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Falkengrund Nr. 34

Falkengrund Nr. 34

Titel: Falkengrund Nr. 34 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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beinahe femininen Lippen geprägten Gesicht. Zur Verblüffung seines Besuchers trug er die lockigen Haare in gepflegter Schulterlänge, was ihn erscheinen ließ wie einen reichen Künstler. So hatte er sich die Figur – die Person! – nicht vorgestellt. Sir Darren schien er erst wahrzunehmen, als er beinahe mit der Nase auf ihn stieß.
    „Oh, entschuldigen Sie, Sir“, brachte er hervor. „Wieder einmal die inneren Lider geschlossen, wenn ich es so ausdrücken darf. Es erstaunt mich stets aufs Neue, dass ich dabei noch nie unter eine Droschke geraten bin – dafür rettete es mir einmal das Leben. Das war im Fall des kriechenden Teppichs .“
    „Keine Ursache“, beteuerte Sir Darren, dem der Mann ein klein wenig geschwätzig vorkam. „Es geziemt sich ohnehin nicht, zur Essenzeit zu stören …“
    „Essenszeit? Ja, jetzt, wo Sie es erwähnen … Noreena, Sie haben doch nicht etwa schon den Lunch fertig?“
    „Schon?“, echote die Frau. „Es ist bereits Teatime, Professor. Ich möchte nicht wissen, was die Nachbarn über uns denken.“
    Der Mann lachte und legte seine fein manikürte Hand auf Sir Darrens Rücken. „Kommen Sie, Sir, wer immer Sie sein mögen. Essen Sie einen Bissen mit mir! Nichts ist mir unangenehmer, als alleine in Noreenas Speisen herumzustochern.“
    „Professor?“, hakte Sir Darren nach.
    „Professor? Aber nein! Noreena nennt mich nur so. Ich bin Thomas Carnacki, kein Doktor, kein Professor, kein Flottenadmiral. Das hier ist Noreena Stryker, meine Gattin.“
    „Ihr Hausmädchen und Ihre Köchin“, verbesserte die Frau mit einem merkwürdig komplizierten Schmunzeln.
    „Richtig“, sagte Carnacki. „Man verwechselt das bisweilen. Wenn man im Hause nichts zu sagen hat, glaubt man gleich, man sei verheiratet.“
    „Mein Name ist Sir Darren Edgar“, stellte sich der Besucher vor, während er sein Gegenüber genau taxierte. „Ich komme gewissermaßen, um zu sehen, ob es Sie gibt. Ich habe viel von Ihnen gehört. Sie sind … okkulter Detektiv?“
    Inzwischen hatte Carnacki ihn ins Innere des Hauses gedrängt. Es war geschmackvoll und nicht ganz billig eingerichtet, doch gleichzeitig auch überfrachtet und dunkel. Der Salon beugte sich unter einer Wagenladung stimmungsvoller Gemälde, die alte Häuser und Ruinen zeigten. Die Farbe Braun beherrschte das Zimmer auf so kompromisslose Weise, dass die Zigarrenkiste auf dem Eichentisch erst beim dritten Hinsehen auffiel.
    „Nehmen Sie sich eine!“, forderte Carnacki ihn auf.
    „Nicht vor dem Mittagessen, nein!“, fuhr Noreena dazwischen, und Sir Darren, der die Hand schon ausgestreckt hatte, zog sie wieder zurück.
    „Wo haben Sie meinen unwürdigen Namen vernommen?“, erkundigte sich Carnacki mit freundlichem Spott. „Gewiss im Zusammenhang mit dem Fall vom brennenden Sessel . Das Interesse der Öffentlichkeit war erstaunlich. Ich musste drei Journalisten erschlagen, um nachts wieder ein Auge zutun zu können.“
    Sir Darren dachte nach. Hatte er es tatsächlich mit dem echten Carnacki zu tun? Nein, die Frage musste anders lauten: Hatte der Carnacki der Erzählungen ein reales Vorbild, das nun vor ihm stand – oder war eine literarische Gestalt Wirklichkeit geworden, wie er dies schon mehrmals erlebt hatte?
    Unwillkürlich verkrampfte er sich innerlich. Was musste er nun sagen? Natürlich konnte er nicht zugeben, Carnacki aus der Belletristik zu kennen. Trotzdem rief er sich eine von Hodgsons Erzählungen ins Gedächtnis. „Die Sache mit dem Ring der Anderson-Familie hat mich sehr beeindruckt. Mit Spiritismus beschäftige ich mich lange und intensiv.“
    „Ein Fachmann?“
    „So könnte man es nennen.“
    „Ich erinnere mich nicht, je von Ihnen gehört zu haben.“ Zum ersten Mal ließ Carnacki eine etwas schroffere Bemerkung fallen. Sie passte nicht zu seinem gastfreundlichen Benehmen bisher. Es missfiel ihm wohl, überhastet einen Kollegen in seine vier Wände eingeladen zu haben. Vielleicht hielt er ihn auch für einen Aufschneider. Jedenfalls ging er abrupt auf Distanz.
    Als sie am Esstisch platzgenommen hatten, erkundigte sich Sir Darren: „Sie müssen meine Neugier entschuldigen, aber … gibt es das Elektrische Pentakel wirklich?“ Er spielte damit auf eine Erfindung an, die in den Geschichten eine zentrale Rolle einnahm.
    „Hm“, machte Carnacki nur und verzog das Gesicht. Jetzt war er verärgert und begann mit seinen Worten zu geizen. Sir Darren fiel ein, dass dieser Mann es nicht liebte, während der Mahlzeiten

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