Falaysia Bd 2 - Trachonien
Krieger durch seine Masse und Körpergröße eine ziemlich einschüchternde Wirkung besaß – auch ohne seine mächtige Stimme einzusetzen. Er war jedoch ein stiller Mann, sprach nur mit ihr, wenn er es musste, und mied sonst eher den Kontakt mit ihr. Die meiste Zeit verbrachte er draußen vor der Höhle und alles, was sie von ihm sah, waren die dunklen Umrisse seines breiten Rückens.
Sie selbst war über diese Distanz froh, hatte sie sich doch ebenfalls vorgenommen, keinen näheren Kontakt mit ihm zuzulassen. Sie wollte den Mann auf Abstand halten, ihn bloß nicht reizen oder zu anderen Dummheiten bewegen. Auch wenn es damals nicht er gewesen war, der ihr wehgetan hatte, sondern sein geisteskranker Freund – ihre erste Begegnung war zu traumatisch gewesen. Marek konnte ihr noch so oft versichern, dass Kaamo sein bester Mann und höchstanständig war. Sie traute ihm nicht. Dazu sah er zu sehr nach barbarischem Krieger aus. Und diese riesenhafte Statur… diese massiven Hände… Sie war sich sicher, dass er mit nur einem Schlag einem Menschen den Schädel zertrümmern konnte. Nein. Sie wollte nicht mit ihm reden oder ihn näher kennenlernen. Es war nicht gut, wenn sie ihre Angst, ihre Hemmungen verlor. Das war schon bei Marek gefährlich genug gewesen und wenn Kaamo in kritischen Situationen ähnliche Aussetzer hatte wie sein Fürst… Eigentlich wollte sie gar nicht darüber nachdenken.
Ihren Vorsatz einzuhalten gelang ihr anfangs ganz gut. Nur als sie nach zwei Tagen endlich aufbrachen, wurde die ganze Angelegenheit für sie beide etwas schwieriger. Es war eine Sache, sich in der Höhle aus dem Weg zu gehen, da der bärenhafte Mann sogar draußen geschlafen hatte, doch eine ganz andere, über Stunden stillschweigend nebeneinander her reiten zu müssen. Sie war nicht der Typ Mensch, der unangenehme Stille lange aushalten, der die Gegenwart eines anderen Menschen ertragen konnte, ohne mit diesem ein Gespräch anzufangen. So etwas fühlte sich fast wie Folter für sie an und sie hatte nach einer Weile wirklich mit sich zu ringen.
Jenna riskierte einen Blick zur Seite. Der Krieger saß etwas zusammengesunken auf seinem Pferd und sah gedankenverloren in die Ferne, bemerkte nicht, dass sie sich ihm zugewandt hatte. Sie betrachtete seine Züge eingehender. Er war nicht mehr der Jüngste. Zumindest war sein Gesicht von vielen Falten und ein paar Narben gezeichnet. Er besaß eine ziemlich hohe Stirn und eine breite Nase, die ihm etwas Sympathisches verlieh. Er sah müde aus, jedoch auch entspannt und keineswegs wie ein Krieger, der bereit war, sich jederzeit in eine blutige Schlacht zu werfen. Er wirkte so ganz anders als Marek, von dem irgendwie immer eine gewisse Unruhe und Anspannung ausging. Und seine braunen Augen waren nicht kalt, sondern warm, spiegelten das kleine Lächeln auf seinen Lippen, das er ihr schenkte, während er sie ansah.
Ach du meine Güte! Er sah sie an! Sie zuckte heftig zusammen und rutschte vor Schrecken beinahe aus dem Sattel, hielt sich aber noch rechtzeitig am Sattelknauf fest, um sich wieder ordentlich hinzusetzen. Kaamo hatte sich schnell wieder abgewandt, sah mit eingezogenen Schultern wieder nach vorn und… stahl sich da nicht eine leichte Rötung auf seine vom blonden Bart halb zu gewucherten Wangen? War es dem Mann tatsächlich unangenehm, sie so erschreckt zu haben? Vielleicht war er doch kein so übler Kerl. Besser nicht weiter darüber nachdenken. Sie durfte ihn nicht mögen, musste sich ihm gegenüber weiterhin vorsichtig verhalten.
Jenna sah sich selbst ein wenig um. Sie hatte zu ihrer Freude schon früh nach ihrem Aufbruch festgestellt, dass sie sich, aufgrund ihres Sprunges in den Fluss, am Fuße der Berge befanden und weiter in die ebeneren Regionen Trachoniens hinein ritten. Nun hatten sie die Berge schon längere Zeit hinter sich gelassen und die Landschaft um sie herum hatte sich deutlich verändert. Nach ein paar grünen Wäldern und Wiesen passierten sie eine Ebene, die von ihrem Pflanzenwuchs her wieder erstaunlich karg war. Statt saftig grüner Gräser wuchsen hier nur bräunlich-gelbliches Steppengras, runzelige Bäume und stachelige Büsche. Der Weg war steinig und der Boden sehr trocken, so als ob es schon sehr lange nicht mehr geregnet hatte und die kühle, trockene Luft es der Natur schwer machte, sich in ihrer üblichen Pracht zu zeigen. Der Wind, der ab und an durch ihre Kleider fuhr, war frisch und brachte einen sonderbaren Geruch mit sich, den Jenna noch
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