Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
Unwesen getrieben hat.“
Sie blieb zu Arooms Erleichterung stehen, schloss die Augen und atmete tief ein und wieder aus. Als sie die Lider wieder hob, hatten sich ihre Gesichtszüge geglättet und ein beinahe freundliches Lächeln lag auf ihren Lippen. „Solltest ihr allerdings meinen Wünschen sofort nachkommen, werdet ihr in den nächsten Jahren von Glück und Frieden gesegnet werden. Ihr habt die Wahl.“
Aroom wollte etwas sagen, doch seine Kehle war wie zugeschnürt und alles, was er hervorbrachte war ein leises Krächzen, gefolgt von einem Husten. Eigentlich konnte sich die Hexe denken, was er antworten würde, doch sie half ihm nicht, sah ihn nur mit diesem ‚freundlichen‘ Lächeln an und wartete … wartete, bis er schließlich nickte und sich ein heiseres „Ihr seid in unserem Dorf herzlich willkommen!“ aus seiner Kehle kämpfte. Er würde diese Entscheidung gewiss noch bereuen – bis an sein Lebensende.
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„Leon?“
Der junge Mann sah erstaunt von seinem Essen auf. Erstaunt, weil Jennas Stimme so bedrückt klang. Diesen Ton hatte sie nur, wenn sie von einem schlechten Gewissen geplagt wurde. Und – ja – sie sah auch danach aus: Große, betrübte Augen, zusammengepresste Lippen, verspannte Körperhaltung.
„Ja?“ gab er zurück und sah sie erwartungsvoll an.
„Also… ähm…“, druckste Jenna herum. „Das nächste Mal, wenn ich so ausflippe, musst du mich unbedingt zurückhalten!“
„Wieso?“ gab Leon breit grinsend zurück. „Das war doch genau das, was wir gebraucht haben.“ Er wies auf die vielen leckeren Dinge, die man ihnen bei ihrem Eintreffen in der Wirtsstube in Windeseile aufgetischt hatte. „Du hast den Dorfältesten echt beeindruckt.“
„ Beeindruckt ist hier wohl kaum das treffende Wort“, mahnte Jenna ihn und warf einen verunsicherten Blick über ihre Schulter auf den Wirt, der mit zittrigen Fingern gerade ein paar Becher und Teller in einem großen Eimer abwusch und sie beide nicht aus den Augen zu lassen schien.
„Eher zu Tode geängstigt“, setzte sie ein wenig leiser hinzu, als sie sich wieder zu ihm umgewandt hatte. Sie seufzte tief, ergriff den Holzlöffel in ihrem Teller Suppe und rührte ein wenig darin herum. „So was mache ich normalerweise nicht.“
„Ich weiß“, erwiderte Leon und legte eine Hand auf die ihre. „Du hattest einfach keine Nerven mehr. Was aus meiner Sicht sehr verständlich ist, nach all der Zeit des ziellosen Herumirrens in den Wäldern.“
„Wir sind erst seit einer Woche wieder unterwegs, Leon“, erinnerte sie ihn bedrückt. „Eigentlich hätten wir nach der angenehmen Zeit am Hof von Alentara weitaus länger durchhalten müssen. Wir waren doch so gestärkt und ausgeruht!“
Er zuckte die Schultern. „Vielleicht ist das ja gerade der Grund, warum wir so schnell wieder schlapp gemacht haben.“
„Wie meinst du das?“
„Na, vielleicht hat uns das bequeme Hofleben weich und zimperlich gemacht. Wir müssen uns erst wieder daran gewöhnen, nicht jede Nacht in einem Bett zu schlafen und dreimal am Tag die schönsten und reichhaltigsten Speisen serviert zu bekommen.“
Jenna stieß ein amüsiertes Glucksen aus. „Gut möglich. Aber dann ist es umso schlimmer, dass ich andere für meine Verweichlichung habe büßen lassen!“
„Ach was!“ Leon machte eine wegwerfende Handbewegung. „Die hatten das nicht anders verdient. Was glaubst du, was die gemacht hätten, wenn du deine ‚Magie‘ nicht eingesetzt hättest?“
Auf Jennas sonst so glatter Stirn bildeten sich ein paar Falten. „Uns nicht in ihr Dorf gelassen?“ schlug sie vor.
Leon schüttelte den Kopf, nicht nur um ihre Frage zu verneinen, sondern auch über ihre Naivität. „Wie oft muss ich dir das noch sagen, Jenna? Die meisten Menschen in Falaysia sind nicht so edel und gut wie du. Zum Beispiel werden gerade hier, in den bergigen Gegenden, Frauen geraubt und verschleppt, weil es zu wenige gibt, die dieses harte Leben ertragen wollen. Frauen sichern den Fortbestand einer jeden Gemeinschaft und wenn man sie nicht auf friedliche, anständige Weise für diese gewinnen kann, holt man sie sich halt mit Gewalt. Es gibt sogar Menschen, die ihren Lebensunterhalt damit verdienen, Frauen zu entführen und in entlegenen Dörfern zu verkaufen.“
Jenna starrte ihn nur mit offenem Mund und großen Augen an.
„Solange die Leute hier jedoch furchtbare Angst vor dir haben“, fuhr Leon fort, „werden sie nicht versuchen, dich einzubehalten.
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