Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
nicht an, fixierte nur die Ecke der Höhle, in der ein kleiner Schrank stand, und ging dann darauf zu.
Jenna zuckte zusammen, als ein lautes Flattern von draußen zu vernehmen war, und zu ihrer Verblüffung flog auf einmal ein stattlicher Falke in die Höhle. Sie duckte sich, als er über ihren Kopf hinweg segelte und dann wie selbstverständlich auf Mareks Schulter landete. Der Krieger hatte derweil ein Stück Pergamentpapier, eine Feder und ein Fässchen mit Tinte aus dem Schrank herausgeholt, ließ sich mit den Sachen am Tisch nieder und begann etwas zu schreiben.
Jenna trat mit großen Augen näher und betrachtete den Raubvogel auf Mareks Schulter fassungslos. Das Tier legte den Kopf zur Seite und starrte zurück. „W… was …?“ begann sie, konnte jedoch nicht weitersprechen, weil ihre Verwirrung ihr das Vermögen raubte, sich zu artikulieren.
„Es ist etwas passiert“, sagte Marek mit gedämpfter Stimme, ohne von seiner Arbeit aufzusehen, die sich darin gestaltete, das beschriebene Stück Papier abzureißen, zusammenzurollen und mit einem Bändchen zu fixieren. „Wir müssen sofort aufbrechen. Jaté!“
Der letzte Befehl war nicht an sie gerichtet, sondern an den Falken, der brav auf den Tisch hüpfte und sich dann das kleine Papierröllchen an sein Bein binden ließ. Er sah dabei beinahe stolz zu ihr hinauf.
„Hat jemand mit dem Falken eine Nachricht geschickt?“ brachte sie nun endlich heraus.
„Nein“, antwortete Marek knapp. „Aber ich werde das jetzt tun.“
Er streckte einen Arm aus und der Vogel hob ab und ließ sich sofort darauf nieder. Jenna blinzelte verwirrt. „Heißt das, es ist deiner?“
Marek sah sie irritiert an. „Meiner? Nein. Er lebt hier in Freiheit, aber er wird mir diesen Gefallen gern tun“, gab er zurück und lief zum Höhlenausgang. Jenna folgte ihm sofort. Sie wusste, dass sie hartnäckig sein musste, um richtige Antworten auf ihre Fragen zu bekommen. Marek wollte ihr doch nicht im Ernst weismachen, dass der Vogel ein Wildtier war, das sich ohne ersichtlichen Grund dazu entschlossen hatte, ihm zu helfen.
Der Krieger hob seinen Arm, sodass der Falke mit ihm auf Augenhöhe war und blickte ihm dann direkt in die Augen. Für ein paar Sekunden geschah nichts weiter, jedenfalls nichts, das man mit seinen normalen Sinnen wahrnehmen konnte, doch Jenna spürte ein Vibrieren in der Luft und ihre Kopfhaut begann zu prickeln. In der Tiefe ihres Geistes hörte sie ein leises Flüstern. Dann war es auch schon wieder vorbei. Der Falke duckte sich, spannte seine Flügel auf und hob ab, segelte elegant in die Luft und entfernte sich rasch von ihnen. Ein paar Atemzüge lang sahen sie ihm beide noch nach, dann wandte sich Marek um und schob sich an ihr vorbei, um wieder in die Höhle zu gehen.
„Komm, wir müssen deine restlichen Sachen packen“, hörte sie ihn im Vorbeigehen murmeln.
Sie blinzelte ein paar Mal und war erst dann im Stande, sich wieder zu bewegen und Marek zu folgen. Sie war furchtbar verwirrt – nicht nur durch das, was eben passiert war, sondern auch durch sein Verhalten. Anscheinend hatte er sich dazu entschieden, so zu tun, als ob nichts zwischen ihnen passiert war, und sie wusste noch nicht, was sie davon halten sollte. Das schmerzhafte Ziehen in ihre Brust ignorierte sie so gut, wie sie konnte.
Marek hockte bereits vor ihrem Schlafplatz und rollte ihre Decke zusammen.
„Was war das gerade eben?“ fragte sie, um sich von ihrem unvernünftigen Kummer abzulenken. „Hast du … hast du gez–“
Mareks schoss aus seiner Position hoch, packte sie am Arm und presste eine Hand auf ihren Mund. „Sprich das nicht aus!“ knurrte er und der Zorn in seinen Augen ließ sie sofort verstummen.
„Es gibt einen Unterschied zwischen der Anwendung von Magie und dem Nutzen von Sinnen, die gewöhnliche Menschen nicht haben!“ stellte er mit Nachdruck klar. „Ich verwende keine … Magie !“ Das letzte Wort spuckte er mit einer solchen Verachtung aus, dass Jenna beinahe zusammenzuckte. Sie nickte eingeschüchtert und erst dann ließ Marek sie wieder los und fuhr fort, ihre Schlafsachen zusammenzupacken.
Jenna holte tief durch die Nase Luft, griff nach ihrem Nachthemd und dem Stoffbeutel, in dem sie ihre Kleider aufbewahrte, und stopfte es dort hinein. Gut. Er war gereizt und angespannt, das wusste sie jetzt. Doch sie würde nicht zulassen, dass er zu seinem alten unangenehm kühlen Auftreten ihr gegenüber zurückfand. Dafür war in den letzten Stunden zu viel
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