Falaysia - Fremde Welt: Band 1 (German Edition)
Meinung, dass ich dem Jungen helfen kann wieder nach Hause zu finden. Kann ich dann davon ausgehen, dass Sie mir vielleicht dabei helfen werden, ihm zu helfen? Im Augenblick bin ich nämlich selbst ziemlich hilflos, weil ich absolut nicht weiß, wie ich hierhergekommen bin und wo genau ich mich überhaupt befinde. Ich werde dem Kleinen so bestimmt keine große Stütze sein und…“
Sie brach ab, weil sowohl Gideon als auch Tala ein leises Lachen entwischte. Die Verwirrung in ihren Augen veranlasste den Alten dazu sich zu erklären.
„Leon ist jetzt kein Kind mehr sondern ein erwachsener Mann, der gut für sich selbst sorgen kann.“
Jenna hob erstaunt die Brauen, während das ungute Gefühl in ihrem Bauch schon wieder zu wachsen begann.
„Wie… wie lange ist er denn schon… hier?“
Gideon zog an seiner Pfeife. Er schien ganz in seine Erinnerungen zu versinken.
„Ich weiß es nicht genau. Es ist so lange her. Vielleicht zehn oder fünfzehn Jahren.“
„Zehn oder fünfzehn Jahre ?!“ entfuhr es Jenna entsetzt und Gideon zuckte ein wenig zusammen, bevor erneut dieser mitleidige Ausdruck auf seinen Zügen erschien.
„Ich wünschte, es wäre nicht so… Aber er hat es nicht geschafft.“
„Was nicht geschafft?“
„Den Weg zurück zu finden.“
Jenna atmete ganz langsam tief ein und wieder aus. Das war doch krank. So etwas hatte sie noch nie gehört. Die Erde war zwar ein großer Planet, aber es gab kaum noch unentdeckte Orte, von denen man nicht mehr entfliehen konnte. Man konnte immer einen Weg nach Hause finden. Alles, was man brauchte, war sich neu zu orientieren und dann ein kleines Fleckchen der Zivilisation zu finden, an dem es Telefone, Computer und Internet gab. Gegenwärtig würden ihr sogar eine Landkarte und ein Kompass genügen!
„Es gibt immer einen Weg zurück!“ sagte sie nun etwas verärgert.
„Das mag sein“, gab Gideon ihr sofort nach. „Aber manchmal ist es sehr schwer ihn zu finden.“
Jenna musterte den Alten ein weiteres Mal. Vielleicht waren er und seine Frau schon ein wenig senil, lebten in ihrer eigenen Phantasiewelt und erzählten ihr Märchen. Das würde alles erklären, ihre Lebensweise, die Art wie sie redeten… Und vielleicht konnte sie mehr aus ihnen herausbekommen, wenn sie sich auf ihre Phantasievorstellungen einließ. Einen Versuch war es wert.
Jenna räusperte sich und setzte einen interessierten Gesichtsausdruck auf. „Wo… wo ist dieser Leon jetzt?“ erkundigte sie sich hoffnungsvoll. Sie mussten ihn doch irgendwo hingebracht haben. Vielleicht in eine Stadt. Obwohl, ein Dorf wäre auch nicht schlecht. Fast alle Dörfer hatten heutzutage Telefonanschlüsse.
„Das weiß ich nicht genau“, erwiderte Gideon. „Ich sehe ihn ab und an, aber das letzte Mal, dass wir uns begegnet sind ist schon ziemlich lange her. Das Leben hier in Falaysia war für ihn von Anfang an nicht einfach und daran hat sich leider auch heute nichts geändert.“
Falaysia, aha! Sie lag anscheinend mit ihrer Vermutung gar nicht so falsch. Einsamkeit sollte einen ja bekanntlich in den Wahnsinn treiben und rechnete man noch das Alter dieser Leute hinzu…
„Falaysia, das ist… das ist das Land hier, ja?“ erkundigte sie sich freundlich.
„Nein, es ist diese Welt. Unser Land heißt Allgrizia, das Land der Kriege“, erklärte der Mann.
„Was heißt das?“ fragte Jenna. „Herrscht hier ständig Krieg?“
„So ähnlich“, meinte Gideon und sog erneut an seiner Pfeife.
„Gideon“, mahnte Tala ihren Mann wieder aus dem Hintergrund und er hob in einer beruhigenden Geste eine Hand.
„Ich denke, sie kann die Wahrheit vertragen“, sagte er. „Sie ist erwachsen und hat einen wachen Verstand. Und sie sollte wissen, was auf sie zukommt, was es bedeutet hier zu sein.“
Tala sah kurz hinüber zu Jenna und wandte sich dann kopfschüttelnd wieder der Zubereitung des Essens zu.
„Allgrizia ist ein von Kriegen gebeuteltes Land“, fuhr Gideon nun ungehindert fort. „Den Großteil der Bevölkerung dieses Landes machen die Bakitarer aus. Sie sind ein kriegerisches Nomadenvolk, das sich aus keiner Streiterei heraushalten kann. Wenn sie einen Krieg nicht von selbst beginnen, so lassen sie sich gerne von einer der streitenden Parteien dazu überreden mitzumischen. Sie sind ein wildes, gefährliches und unberechenbares Volk, das niemals weit über die Grenzen Allgrizias hinauszieht. Es ist halt ihr Heimatland. Deswegen heißt es das Land der Kriege. Fast alle Kriege
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