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Falkengrund Nr. 34

Falkengrund Nr. 34

Titel: Falkengrund Nr. 34 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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vielleicht, weil er befürchtete, er könne unbewusst versuchen, ihn vor seinem Schicksal zu warnen und damit verhindern, dass Hodgson mit 40 Jahren ein Opfer des Krieges wurde. Er hatte sich geschworen, nicht in den Lauf der Geschichte einzugreifen.
    Stattdessen war er neugierig auf Hodgsons literarische Figur Carnacki. Er hatte die Episoden oft genug gelesen, um die Adresse des Geisterdetektivs unauslöschlich im Gedächtnis zu tragen. Es war der Cheyne Walk 472 im Londoner Stadtteil Chelsea.
    Beim Cheyne Walk handelte es sich um eine malerische Uferstraße an der Themse. Dort standen prachtvolle alte Gebäude aus dem letzten Jahrhundert, und Sir Darren wusste, dass die meisten von ihnen noch hundert Jahre später dort zu bewundern sein würden. Während andere Teile Chelseas eher von Schmutz und Lärm geprägt wurden, war der Cheyne Walk ein Stück London, wie man es sich charmanter kaum vorstellen konnte. Von den Fenstern der stolzen Villen aus konnte man den Schiffen auf der Themse nachsehen, auch wenn das Panorama in den letzten Jahrzehnten nicht mehr ganz so anmutig sein mochte – durch den Bau des riesigen Uferdamms hatte die Gegend an Reiz verloren. Die Straße war belebt, voller Kutschen und Passanten, die Stimmung ausgelassen. Noch spürte man nichts vom Herannahen des ersten Weltkriegs.
    In dieser Straße hatten viele wichtige Persönlichkeiten gewohnt, Schriftsteller, Politiker und andere. Sir Darren kam an der Nr. 48 vorüber. In einigen Jahrzehnten würde hier Mick Jagger wohnen, und einige Häuser weiter Keith Richards. Sir Darren würde darauf achten, dass er dann nicht mehr hier war …
    Zunächst sah es so aus, als würde sich die Suche nach Carnacki so schnell erledigen wie jene nach dessen Kollegen Holmes, denn die Hausnummern endeten bei 128. Doch dann wurde der Dozent auf ein paar Gebäude aufmerksam, die etwas abseits standen. Welche Laune dafür verantwortlich war, dass der zuständige Beamte diesen dunklen, zurückgezogenen Häusern die Nummern 462 bis 474 gegeben hatte, ließ sich nicht mehr erahnen.
    Fasziniert von seinem unerwarteten Fund trat Sir Darren durch den Vorgarten auf die braune Tür des Gebäudes mit der Nr. 472 zu. Der Garten machte einen sehr dichten, wuchernden Eindruck, ohne vernachlässigt zu sein. Die Tür schien von außergewöhnlicher Schwere, die Fassade lehnte sich leicht nach vorne, als wollte sie über den Besucher, der sich zu weit näherte, hereinbrechen wie eine hohe finstere Welle.
    Auf dem Türschild konnte man die Initialen TC lesen.
    Thomas Carnacki.
    „Unmöglich“, flüsterte Sir Darren. Ein Gefühl der Fremdheit überkam ihn, wie es einen manchmal in Träumen beschleicht. Als wandle man durch eine Welt, in die man nicht gehörte. Seine Hand lag bereits am Türklopfer, ehe sein Verstand noch seine Erlaubnis dazu gegeben hatte.
    Drei kurze Schläge – ein paar Atemzüge des Wartens – dann öffnete ein Mädchen.
    Nein, so jung, wie der erste Eindruck, den sie vor sich herschob, war die Frau, die ihn nun schweigend und etwas gelangweilt ansah, nicht mehr. Die Augen in ihrem glatten, ausnehmend hübschen und ernsten Gesicht waren von feinen Fältchen umkränzt, die langen, brünetten Haare mit grauen Strähnen durchsetzt. Das Braun ihrer Haut wirkte so unentschlossen wie ihre Züge, als sammelten sich Rassen aus allen Ecken des Planeten in ihrem Körper. Sie war klein und schlank, reichte ihm eben bis zur Schulter, und doch hatte sie eine enorme Ausstrahlung.
    „Verzeihen Sie die Störung. Hier wohnt ein … Mr. Thomas Carnacki?“
    „Man sollte es meinen“, antwortete die Frau etwas ruppig. „Allerdings ist er so selten zu Hause, dass man ins Zweifeln kommen könnte.“ Sie trug eine Schürze, deren Flecken sie stolz zur Schau zu stellen schien. „Sie sind nicht angemeldet.“
    Sir Darren stockte der Atem. Hier wohnte tatsächlich jemand, der den Namen des Gesuchten trug! „Das ist richtig. Gestatten Sie mir nur eine kurze Frage … Mr. Carnacki ist nicht zufällig ein … ein …“
    „… ein vielbeschäftigter Mann. Doch, das ist er. Aber wenn Sie Ihre Karte zurücklassen wollen …“
    „Er weilt also gerade nicht im Haus?“
    „Wahrhaftig“, gab sie zurück. „Wie lange, denkt er, werde ich das Essen noch warm halten können, ohne dass ein geschmackloser Brei daraus wird?“
    In diesem Moment spuckte das Treiben der Straße jemanden aus, der in den Vorgarten einbog. Es war ein schlanker Mann um die Vierzig, mit einem hübschen, von roten,

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