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Falkengrund Nr. 34

Falkengrund Nr. 34

Titel: Falkengrund Nr. 34 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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gebaute Maschine, sondern ein Naturphänomen, das sich aus dem See erhob und sich nur zufällig mit den verschlungenen Röhren überlappte. Wenn er an den Reglern drehte, schien sich die ganze Umgebung beeinflussen zu lassen. Feine Änderungen der Farbe und Intensität schufen eine gänzlich neue Atmosphäre, und Carnacki schauderte angesichts seiner eigenen Macht.
    Nach einer Minute gleichmäßigen Glühens reagierte etwas im See auf das Strahlen. Der Lichtschein bündelte sich, wie er es auf dem Floß bereits getan hatte, konzentrierte sich auf den Innenraum des schwimmenden Pentagramms und glitt langsam zwischen den Booten hinab.
    Die fünf Männer und Frauen waren gebannte Zuschauer, als das Licht sich im klaren Wasser brach. Fische nahmen schlängelnd Reißaus, andere kreisten, von der Helligkeit geblendet, im Lichtkegel, ohne ihn verlassen zu können. „Ich könnte mich in den Hintern beißen, dass ich meine Angel nicht mitgebracht habe“, ließ sich der Landwirt lautstark vernehmen.
    „Konzentration jetzt!“, mahnte Carnacki. Seine Hände lagen auf den Reglern und bedienten sie intuitiv, liebevoll beinahe, wie ein Musikinstrument. Der Lichtkegel verbreiterte sich an der Unterseite, wurde zu einem Schlauch, und für einige Momente hatte Carnacki die Illusion, ihn unmittelbar mit den Händen kneten und formen zu können.
    Das Wasser bildete Schlieren, denen die Fische auswichen. Vibrierende Geleestreifen durchzogen den Lichttrichter, schlossen sich zu Ringen, Schleifen und fremdartigeren Formen. Aus der Tiefe schien eine neue Art Fische heraufzusteigen und die anderen, gewöhnlichen zu vertreiben.
    Carnacki konnte sich nur wundern, wie schnell das Übernatürliche in diesem Gewässer auf den Einfluss des Pentakels reagierte. Wenige Minuten, nachdem er den Strom eingeschaltet hatte, erhob sich langsam und majestätisch eine Wassersäule zwischen den Booten – und sie war gigantisch. Das Wasser rauschte und sirrte in merkwürdigen Frequenzen, als wären physikalische Kräfte am Werk, die noch nie jemand beobachtet oder beschrieben hatte. Das Licht wanderte in der Flüssigkeit in den Himmel hinauf wie etwas Materielles. Die Fische wurden von einer Strömung langsam im Kreis gedreht, und manchmal durchstießen ihre grimmigen Gesichter und ihre spitzen Rückenflossen das Wasser. Einige von ihnen fielen aus der Säule heraus und klatschten in den See, nur um kurz darauf wieder nach oben gerissen zu werden.
    Der Geisterfinder wischte sich die schweißnassen Hände an den Kleidern ab. Er wagte kaum zu blinzeln. Eine der Frauen hatte zu wimmern begonnen, die andere stieß begeisterte Schreie aus, als wäre dies alles ein Spektakel zu ihrer Belustigung. Trent Holburn saß stumm in seinem Kahn und starrte mit geöffnetem Mund in den Himmel hinauf. Der Bauer murmelte unablässig etwas vom Angeln.
    Carnacki interessierten die Fische nicht. Er wollte den eigentlichen Spuk haben – den Mann, der auf dem Wasser ging. Doch der Geist des ertrunkenen Abernathy zeigte sich noch nicht.
    Verbissen drehte Carnacki an den Reglern, um den Trichter nach unten hin weiter und weiter zu öffnen. Irgendwo im See musste es einen Ansatzpunkt im Äther geben, mit dem der Geist verknüpft war – Spukphänomene waren fast immer in irgendeiner Weise an räumliche Umstände gebunden. Doch je weiter er den Schlauch aus Licht verbreiterte, desto mehr von diesen Fischen wurden angezogen. Sie fielen jetzt in Massen aus großer Höhe auf sie herab, zappelnde, glitschige Dinger mit stacheligen Rückenflossen. Zwei davon klatschen in Carnackis Boot, und während einer davon sich wieder ins Wasser schnalzte, blieb der andere zerschmettert liegen.
    Trent Holburn schrie auf, als ihn eines der Tiere an der Schulter traf. „Das Ding hat auch ein Gesicht“, brüllte er. „Aber es ist das einer Frau.“ Falls der Mann sich nicht irrte, war das eine faszinierende Entwicklung. Carnacki allerdings beschäftigte etwas ganz anderes: Es war nur eine Frage der Zeit, bis einer der Fische so ungeschickt auf eine der Röhren knallte, dass das Elektrische Pentakel zerstört wurde!
    Doch er konnte nicht aufhören, nicht jetzt, wo der See so vehement reagierte, wo eine Wassersäule sich zwanzig, dreißig Yards in den Himmel schraubte, wo das Licht der Röhren frei durch den Äther floss und hundertfach verstärkt die Nacht beinahe zum Tag machte. „Abernathy“, knirschte er zwischen den Zähnen hervor. „Zeigen Sie sich!“
    Ein hohles Pfeifen erfüllte die

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