Falken: Roman (German Edition)
brach. Es geht so schnell.«
»Was ist mit ihr geschehen?«
Er sagt sanft: »Wir konnten sie nicht heilen.« Er sieht zur Närrin hinüber. Sie sitzt grinsend in der Ecke und reißt die Fäuste auseinander, als brächen sie etwas entzwei. Warum behält Anne diese Kreatur, die in ein Hospital gebracht werden sollte? Anne reibt sich die Wangen mit den Fingerknöcheln wie ein kleines Mädchen, all die feinen französischen Manieren sind vergessen. »Was gibt es Neues aus Kimbolton?« Sie holt ein Taschentuch hervor und putzt sich die Nase. »Es heißt, Katherine könnte noch ein halbes Jahr leben.«
Er weiß nicht, was er ihr erwidern soll. Vielleicht will sie, dass er einen Mann nach Kimbolton schickt, der Katherine aus dem Fenster stößt?
»Der französische Botschafter beschwert sich, er sei zwei Mal zu Ihnen gekommen, und Sie hätten ihn nicht vorgelassen.«
»Ich war beschäftigt.« Er zuckt mit den Schultern.
»Mit?«
»Ich war im Garten und habe Bowls gespielt. Ja, zwei Mal. Ich übe ständig, denn wenn ich ein Spiel verliere, bin ich den ganzen Tag wütend und suche nach Papisten, die ich treten kann.«
Früher einmal hätte Anne gelacht. Heute nicht. »Mir selbst ist dieser Botschafter nicht weiter wichtig. Er bringt mir nicht die Achtung entgegen, wie es der letzte Gesandte getan hat, dennoch müssen Sie vorsichtig sein. Erweisen Sie ihm die nötige Ehre, es ist allein König François, der uns den Papst von der Kehle hält.«
Farnese als Wolf. Fauchend und Blut sabbernd. Er ist nicht sicher, ob sie in der Verfassung ist, mit sich reden zu lassen, aber er wird es versuchen. »François hilft uns nicht, weil er uns liebt.«
»Ich weiß.« Sie breitet ihr nasses Taschentuch aus und sucht nach einer trockenen Stelle. »Aus Liebe zu mir schon gar nicht. So eine Närrin bin ich nicht, das zu glauben.«
»Er tut es, weil er nicht will, dass uns Kaiser Karl überrennt und sich zum Herrscher der Welt macht. Und ihm gefällt die Exkommunikation nicht. Es gefällt ihm nicht, dass der Bischof von Rom oder sonst ein Priester sich dazu aufschwingt, einem König sein Land abzuerkennen. Ich wünschte, Frankreich würde sein eigenes Interesse erkennen. Es ist schade, dass ihm kein berufener Mann die Vorteile erläutert, die es mit sich bringt, so zu handeln wie unser oberster Lord und die Oberherrschaft seiner eigenen Kirche zu übernehmen.«
»Es gibt nun mal keine zwei Cremuels.« Ihr gelingt ein säuerliches Lächeln.
Er wartet. Weiß sie nicht, wie sie die Franzosen heute sehen? Sie glauben nicht länger, dass sie Henry beeinflussen kann. Sie glauben, ihre Macht ist zerronnen, und wenn auch ganz England geschworen hat, ihre Kinder anzuerkennen, glaubt doch im Ausland niemand, dass die kleine Elizabeth auf den Thron kommt, sollte Anne Henry keinen Sohn schenken. Wie der französische Botschafter bei ihrem letzten Treffen sagte (das letzte Mal, als er ihn hereingelassen hat): Wenn zwischen zwei Frauen zu wählen ist, warum dann nicht die ältere nehmen? Wenn in Mary auch spanisches But fließt, ist es doch wenigstens fürstlich. Und sie kann aufrecht gehen und weiß ihr Gedärm zu kontrollieren.
Die Kreatur, die Zwergin, kommt auf dem Hintern aus der Ecke gerutscht und zieht ihre Herrin am Rock. »Lass mich in Ruhe, Mary«, sagt Anne. Sie lacht, als sie seinen Gesichtsausdruck sieht. »Wussten Sie nicht, dass ich meine Närrin habe umtaufen lassen? Die Tochter des Königs ist auch fast eine Zwergin, oder etwa nicht? Sogar noch kleiner als ihre Mutter. Den Franzosen würde es einen Schreck einjagen, sie zu sehen, schon ein kurzer Blick, denke ich, würde sie ihre Absichten ändern lassen. Oh, ich weiß, Cremuel, ich weiß, was sie hinter meinem Rücken alles versuchen. Sie haben meinen Bruder immer wieder zu Gesprächen gerufen, doch es ging ihnen nie um eine Ehe mit Elizabeth.« Ah, denkt er, endlich begreift sie es. »Sie wollen eine Verbindung des Dauphins mit dem spanischen Bastard. Die ganze Zeit schon lächeln sie mir ins Gesicht und schmieden hinter meinem Rücken Ränke. Sie, Cremuel, wussten das und haben es mir nicht gesagt.«
»Madam«, murmelt er. »Ich habe es versucht.«
»Es ist, als gäbe es mich nicht. Als wäre meine Tochter nie geboren worden. Als wäre Katherine noch Königin.« Ihre Stimme wird schärfer. »Ich stehe das nicht durch.«
Was willst du also tun? Mit dem nächsten Atemzug erklärt sie ihm: »Ich habe mir etwas überlegt. Mit Mary.« Er wartet. »Vielleicht besuche ich
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