Falaysia Bd 2 - Trachonien
beinahe sanft über die wulstige Wölbung über den Augen des Reptils.
„Shusha-le“, hörte sie ihn in diesem beruhigenden Bariton murmeln. „Shusha-le, chur aleno… Tale sela-he…“ Er wiederholte seine Worte immer wieder und tatsächlich blieb der Schwanz des Drachens bald liegen, zuckte nur ab und an ein wenig. Dafür gab das Tier nun selbst Töne von sich: ein gleichmäßiges Brummen, das immer dann einsetzte, wenn Marek kurz verstummte. Jenna hatte nach einer Weile das Gefühl, dass die beiden auf diese ungewöhnliche Art miteinander kommunizierten, dass der Drache langsam verstand, dass sie ihm nur helfen wollten. Sie war so fasziniert davon, dass sie nur am Rande ihres Bewusstseins bemerkte, dass sie das Netz längst zerschnitten hatte. Seltsamerweise rutschte es nicht gleich zu Boden, sondern blieb komplett an dem Körper des Drachen haften, sodass er nicht fühlen konnte, dass er frei war, und sich glücklicherweise immer noch nicht regte. Jenna runzelte die Stirn und griff nach einem der dünnen Seile. Sie zuckte erschrocken zurück, als sie einen kleinen elektrischen Schlag bekam.
„Nicht anfassen!“ raunte Marek ihr zu und bedachte sie mit einem mahnenden Blick aus seinen im Licht der Sonne fast weiß-blau schimmernden Augen. „Bist du fertig?“
„Ja“, gab sie etwas verstört zurück.
Er nickte ihr zu und sie verstand sofort, dass sie sich aus der Reichweite des Drachen entfernen sollte. Doch sie zögerte, weil sie das Gefühl hatte, noch helfen, dafür sorgen zu müssen, dass sie alle drei sicher aus der ganzen Sache herauskamen.
„Nun mach schon!“ zischte Marek ihr zu und schließlich erhob sie sich, machte ein paar große Schritte zurück. Sie sah wie Marek noch einmal tief ein und aus atmete und hatte das Gefühl, dass sich jeder Muskel seines Körpers anspannte. Dann ging alles blitzschnell: Marek sprang auf, war in dem Bruchteil einer Sekunde bei ihr, packte sie am Arm und schob sie hinter sich, sodass sie nur noch einen Teil des Drachens sah, der sich sofort regte.
Jennas Herz begann schneller zu schlagen und sie stellte sich auf die Zehenspitzen und reckte den Hals, um wenigstens über die Schulter des Kriegers spähen zu können, der nun doch sein Schwert gezogen hatte. Nötig war das in ihren Augen nicht. Auch wenn das Netz abgefallen war und das Tier wieder auf seinen vier Beinen stand – es machte nicht den Eindruck, als wolle es angreifen. Es streckte zunächst etwas zittrig die ledernen, violetten Flügel und schlug damit ein paar Mal probehalber, bevor es einmal kurz seinen ganzen Körper durchschüttelte. Erst dann wandte der Drache seinen Kopf zu ihnen um und betrachtete die beiden Menschen, die ihm gerade das Leben gerettet hatten, mit einem Blick, den Jenna durchaus als wohlwollend einstufte.
Ein leises Gurren kam aus seiner Kehle, bevor er wieder die Flügel bewegte, erst langsam, dann immer rascher. Er duckte sich ein wenig und schließlich sprang er ab, erhob sich unglaublich elegant in die Lüfte. Aus irgendeinem Grund drängte Marek sie jedoch wieder zurück unter einen der niedrigen Bäume, sodass sie den Drachen, der jetzt ein paar Kreise über ihnen zog, kaum noch sehen konnte – bis er schließlich mit einem eigenartigen Laut hinauf in den bewölkten Himmel segelte und völlig aus ihrem Sichtfeld verschwand.
Jenna stieß ein leises, zufriedenes Seufzen aus und wollte aus dem Geäst des Baumes hervortreten, aber Marek ließ es nicht zu, dass sie sich an ihm vorbeischob, hielt seine Arme so vor ihr ausgestreckt, dass sie so gut wie bewegungsunfähig war.
„Warte“, mahnte er sie und erst in diesem Moment bemerkte sie, dass er immer noch etwas angespannt war.
„Aber er ist doch weg“, merkte sie vorsichtig an.
„Wahrscheinlich“, gab er zu. „Du solltest nicht vergessen, dass er sehr hungrig sein muss. Hungrige Drachen sind unberechenbar und immer sehr gefährlich. Wir sollten lieber sichergehen.“
„Okay.“ Sie seufzte erneut, dieses Mal jedoch eher aus Ungeduld. Sie sah wieder hinauf in die Wolken. Als sie dort nach ein paar weiteren ereignislosen Minuten immer noch nichts entdecken konnte – weder Drachen noch andere fliegende Ungetüme – richtete sie ihren Blick wieder nach unten. Viel gab es leider auch da nicht zu betrachten… außer vielleicht Mareks Rücken. Genau das tat sie dann auch. Sie betrachtete Mareks Rücken. Schon wieder. Dieses Mal war das ja nicht so verfänglich, schließlich hatte er all seine Kleidung an und die
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