Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
waren sie überhaupt? Auf jeden Fall zu weit, um die Strecke auf natürliche Art und Weise zurückzulegen. Sie musste grinsen. ‚Natürliche Weise‘… Es gab hier wohl kaum eine Rakete, mit der man sie auf den Weg nach Hause bringen konnte. Aber möglichweise kam ja ein netter Außerirdischer vorbei, der sie und Leon freundlicherweise mit seinem Raumschiff mitnahm. Sie lachte leise. Es musste ohne Frage ein sehr schöner Außerirdischer sein, der den Menschen ähnlich sah. Er würde sich dann unsterblich in sie verlieben, sie mit seinen hellen, katzenhaften Augen ansehen und … Shit! Wo kam das Bild von Marek denn auf einmal her?! Hatte sie das immer noch nicht im Griff? Dabei hatte sie sich doch geschworen, ihr leichtes Stockholmsyndrom zu überwinden, nicht mehr an ihn zu denken und schon gar nicht von ihm zu fantasieren! Sie konnte froh sein, dass sie ihn fürs erste los war und ihren Leon wiederhatte. Genau! Leon war der bessere Mensch, die bessere Wahl, wenn es darum ginge … Aber darum ging es ja nicht – verdammt noch mal!
Jenna stieß einen leisen Fluch aus und schüttelte den Kopf über sich selbst. Warum nur konnte sie nie ihre Gefühle aus den Beziehungen zu den Menschen um sich herum herauslassen? Warum nur musste sie immer und für jeden etwas empfinden? Und wenn es nur Mitleid war … Das brachte sie doch nur in Schwierigkeiten.
Draußen vor der Tür ertönten Geräusche: Das Knarren der Holztreppe, Schritte. Leon kam zurück. Er war noch einmal nach unten in die Stube gegangen, um mit ihrem Wirt zu sprechen. Ihnen beiden war der Gedanke gekommen, die Leute hier nach Kychona zu fragen. Immerhin hatten sie ja ziemliche Angst vor Magie und Hexen, was vielleicht hieß, dass sie schon einmal einer begegnet waren. Schaden konnte es ja nicht. Ihr beider Ruf war nach ihrem grandiosen Auftritt ohnehin ruiniert.
Die Tür öffnete sich und Leon betrat das Zimmer auf leisen Sohlen. Er glaubte offenbar, dass sie schon schlief. Viel konnte er nicht erkennen, da der Mond, der sein warmes Licht durch das Fenster warf, derzeit die einzige Lichtquelle im Raum war.
„Ich bin wach“, sagte sie sanft. Dennoch zuckte Leon ein wenig zusammen.
„Oh“, sagte er nur und seine Körperhaltung entspannte sich sichtbar.
„Was hast du herausgefunden?“ wollte sie wissen und setzte sich etwas mehr auf.
Leon ergriff den Stuhl, der an einem kleinen Tisch in einer Ecke stand, und stellte ihn neben das Bett. Dann setzte er sich. Jenna rutschte sofort näher an ihn heran. Ihr Herz schlug ein wenig schneller, denn es sah ganz danach aus, als würde es eine längere Antwort auf ihre Frage geben. Das war doch schon mal ein gutes Zeichen!
Leon holte tief Luft. „Also, die Dorfbewohner hier hatten noch nie direkten Kontakt zu einer Hexe – du bist ihre erste.“
„Ha ha“, machte Jenna nur. Sie war enttäuscht, doch Leon hob sofort den Zeigefinger.
„ Aber es gibt ein paar gruselige Geschichten über eine Hexe, die in den Wäldern Piladomas ihr Unwesen treiben soll.“
„Gruselige Geschichten?“ Jenna runzelte argwöhnisch die Stirn.
„Na die üblichen Märchen halt: Tänze ums Feuer mit eigenartigen Gesängen, verschwundene Kinder und damit zusammenhängender Kannibalismus, Flüche, die andere Menschen ins Verderben gestürzt haben und so weiter …“
„Lass mich raten: Sie hat einen Buckel und ist furchtbar hässlich“, fügte Jenna genervt hinzu.
„Ganz genau. Und sie soll an die hundertfünfzig Jahre alt sein.“
„Das würde allerdings wieder passen“, überlegte Jenna. „Gab es sonst noch etwas, das uns vielleicht auch weiterhelfen könnte?“
„Es gibt hier einen Berg, den die Menschen meiden wie die Pest“, erklärte Leon und nun machte er einen sehr ernsthaften Eindruck. „Man nennt ihn Tschikomp – der verfluchte Berg – weil dort allerlei dämonische Kreaturen ihr Unwesen treiben sollen …“
„… und somit eventuell auch unsere Hexe?“ beendete Jenna seinen Satz und als er nickte, machte ihr Herz einen kleinen Freudenhüpfer. „Wo genau ist dieser Berg?“
Leon griff in die Innenseite seiner Tunika und holte die Landkarte hervor, die Alentara ihnen großzügiger Weise überlassen hatte – wohl gemerkt: nicht geschenkt. Sie hatte lächelnd angemerkt, sie wolle sie eines Tages gerne zurückerhalten und zwar von niemand anderem als Jenna selbst – was Jenna daran band, zumindest für eine kurze Zeit zurück an ihren Hof zu kehren.
Ihr Freund stand nun auf und setzte sich zu ihr
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