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Falken: Roman (German Edition)

Falken: Roman (German Edition)

Titel: Falken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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die gleichen Punkte immer aufs Neue wiederholt, statt den Streit auf ein neues Terrain zu bringen. Er braucht neue Formulierungen … Henry stapft hinter ihm herum. »Majestät, der kaiserliche Botschafter Chapuys fragt nach, ob er aufs Land reiten und Ihre Tochter besuchen darf, Lady Mary?«
    »Nein«, sagt Henry.
    Er schreibt Chapuys: Warten Sie, warten Sie, bis ich wieder in London bin und wir alles arrangieren …
    Kein Wort vom König: nur Atmen, Schritte und das Knarzen eines Schrankes, gegen den er sich lehnt.
    »Majestät, ich höre, dass der Lord Mayor von London kaum sein Haus verlässt, so sehr leidet er unter seiner Migräne.«
    »Hmm?«, sagt Henry.
    »Sie lassen ihn zur Ader. Würde Ihre Majestät dazu raten?«
    Eine Pause. Henry konzentriert sich mit einiger Anstrengung auf ihn. »Ihn zur Ader lassen, Entschuldigung, weswegen?«
    Das ist merkwürdig. So sehr er Nachrichten von der Pest hasst, genießt Henry es doch, von den kleineren Leiden anderer Leute zu hören. Gib zu, dass du einen Schnupfen oder eine Kolik hast, und er mischt dir persönlich einen Kräutertrank und sieht zu, wie du ihn trinkst.
    Er legt die Feder zur Seite. Dreht sich, um seinen Monarchen anzusehen. Es ist klar, dass Henry mit den Gedanken immer noch hinten im Garten ist. Der König trägt einen Ausdruck auf dem Gesicht, den er, Cromwell, schon gesehen hat, bei Tieren, nicht bei Menschen. Henry wirkt benommen wie ein Kalb, das vom Metzger einen Schlag auf den Kopf bekommen hat.
    Es soll ihre letzte Nacht in Wolf Hall sein. Er kommt sehr früh nach unten, den Arm voller Papiere. Jemand war noch früher als er. Stocksteif steht sie in der großen Diele, ein blasser Umriss im milchigen Licht, Jane Seymour in ihrem steifen Putz. Sie dreht nicht den Kopf, um ihn zu grüßen, sondern sieht ihn nur aus dem Augenwinkel an.
    Sollte er Gefühle für sie gehabt haben, kann er keine Spur mehr davon finden. Die Monate fliegen dahin wie ein Wirbel Herbstblätter, der auf den Winter zujagt. Der Sommer ist vorbei, Thomas Mores Tochter hat den Kopf des Getöteten von der London Bridge geholt, bewahrt ihn auf, Gott weiß wo, in einer Schüssel oder einem Becken, und betet zu ihm. Er ist nicht der Mann, der er im letzten Jahr war, und er bestätigt die Gefühle dieses Mannes nicht. Er fängt neu an, hat immer neue Gedanken, immer neue Gefühle. Jane, beginnt er, Sie werden Ihr bestes Kleid wieder ausziehen können. Werden Sie glücklich sein, uns weiterziehen zu sehen …?
    Jane blickt nach vorn, wie eine Wache. Die Wolken sind über Nacht davongeweht worden. Wir könnten einen weiteren schönen Tag bekommen. Die frühe Sonne berührt die Felder, rosig. Nächtlicher Dunst löst sich auf. Die Formen der Bäume festigen sich schwimmend in ihren Einzelheiten. Das Haus erwacht. Im Freien stehende Pferde scharren und wiehern. Hinten schlägt eine Tür. Über ihnen knarren Schritte. Jane scheint kaum zu atmen. Kein Heben und Senken ihrer flachen Brust ist erkennbar. Er hat das Gefühl, er sollte rückwärts gehen, sich zurückziehen, zurück in die Nacht verschwinden und ihr den Moment überlassen, den sie beherrscht: den Blick hinaus nach England gerichtet.

II
    Krähen
    London und Kimbolton, Herbst 1535
    Stephen Gardiner! Kommt herein, als er hinausgeht, schreitet auf das Gemach des Königs zu, einen Folianten unter dem Arm, der andere, freie Arm schwingt durch die Luft. Gardiner, Bischof von Winchester: bläst heran wie ein Gewittersturm, als wir ausnahmsweise einmal einen schönen Tag haben.
    Wenn Stephen in einen Raum kommt, weichen die Möbel vor ihm zurück. Stühle rücken nach hinten, Hocker ziehen sich zusammen wie pinkelnde Hündinnen, und die wollenen biblischen Figuren auf den Wandteppichen des Königs heben die Hände, um sich die Ohren zuzuhalten.
    Bei Hofe könnte man mit ihm rechnen. Seine Ankunft vorausahnen. Aber hier? Während wir noch durchs Land jagen und es (in Gedanken) ruhig angehen lassen? »Was für ein Vergnügen, Mylord Bischof«, sagt er. »Es erfreut mein Herz, Sie in so guter Verfassung zu sehen. Der Hof wird bald nach Winchester ziehen, und ich hatte nicht gedacht, schon vorher in den Genuss Ihrer Gesellschaft zu kommen.«
    »Ich habe Ihnen eins ausgewischt, Cromwell.«
    »Befinden wir uns im Krieg?«
    Das Gesicht des Bischofs sagt: Sie wissen, dass wir das tun. »Sie waren es, der mich verbannt hat.«
    »Ich? Denken Sie das nicht, Stephen. Jeden Tag habe ich Sie vermisst. Im Übrigen wurden Sie nicht verbannt, sondern

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