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Falken: Roman (German Edition)

Falken: Roman (German Edition)

Titel: Falken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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einen Fremden, einen Gaffer vor seinem eigenen Tor.
    Sie wollen gerade in den Hof reiten, als er sagt: Wartet. Ein fahles Gesicht taucht an seiner Seite auf. Ein kleiner Mann hat sich durch die Menge geschlichen und greift nach seinem Steigbügel. Der Mann weint und ist so offensichtlich harmlos, dass niemand Hand an ihn legt. Nur er, Cromwell, spürt, wie sich die Haare in seinem Nacken aufstellen: So gerätst du in eine Falle, deine Aufmerksamkeit wird durch ein inszeniertes Ereignis abgelenkt, während sich der Mörder von hinten mit dem Messer nähert. Aber seine bewaffneten Männer bilden eine Wand hinter ihm, und dieser arme Kerl zittert so sehr, dass er sich, zöge er ein Messer hervor, höchstens die eigenen Knie schälen würde. Er beugt sich zu ihm hinab. »Kenne ich dich? Ich habe dich hier schon gesehen.«
    Tränen rinnen dem Mann übers Gesicht. Er scheint keine Zähne zu haben, was jeden mitnehmen würde. »Gott segne Sie, Mylord. Dass Er Sie schätze und Ihren Wohlstand mehre.«
    »Oh, das tut er.« Er ist es leid, den Leuten zu erklären, dass er nicht ihr Lord ist.
    »Nehmen Sie mich auf«, bettelt der Mann. »Ich bin in Lumpen, wie Sie sehen. Ich werde bei den Hunden schlafen, wenn Sie wollen.«
    »Das könnten die Hunde nicht wollen.«
    Einer seiner Begleiter mischt sich ein: »Soll ich ihn wegschaffen, Sir?«
    Darauf bricht der Mann erneut in Tränen aus. »Still jetzt«, sagt er wie zu einem Kind. Das Lamento wird darauf nur schlimmer, und die Tränen schießen hervor, als hätte der Mann eine Pumpe hinter der Nase. Vielleicht hat er sich die Zähne aus dem Kopf geheult? Ist das möglich?
    »Ich bin ohne Master«, schluchzt die arme Kreatur. »Mein lieber Herr wurde bei einer Explosion getötet.«
    »Gott, vergib uns, bei was für einer Explosion?« Seine Aufmerksamkeit ist geweckt: Verschwenden die Leute Schießpulver? Das brauchen wir vielleicht, wenn der Kaiser kommt.
    Der Mann wiegt sich vor und zurück, die Arme vor der Brust verschränkt. Seine Beine scheinen ihm den Dienst versagen zu wollen. Er, Cromwell, beugt sich vor und packt ihn beim ausgebeulten Wams. Er will nicht, dass der Kerl auf dem Boden herumrollt und die Pferde verschreckt. »Steh gerade. Sag deinen Namen.«
    Ein ersticktes Schluchzen: »Anthony.«
    »Was kannst du noch, außer zu heulen?«
    »Wenn es Ihnen gefällt, man hat mich sehr geschätzt als … ach!« Er bricht völlig zusammen, am Boden zerstört, wankt.
    »Vor der Explosion«, sagt er geduldig. »Was hast du da gemacht? Den Obstgarten gewässert? Den Abtritt gesäubert?«
    »Ach je«, schluchzt der Mann. »Nichts von alledem. Nichts so Nützliches.« Seine Brust hebt sich. »Ich war Spaßmacher, Sir.«
    Er lässt das Wams los, starrt den Mann an und beginnt zu lachen. Ein ungläubiges Kichern erfasst die Menge. Seine Begleiter wiegen sich glucksend in ihren Sätteln.
    Der kleine Mann scheint aufzufahren. Er findet sein Gleichgewicht wieder und sieht zu ihm auf. Seine Wangen sind völlig trocken, und ein schlitzohriges Lächeln hat den Ausdruck der Verzweiflung vertrieben. »Also«, sagt er, »komme ich mit hinein?«
    Jetzt, da die Festtage nahen, unterhält Anthony den mit offenem Mund staunenden Haushalt mit Schreckgeschichten, die Bekannten von ihm um die Weihnachtszeit widerfahren sind: von Gastwirten, die ihre Gäste angegriffen, Ställen, die zu brennen begonnen haben, Vieh, das sich über die Berge davongemacht hat. Er gibt Männern und Frauen verschiedene Stimmen, lässt Hunde frech mit ihren Herren reden und kann Botschafter Chapuys und alle anderen nachmachen, die du ihm nennst. »Machst du auch mich nach?«, fragt er.
    »Sie missgönnen mir die Möglichkeit«, sagt Anthony. »Ein Mann wie ich würde sich einen Master wünschen, der die Worte im Mund rollt, sich ständig bekreuzigt und ›Jesses Maria!‹ ruft, grinst oder die Stirn in Falten legt, ganz zu schweigen von seinem nervösen Zucken. Aber nichts, und Sie summen auch nicht, scharren nicht mit den Füßen oder drehen Däumchen.«
    »Mein Vater war fürchterlich jähzornig. So habe ich als Kind gelernt, ruhig zu sein. Wenn er mich bemerkte, hat er mich geschlagen.«
    »Und was da drinnen vorgeht …« Anthony sieht ihm in die Augen und tippt ihm auf die Stirn. »Wer weiß das schon? Da könnte ich genauso gut einen Fensterladen nachmachen. Ein Brett ist ausdrucksstärker. Ein Wasserfass.«
    »Ich verschaffe dir eine interessante Person, wenn du einen neuen Master willst.«
    »Nein, nein. Ich

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