Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
gegangen war, seine Augen mit einer Hand vor der Sonne abschirmend. Er und die stärksten Männer des Dorfes taten dies immer, wenn sich Fremde ihren Häusern näherten. So konnten sie allzu üble Gesellen bereits vor dem Schutzzaun zum Teufel schicken. Probleme gab es immer nur bei bewaffneten Männern, die von diesen auch gern Gebrauch machten. Meist verzogen sie sich nur wegen der augenscheinlichen Überzahl an mit langen Messern, Forken und Spießen bewaffneten Dorfbewohnern und deren Entschlossenheit, sich sofort in den Kampf zu werfen und ihre Gemeinschaft mit ihrem Leben zu verteidigen.
Soweit Aroom erkennen konnte, war nur einer der Männer, die da hoch zu Ross auf sie zukamen, bewaffnet. Er trug ein Schwert an seiner Seite, machte aber nicht den Eindruck, als plane er dieses sofort zu benutzen. Da Aroom jedoch wusste, dass man sich in dieser Hinsicht durchaus täuschen konnte, machte er seine Kameraden lieber gleich darauf aufmerksam. Dann musterte er die Fremden weiter.
Sie waren jetzt so nah, dass er auch ihre Gesichter und Staturen besser erkennen konnte. Es waren zwei junge Männer, wobei der unbewaffnete vermutlich eher noch ein Knabe war. Er besaß sehr weiche, fast weibliche Gesichtszüge, die durch sein langes Haar, das ihm fast bis zur Taille über die Brust fiel, noch besonders betont wurden. Auch war er für einen Mann recht schmalschulterig. Aber er war ein Junge – eindeutig – trug er doch Männerkleidung und saß breitbeinig auf seinem Pferd wie ein Mann. Die meisten Frauen konnten gar nicht reiten. Zumindest nicht die, die Aroom kannte. Von den Kriegerinnen im wilden Drachenland hatte er bisher nur gehört, hatte nie ein solches Mannsweib selbst gesehen. Und eigentlich war er auch dankbar dafür.
Der andere Fremde war eine recht stattliche Erscheinung: Schlank, von gutem Wuchs, beinahe athletisch. Ein klares, sanftes Männergesicht, dem ein leichter Bartwuchs eine etwas kernigere Ausstrahlung verschaffte. Er lächelte, als sie ihre Pferde in respektvollem Abstand zu Aroom und seinen Begleitern zügelten, und nickte ihm freundlich zu. Dann sprang er leichtfüßig von Pferd und ging auf die kleine Gruppe Dorfbewohner zu. Der Knabe stieg ebenfalls ab, blieb allerdings bei den Pferden und musterte Aroom argwöhnisch. Ihm schien der Aufmarsch vor dem Dorf nicht zu gefallen.
„Seid gegrüßt“, sagte der ältere der beiden Reisenden mit einem erneuten Kopfnicken.
Aroom erwiderte den Gruß nur knapp. Er hielt nichts von derlei Höflichkeitsfloskeln. „Was wollt ihr?“ fragte er gerade heraus.
Der Fremde schmunzelte. „Ihr kommt schnell auf den Punkt“, stellte er fest.
Arooms Gesicht blieb unbewegt. Mit falscher Freundlichkeit erreichte man im Leben wenig. Ihr Dorf wollte keine Fremden. Je eher das dieser Mann verstand, desto besser.
„Gut“, meinte der Fremde nun und gab seinem Kameraden einen Wink. Der Junge ergriff die Zügel beider Pferde und gesellte sich nun doch zu ihnen. Arooms Begleiter hoben sofort ihre Waffen.
„Ganz ruhig bleiben“, meinte der ältere Fremde und hob beschwichtigend die Hände. „Wir sind keine Feinde und wollen bestimmt keinen Ärger machen.“
„Was wollt ihr dann?“ erkundigte sich Aroom frostig.
„Wir ziehen jetzt schon seit fünf Tagen durch die Wälder dieses Landes“, erklärte der Mann. „Dies ist das erste Dorf, auf das wir treffen …“ Er holte tief Luft. „Wir brauchen dringend einen Ort, an dem wir uns ausruhen und stärken können – wenigstens für eine Nacht. Wir würden auch gut dafür bezahlen.“
„Fünf Tage?“ wiederholte Aroom ungläubig. „Ihr habt fünf Tage und Nächte in den Wäldern verbracht?“
Der Fremde nickte. Aroom musterte ihn zweifelnd. Dann schüttelte er den Kopf.
„Niemals! Dann würdet ihr nicht so aussehen. Die meisten Menschen, die so lange Zeit in diesen verfluchten Wäldern verbringen, werden verrückt oder sterben sogar. Und wenn sie es überleben, sehen sie auf keinen Fall so aus wie ihr!“
„Wollt Ihr mir unterstellen, dass ich lüge?“ fragte der Mann mit einem nunmehr recht falschen Lächeln. Das schien ihn wahrlich zu ärgern.
Aroom dachte einen Moment nach. Ein Mann mit einem Schwert gegen sechs Männer, bewaffnet mit Spießen und Forken. Ein Krieger konnte bei einem solchen Kampf noch unverletzt davonkommen – aber dieser Mann war kein Krieger. Aroom grinste.
„Ja, genau das will ich damit sagen.“
Zu seiner Überraschung machte nun der andere Bursche einen Schritt auf ihn
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