Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkengrund Nr. 30

Falkengrund Nr. 30

Titel: Falkengrund Nr. 30 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
Vom Netzwerk:
konnte ihn nichts täuschen, absolut nichts.
    „Ich denke, dass Herr Löwe seinen Vater auf dem Gewissen hat, können wir ausschließen. Eine solche Tat ist einem … einem Menschen wie ihm nicht zuzutrauen. Herr Löwe Senior muss sein Leben auf andere Weise verloren haben.“ Demonstrativ ließ er seine Blicke zwischen zwei der Anwesenden hin und her pendeln: Traude Gunkel und Dr. Konzelmann. Sie saßen weit auseinander und ließen einander nicht aus den Augen.
    „Ich werde Ihnen erklären, wie ich vorgegangen bin. Ich habe versucht, in dieser Schule das Gewöhnliche von dem Ungewöhnlichen zu trennen. Nein, so kann man es nicht sagen, denn alles hier ist ungewöhnlich. Dennoch gibt es Dinge, die zu dem Gesamtbild passen, und andere, die herausragen. Ein Suchbild mit Fehlern, gewissermaßen. Es wird Sie vielleicht interessieren, dass genau drei Personen nicht in das Bild passen, das ich mir von dieser pittoresken kleinen Schule für Okkultes gemacht habe. Diese drei Personen sind unter den hier Anwesenden.“
    Wie er erwartet hatte, sahen sich alle an. Fachinger genoss die Situation und schritt langsam hin und her.
    „Ehe ich beginne, möchte ich mich für Ihre Gastfreundschaft bedanken. Das Mittagessen war vorzüglich.“ Er nickte Ekaterini wohlwollend zu, die ebenfalls auf einem der Stühle saß. „Mit vollem Magen lässt es sich gemütlich kombinieren.“
    „Kommen Sie zur Sache“, knurrte Margarete. Sie saß mit gesenktem Kopf da und wirkte angespannt.
    „Gerne. Ich habe mir also Gedanken über diese Schule gemacht. Alle Schüler, die hier so ungewöhnliche Studien betreiben, interessieren sich aus dem einen oder anderen Grund für das Übernatürliche. Einige waren so freundlich, mir ihre Gründe zu verraten, andere zogen es vor zu schweigen. Das ist in Ordnung. Bei den Gesprächen erhielt ich den Eindruck, dass alle jungen Leute auf Falkengrund gewisse geistige Fähigkeiten aufweisen, die sie befähigen, dem Unterricht zu folgen. Mit einer einzigen Ausnahme.“ Er sah Michael an, und er war nicht der einzige, der das tat.
    „Aber auch unter den Dozenten gab es große Unterschiede. Bei Frau Maus bemerkte ich ein großes Interesse für das Übernatürliche, sowie eine gesellige Veranlagung. Verblüfft war ich über zwei andere Personen aus der Lehrerriege. Beide scheinen ihre Arbeit hier zu verabscheuen, jede auf ihre Weise, die eine aus Prinzip, der andere, weil er sich vor Menschen unwohl fühlt. Ich habe mich gefragt, warum eine Frau, die Schüler wie Kollegen gleichermaßen hasst, sich um eine Stelle auf Falkengrund beworben hat. Finanzielle Gründe scheinen keine Rolle zu spielen – das Honorar ist ausgesprochen niedrig, wie sie mir selbst mehrfach versichert hat. Ähnlich unklar ist mir, weshalb ein sonst zurückgezogen lebender, menschenscheuer Forscher einmal pro Woche (und neuerdings öfter) nach Falkengrund anreist, um im Schweiße seines Angesichts einige Stunden Unterricht zu halten. Auf die geringe Entlohnung ist er nicht angewiesen. Eine besondere Freundschaft zu Herrn Hotten oder sonst jemandem scheint auch nicht zu bestehen. Also stellt sich mir die Frage, was Frau Gunkel und Herr Dr. Konzelmann überhaupt auf Falkengrund zu suchen haben.“
    „Hören Sie!“, meldete sich Werner. „Wir sind sehr dankbar für den Einsatz, den Frau Gunkel und Dr. Konzelmann für unser Institut bringen.“
    „Das bezweifle ich nicht. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass auf Falkengrund ein Student und zwei Dozenten sind, die keinen ersichtlichen Grund für ihre Anwesenheit haben. Und mir übrigens auch keinen glaubhaften nennen konnten.“
    Dr. Konzelmann hatte das Gesicht abgewandt. Traude Gunkel funkelte den Beamten böse an, blieb jedoch stumm. Michael aß einen Apfel und blickte interessiert in die Runde.
    „Es bietet sich natürlich an, die drei Personen Löwe, Gunkel und Konzelmann zu einem Dreieck zu verbinden. Wenn wir annehmen, dass Person A tatsächlich relativ zufällig hier ist, muss man annehmen, dass Personen B und C sich wegen Person A hier aufhalten. Am wenigsten zu einer Absicht fähig scheint Herr Löwe zu sein. Also ist er Person A.“
    Jaqueline Beck erhob sich. „Versuchen Sie uns weiszumachen, dass Frau Gunkel und Dr. Konzelmann nur deshalb Dozenten auf Falkengrund geworden sind, weil Michael hier Student ist?“
    „Gefällt Ihnen die Vorstellung nicht?“
    „Sie kommt … überraschend.“
    „Nur, weil Sie nicht konsequent kombiniert haben. Gut, ich hatte auch etwas Glück.

Weitere Kostenlose Bücher