Falaysia Bd 2 - Trachonien
wie sie erklären sollte, was geschehen war, ohne zugeben zu müssen, dass sie doch ein klein wenig Macht über den Stein hatte. Also sagte sie gar nichts mehr, sah stattdessen nur betreten zu Boden.
„Ich… ich denke, du hast den Stein für heute lange genug getragen“, hörte sie ihn schließlich sagen und wagte erst dann, wieder aufzusehen.
„Ich nehme ihn dir jetzt wieder ab.“ Er trat an sie heran, streckte eine Hand aus und zuckte fast im selben Moment wieder zurück. Aus seinen Augen sprach eine Mischung aus Wut und Angst. „Lass das!“ stieß er angespannt aus.
Jenna blickte irritiert an sich hinab und musste zu ihrem Leidwesen feststellen, dass der Stein erneut angefangen hatte, seine Farbe zu ändern.
„Das bin ich nicht!“ entfuhr es ihr nun auch etwas verängstigt. „Nimm ihn einfach schnell!“
Mareks Brustkorb weitete sich unter dem tiefen Atemzug, den er tat. Dann kniff er die Lippen zusammen, machte einen Schritt auf sie zu, packte den Lederriemen, an dem der Stein hing, und zog ihn dann rasch über Jennas Kopf. Für einen Augenblick verspürte Jenna einen kurzen Stich in ihrer Brustgegend, dann erstarb das Leuchten des Steins und alles war vorbei. Sie war wieder Mareks Gefangene und seinen Launen hilflos ausgeliefert. Dennoch war auch sie froh, dass der Spuk ein Ende hatte. Es war mehr als unheimlich über eine Macht zu verfügen, die man selbst weder einschätzen noch richtig kontrollieren konnte. Sie brauchte dazu mehr Kontakt zu dem Stein und mehr Übung. Doch sie bezweifelt stark, dass Marek ihr den nach dieser Sache gewähren würde.
„Dreh dich um“, brummte er und sie gehorchte ihm brav. Es dauerte eine Weile, bis er wieder an sie herantrat, um ihr die Fesseln aufzuschneiden. Jenna war sich sicher, dass er zuvor erneut den Stein versteckt hatte – natürlich an einer anderen Stelle. Als sie sich umdrehte, hatte er sich bereits von ihr entfernt und ließ sich gerade auf seiner Decke nieder, um dann mit einem tief grüblerischen Gesichtsausdruck ein paar mehr Hölzer in das Lagerfeuer zu werfen. Irgendwie wurde sie das Gefühl nicht los, dass das alles noch ein übles Nachspiel für sie haben würde. Eines stand zweifellos fest: Marek würde ihr nie wieder glauben, dass sie keinen Einfluss auf die Magie des Steins hatte – und sie selbst glaubte das auch nicht mehr.
B edr ä ngnis
B ergsteigen war nie Jennas liebstes Hobby gewesen. Es war nicht so, dass sie sich nicht gern bewegte oder bisweilen sogar exzessiv Sport trieb, doch dann ging sie lieber Joggen oder Schwimmen oder tat beides hintereinander, wenn das Wetter mitspielte und sie nach dem Laufen in einen kühlen Waldsee springen konnte. Aber Bergsteigen bis die Waden schmerzten und die Oberschenkelmuskulatur bei jedem mühevollen Schritt zu zittern begann – nein, das musste wirklich nicht sein. Nur leider hatte sie dieses Mal keine andere Wahl. Ihr Weg führte nun mal durch ein Gebirge und zurzeit ging es noch sehr viel öfter bergauf als bergab. Zudem legte Marek seit dem kleinen Vorfall mit dem Stein ein Tempo vor, als wolle er dem Teufel selbst entkommen – ein Tempo, das sie ganz bestimmt nicht mehr sehr lange durchhalten würde.
„Wie weit ist es denn jetzt noch zur Grenze?“ keuchte sie, weil sie schon wieder einen kleineren Bergkamm erklommen und hasste sich dabei für ihren quengeligen Tonfall. Es fehlte noch, dass sie anfing alle fünf Minuten „Sind wir schon da?“ zu fragen, wie kleinere Kinder das immer gern taten – auch wenn sie allen Grund dazu hatte, unleidlich zu werden. Es war bestimmt schon vier Stunden her, seit Marek hatte verlauten lassen, dass sie bald da sein mussten – was auch immer ‚da‘ bedeuten sollte. Nun, ‚bald‘ war zwar ein dehnbarer Begriff, aber ihn auf mehr als vier Stunden zu strecken, machte in ihren Augen keinen Sinn. Dann konnte er auch ‚irgendwann‘ sagen.
Jenna unterdrückte ein tiefes Seufzen. Sie war mit ihrer Geduld allmählich am Ende. Sie hatte das Gefühl, dass mittlerweile sämtliche Muskeln ihres Körpers bei jedem Schritt, den sie machte, gequält aufstöhnten, und ihre Füße fühlte sie schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Stundenlang durch dieses unwegsame und zerklüftete Gelände zu klettern, das Pferd hinter sich her ziehend, war auf die Dauer zu strapaziös. Sie brauchte dringend eine Verschnaufpause oder zumindest ein bald zu erreichendes Ziel vor Augen, das ihr neue Kraft geben würde, sonst würde sie noch zusammenbrechen.
Marek
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