 20 auf Sieg gesetzt. Sie erklärten den anderen zum Sieger.
    » Komm, wir gehn was Trinken. « In der Kneipe unten hatten sie eine Anzeigetafel. Die Notierungen für das nächste Rennen standen gerade dran, als wir hineinkamen und an die Bar gingen. Wir bestellten unsere Drinks bei einem Menschen, der

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