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Faktotum

Faktotum

Titel: Faktotum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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Fliesenboden. Ich starrte es an. Wieder ein Satz, und weg war es. Wahrscheinlich hockte es wieder in meinem Schamhaar! Mir wurde übel. Ich war wütend. Ich stand da und suchte den Fliesenboden ab. Nichts zu sehen. Es drehte mir den Magen um. Ich würgte ein bißchen in die Kloschüssel, dann zog ich mich wieder an.
    An der nächsten Ecke war ein Drugstore. Eine alte Frau und ein alter Mann standen hinter dem Ladentisch. Die Frau kam zu mir her. »Nein«, sagte ich, »ich möchte mit ihm reden.« – »Ach so«, sagte sie.
    Der alte Mann kam her. Er war der Apotheker. Er sah sehr reinlich aus. »Ich bin das Opfer einer Ungerechtigkeit«, sagte ich zu ihm.
    »Was?«
»Hören Sie, haben Sie ein Mittel gegen …«
»Gegen was?«
»Spinnen, Flöhe … Milben, Stechmücken …«
»Gegen was? «
» Haben Sie irgendein Mittel gegen Sackratten? «
    Der alte Mann warf mir einen angewiderten Blick zu. »Warten Sie hier«, sagte er. Er ging am Ende des Ladentischs in die Hocke und holte etwas heraus. Er kam zurück, hielt jetzt aber größtmögliche Distanz zu mir, und schob mir mit ausgestrecktem Arm eine kleine grün-schwarz gestreifte Pappschachtel hin. Ich nahm sie demütig in Empfang. Ich gab ihm eine 5-DollarNote. Als er mir das Wechselgeld herausgab, hielt er es auf Armeslänge von sich. Die alte Frau drückte sich in den äußersten Winkel des Ladens. Ich kam mir vor wie bei einem Überfall.
    »Warten Sie mal«, sagte ich zu dem alten Mann.
»Was denn noch?«
»Ich brauch noch ’n paar Pariser.«
»Wie viele?«
»Oh, ne Packung, ne Handvoll.«
»Feucht oder trocken?«
»Was?«
»Feucht oder trocken?«
»Geben Sie mir die feuchten.«
Der alte Mann reichte sie mir mit spitzen Fingern über den
    Ladentisch. Ich gab ihm das Geld. Wieder hielt er das Wechselgeld auf Armeslänge von sich. Ich ging raus. Während ich die Straße entlangging, holte ich die Pariser heraus und sah sie an. Dann warf ich sie in den Rinnstein.
    Zurück im Apartment, zog ich mich aus und las die Gebrauchsanweisung. Da stand, man solle sich die Salbe auf die befallenen Körperteile streichen und dann 30 Minuten einwirken lassen. Ich stellte das Radio an, erwischte eine Symphonie und drückte die Salbe aus der Tube. Sie war grün. Ich schmierte mich gründlich damit ein. Ich legte mich aufs Bett und sah auf die Uhr. 30 Minuten. Teufel nochmal, ich haßte diese Sackratten. Lieber gleich ne ganze Stunde. Nach 45 Minuten begann das Zeug zu brennen. Ich werd diese Scheißviecher killen, dachte ich, jedes einzelne. Das Brennen wurde schlimmer. Ich wälzte mich auf den Bauch und ballte die Fäuste. Ich hörte mir was von Beethoven an. Ich hörte mir was von Brahms an. Ich biß die Zähne zusammen und hielt durch. Ich schaffte die Stunde mit knapper Not. Dann ließ ich Wasser in die Wanne laufen, sprang rein und schrubbte mir die Salbe runter. Als ich aus der Wanne stieg, konnte ich nicht mehr gehen. Die Innenseiten meiner Schenkel waren entzündet, meine Eier waren entzündet, mein Unterleib war entzündet, ich war knallrot, ich sah aus wie ein Orang-Utan. Mühselig humpelte ich zu meinem Bett. Aber ich hatte die Sackratten erledigt. Ich hatte zugesehen, wie sie durch das Abflußrohr der Badewanne flutschten.
    Als Jan nach Hause kam, wälzte ich mich auf dem Bett hin und her. Sie stand da und starrte mich an.
»Was hast du denn?«
Ich wälzte mich hin und her und fluchte. »Du verfluchte Nutte! Schau mal her, was du mir angedreht hast!«
Ich sprang auf. Ich zeigte Jan die Innenseiten meiner Schenkel, meinen Unterleib, meine Eier. Meine Eier waren puterrot und lagen in den letzten Zügen. Mein Schwanz glühte knallrot.
»Mein Gott! Was ist es denn?«
»Das weißt du ganz genau! Ich hab mit keiner anderen gefickt! Ich habs von DIR! Du bist ein Bazillenträger, du bist eine verseuchte Schiampel «
»Was?«
»Die Sackratten! Du hast mir die Sackratten angehängt!« »Nee, die sind nicht von mir. Die müssen von Geraldine sein.« »Was?«
»Ich hab bei Geraldine übernachtet. Muß sie mir eingefangen haben, als ich bei ihr auf dem Klo saß.«
Ich warf mich wieder aufs Bett. »Oh, erzähl mir bloß nicht so ’n Scheiß! Geh und hol uns was zu trinken! Wir haben keinen gottverdammten Tropfen mehr im Haus!«
»Ich hab kein Geld.«
»Nimm dir was aus meiner Brieftasche. Darin hast du ja Übung. Und beeil dich! Was zu trinken! Ich bin am Abschnappen!«
Jan ging. Ich hörte sie die Treppe hinunterrennen. Im Radio spielten sie jetzt was von Mahler.

63
    Am nächsten

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