Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
Also sei froh, dass das so ist.“
Er tunkte sein Brot in die Suppe, steckte es sich in den Mund und kaute genießerisch darauf herum. Manchmal war es erstaunlich, welch winzige Dinge einen wenigstens für kurze Zeit absolut zufrieden machen konnten. Da störte ihn noch nicht einmal Jennas fassungsloses Gesicht.
„Das ist …“, begann sie aufgebracht, brach dann aber ab, schüttelte den Kopf und griff ebenfalls nach einem der großen Stücke Brot, die vor ihnen in einer Holzschale lagen. Die neuen Erkenntnisse brachten anscheinend ihren Hunger zurück, den sie über ihr schlechtes Gewissen völlig vergessen hatte. Jetzt würde es sehr viel leichter werden, sich zu nehmen, was sie für die nächsten Tage brauchten. Keine ewigen Diskussionen um ‚Anstand‘ und ‚Rücksicht‘ mehr. Prima! Denn das war das Letzte, was sie brauchten.
Es war schwer gewesen, das sichere und ihnen in den letzten Wochen so heimisch gewordene Schloss vor einer Woche zu verlassen. Sowohl Jenna als auch ihm selbst war klar gewesen, dass damit wieder entbehrungsreichere und gefährlichere Zeiten auf sie zukamen. Gleichwohl hatten sie auch nicht noch länger bleiben können. Alentara hatte sich zwar als äußerst umgängliche und hilfsbereite Gastgeberin gezeigt, doch Leon hatte immer das Gefühl gehabt, dass sie sich zurückhielt, nicht zeigte, wer sie wirklich war und was sie in Wahrheit wollte. Daher hatte er sich nie völlig sicher gefühlt – sicherer als an den meisten Orten in Falaysia, aber nicht völlig sicher und mit diesem Gefühl war er nie allein gewesen.
Auch Jenna hatte der Königin bis zum Schluss nie richtig vertraut, obwohl sie sehr viel mehr Zeit mit ihr verbracht hatte als Leon. Die Königin hatte sich oft mit ihr zusammen in ihre Bibliothek zurückgezogen und sie hatten gemeinsam die Geschichte Falaysias und der Zauberei studiert. Am Abend hatte sich Jenna dann meist mit ihm darüber ausgetauscht und sie hatten überlegt, welche Information für sie und ihre Pläne relevant waren und welche man getrost wieder vergessen konnte. Ihr Plan hatte mit jedem Tag, der vergangen war, deutlichere Konturen angenommen und besaß jetzt nicht nur zwei große Hauptziele (nämlich die Steine zu finden und das Tor zu ihrer Welt zu öffnen), sondern auch mehrere Teilziele, von denen eines ausgerechnet hier in den Wäldern Piladomas zu finden war. So wurde es zumindest in einem der großen alten Bücher über die Entstehung und den Zerfall des Zirkels der Magier (was immer das auch war) behauptet. Hier in den Wäldern Piladomas sollte sich eines der letzten ehemaligen Mitglieder dieses einst so mächtigen Zirkels verstecken: Die Zauberin Kychona.
Es knarrte laut, weil Jenna sich soeben in ihrem Stuhl zurücklehnte und die Beine unter dem Tisch von sich streckte, sodass sie Leon beinahe gegen das Schienenbein trat – beinahe, denn er wich ihr rasch aus.
Sie hatte aufgegessen und machte nun einen sehr viel entspannteren und zufriedeneren Eindruck als zuvor. „Und nun?“ fragte sie ihn.
Er runzelte die Stirn. „Was nun?“
„Was machen wir morgen, wenn wir ausgeschlafen und uns mit Proviant für die Weiterreise eingedeckt haben?“ half sie ihm.
„Ähm … also …“ Er zuckte etwas hilflos die Schultern. „Weiter suchen? Oder hast du eine bessere Idee?“
Sie atmete hörbar schwer aus. „Nein, leider nicht“, erwiderte sie betrübt. „Ich hab mir das alles nicht so schwierig vorgestellt.“
„Nein?“ Er musste schmunzeln. „Ich hab dir ja gesagt, dass der Wald riesig ist, und es ist ja nicht so, dass wir eine Art Adresse hätten …“
„Und einen Navi, der uns dorthin lotst“, setzte sie ebenfalls schmunzelnd hinzu.
„Einen was?“
Sie sah ihn erstaunt an. „Du weißt, nicht was ein … oh ja – du bist ja schon so lange hier.“
„Wieder was, was ich verpasst hab?“ erkundigte sich Leon deprimiert. Jenna hatte ihm in den letzten Wochen eine ganze Menge über die moderne Welt erzählt und er war aus dem Staunen kaum noch herausgekommen. Es war unglaublich, was sich in einem Zeitraum von zehn Jahren alles entwickeln und verändern konnte und er hatte irgendwann das Gefühl gehabt, dass er uralt war und in eine solche Welt eigentlich gar nicht mehr hineinpasste. Es hatte ihn traurig gemacht, obwohl Jenna ihm versichert hatte, dass er sich ganz schnell an alles gewöhnen würde, wenn sie erst wieder zuhause waren. Es war nicht schön, zu wissen, dass man so viel verpasst hatte.
„Es tut mir leid“,
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