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Falkengrund Nr. 34

Falkengrund Nr. 34

Titel: Falkengrund Nr. 34 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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über seine Fälle zu sprechen. So zumindest stand es in Hodgsons Erzählungen geschrieben.
    Das Essen wurde aufgetragen. Sir Darren hatte sich durchaus auf einen kulinarischen Genuss eingestellt, denn Miss Strykers Äußeres ließ darauf schließen, dass ihr die Geheimnisse exotischer Küchen nicht ganz fremd sein mochten, und Köchinnen von ihrer herb-arroganten Art waren gewöhnlich mit einem gewissen Talent ausgestattet. Die Speise entpuppte sich jedoch als ein verkochter und versalzener Eintopf mit undefinierbaren Zutaten. Carnacki schlang das Essen mit Todesverachtung hinunter, während Sir Darren nach einigen Löffeln der Köchin gegenüber feststellte, er habe schon zu Mittag gegessen. Die ganze Zeit über sprachen die beiden Männer kein Wort miteinander.
    Nach diesem Mahl war die Zigarre eine Offenbarung. Mit einer Havanna Fonseca hatte er nicht gerechnet. Nach einigen Zügen fand Carnacki seine Sprache wieder, wenn auch die unbeschwerte Leutseligkeit der ersten Minuten unwiederbringlich verloren schien.
    „Sie interessieren sich also nicht für mich, sondern für das Elektrische Pentakel“, meinte er mit einer Giftigkeit, die man ihm kaum zugetraut hätte. „Vermutlich denken Sie sogar daran, es nachzubauen.“
    Wenn Sir Darren darauf mit einem gentlemanhaften Lächeln antwortete, mochte dies an der versöhnenden Wirkung der Zigarre liegen oder daran, dass er sich in dieser undurchschaubaren Situation noch zurückhalten wollte. „Ich arbeite nicht mit technischen Geräten“, erklärte er.
    Carnacki nahm seine Zigarre aus dem Mund und betrachtete sie. „Dann muss ihre Heimat die Vergangenheit sein.“
    „Im Gegenteil“, meinte Sir Darren. „Es ist die Zukunft.“ Die Genugtuung, die er bei diesen Worten empfand, war enorm.
    Den Geisterdetektiv brachte die Aussage zum Lachen. „Die Zukunft ist die Elektrizität. Jedes Kind weiß das heute.“
    „In vielen Bereichen, ja. Aber wenn es um die Geisterwelt geht, setzt sie sich nicht durch.“
    „Oh, sie wird sich durchsetzen.“ Carnacki erhob sich ruckartig und ging im Zimmer umher. „Unser Gespräch schlägt interessante Wege ein. Sie wollen mich nicht bestehlen, sondern mich widerlegen, wie ich sehe. Das ist mehr nach meinem Gusto.“
    „Keines von beiden liegt mir im Sinn.“
    „Nein, nein, keine Ausflüchte mehr! Ich verstehe Sie jetzt gut. Sie kommen des wissenschaftlichen Diskurses wegen.“ Er sah sich eines der Gemälde an, das ein altes Gemäuer an einer Meeresküste zeigte. „Sagen Sie, Sir Darren, hätten Sie etwas dagegen einzuwenden, unser gewiss lehrreiches Gespräch von Anfang an auf den festen Boden der Praxis zu stellen? Es ist gegen meine Gewohnheit, andere an meinen Fällen zu beteiligen, aber mir wurde vor einer Woche etwas zugetragen, was mich seither beschäftigt. Die üblichen Voruntersuchungen habe ich heute abgeschlossen. Als nächster Schritt stünde der Einsatz des Elektrischen Pentakels an. Sie würden mich nicht etwa morgen auf eine kleine Reise begleiten?“
    „Ein Spukhaus?“, erkundigte sich Sir Darren.
    „Nein, ein See. Der Lake Easton, mehr eine größere Pfütze. Mit der Kutsche sind es drei Stunden, zweiundeinhalb, wenn die Pferde frisch sind.“
    „Ein See! Was will er da schon anrichten? Spukhäuser sind es, mit denen er Erfahrung hat.“ Unbemerkt von beiden Männern hatte Noreena wieder den Raum betreten. An Sir Darren gewandt, fuhr sie fort: „Können Sie sich vorstellen, wie der Professor sein Elektrisches Dingsbums ins Wasser nehmen will? Es wird alles damit enden, dass Sie ihn auslachen. Und über Sie wird es die ganze Spiritistenwelt erfahren. Der Professor wird zum Gespött seiner Zunft.“
    Sir Darren hob die Hände. „Ich habe nicht die Absicht …“
    „Für Sie wird es nichts zu spotten geben“, knurrte Carnacki, und es schien, als richte sich seine Verärgerung allein gegen seinen Gast, nicht etwa gegen Noreena.
    Sie hatten eben ihre Havannas zu Ende geraucht, da traf die Kutsche ein. Es war ein stabiler Zweispänner mit ordentlich Stauraum. Mit deutlichem Widerwillen ließ sich Carnacki von Sir Darren dabei helfen, einige sperrige, schwere Kisten auf das Gefährt zu verladen.

4
    Als sie etwa eine Stunde Fahrt wortlos hinter sich gebracht hatten, kramte Carnacki plötzlich zwei Blätter aus einer Aktentasche und reichte sie Sir Darren, ohne ihn anzusehen. Dieser betrachtete sich die beiden Bleistiftzeichnungen eingehend.
    Die erste zeigte einen Mann, der auf dem Wasser des Sees stand. In

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