Falaysia Bd 2 - Trachonien
den Wahnsinn oder Selbstmord treiben wird.“
„So ein Humbug!“ brummte sie und trat näher an den Drachen heran. Der hob sofort alarmiert den Kopf und knurrte drohend.
„Das ist so typisch für Menschen“, fuhr Jenna fort. „Wenn ihnen etwas fremd ist oder Angst macht, müssen sie es quälen und töten und sich Geschichten ausdenken, die ihre Verbrechen rechtfertigen. Das macht alles so viel einfacher!“
Sie rechnete damit, dass Marek eine spöttische Bemerkung von sich gab, doch die kam nicht, und als sie sich ihm wieder zuwandte, hatte sich der Ausdruck in seinen Katzenaugen verändert. Er war deutlich wärmer geworden.
„Nun ja“, meinte er schließlich und sie hatte das Gefühl, dass auch seine Stimme hörbar weicher geworden war. „Eigentlich geht es den Hirten wohl eher darum, ihr Vieh zu beschützen. Ziegen stehen bei Trachjen nämlich ziemlich weit oben auf der Speisekarte. Allerdings ist die Zeit der großen Beutezüge längst vorbei.“ Er musterte den Drachen nachdenklich. „Ich frage mich, was der kleine Kerl hier so ganz allein wollte.“
Kleiner Kerl ? Der Drache war fast so groß wie Marek selbst – wenn Jenna sich nicht irrte. Wenn das ein kleines Tier war – wie groß waren dann die Großen seiner Art? Lieber nicht darüber nachdenken…
„Sind das sonst Tiere, die in Gruppen leben?“ erkundigte sie sich rasch, um sich von ihren erschreckenden Gedankengängen abzulenken und auch weil sie neugierig war und das Gefühl hatte, dass der Krieger noch mehr über diese Tierart wusste.
Marek enttäuschte sie nicht. Er wusste in der Tat die Antwort auf ihre Frage, brauchte noch nicht einmal darüber nachzudenken.
„Diese Art – ja. Zu dieser Jahreszeit müssten sie sich jedoch alle eher in der Küstenregion aufhalten. Es ist ungewöhnlich, im Frühjahr einem Drachen so weit im Landesinneren zu begegnen. Irgendetwas muss ihn durcheinandergebracht haben… und damit ist er nicht der erste…“ Ein paar nachdenkliche Falten zeigten sich auf der Stirn des Kriegers und sekundenlang schien er in seine eigene Gedankenwelt abzutauchen und nichts anderes mehr um sich herum wahrzunehmen.
Jenna betrachtete erneut den Drachen, der sich nun wieder zu bewegen begann, versuchte seine Pranken und Flügel aus dem eng gestrickten Netz zu befreien. Ein sinnloser Akt, denn viel Kraft besaß er nicht mehr – das konnte man ihm ansehen. Wer wusste schon, wie lang er bereits festsaß, ohne Nahrung oder Wasser zu sich nehmen zu können?
„Und was machen wir jetzt?“ wandte sich Jenna schließlich wieder an Marek, weil es ihr zu bunt wurde, noch länger zu warten und nur zuzusehen, wie sich das Tier abquälte und immer schwächer wurde.
„ Wir ?“ wiederholte Marek und hob eine Braue.
„Ja – wir “, gab sie zurück. „Du wolltest ihn doch befreien, oder?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich dachte mir, ich stocke noch mal ein bisschen unseren Vorrat für unsere Reise mit Fleisch auf – wenn es hier schon so nutzlos herumhängt. Drachenfleisch ist sehr schmackhaft.“
„Du wolltest ihn befreien“, beharrte Jenna und auch wenn sich Marek sehr bemühte – er konnte seine ernste Miene nicht mehr länger aufrechterhalten. Das Schmunzeln schob sich mit aller Macht auf seine Lippen.
„Wollte ich das?“
Sie trat dichter an ihn heran und streckte eine Hand nach ihrem Dolch aus. „Wenn du’s nicht machst, mach ich’s!“
„Keine Angst, dass er dich beißen könnte?“
„Die meisten Lebewesen spüren es, wenn man ihnen helfen will.“
„Tun sie das – ja?“
„Ja!“ Sie sah ihm fest in die Augen.
„Na dann – geh nur hin, nimm ihn in den Arm und kuschle ein wenig mit ihm, während ich ihn aus dem Netz schneide“, schlug er mit sichtbar gespieltem Enthusiasmus vor. „Besonders gern haben sie es, wenn man sie hinter den Ohren krault.“
„Aber der hat doch gar keine O…“ Sie brach ab. Natürlich hatte er keine Ohren und Marek bestrafte sie mit einem lauten Lachen dafür, dass ihr Mundwerk mal wieder schneller funktioniert hatte als ihr Verstand. Ihr lag ein verärgertes ‚Sehr lustig!‘ auf der Zunge, sie sprach diese Worte jedoch lieber nicht aus. Wer wusste schon, wie dieser launische Kerl darauf reagierte – auch wenn er gegenwärtig den Eindruck machte, als wäre sein ungerechtfertigter Groll auf sie verflogen.
„Gut – sparen wir uns diese Art von geistreichen Scherzen für später, wenn es nichts mehr zu lachen gibt“, grinste er. „Allerdings wäre es
Weitere Kostenlose Bücher