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Falkengrund Nr. 34

Falkengrund Nr. 34

Titel: Falkengrund Nr. 34 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Sache der Welt gewesen, den Feierabend auszurufen und sich für den nächsten Morgen wieder am See zu verabreden.
    Doch seltsamerweise dachten sie nicht daran. Carnacki hätte es nicht übers Herz gebracht, die Anlage über Nacht hier zurückzulassen. Die Gefahr, dass Tiere, Menschen oder ein ungünstiges Wetter die empfindlichen Röhren beschädigten, hätte ihn kein Auge zutun lassen. Und trotz ihrer Erschöpfung schienen auch die anderen aufgedreht und voller Tatendurst. Die beiden Frauen lebten geradezu auf, als die Dämmerung hereinbrach, hakten sich bei den Männern unter und scherzten mit ihnen. Einzig der Farmer, an regelmäßiges frühes Schlafengehen gewöhnt, kämpfte mit der Müdigkeit. Doch auch ihn hatte etwas gepackt – eine fiebrige Erwartung, die Dunkelheit, die sich über den See senkte, von dem elektrischen blauen Flimmern erleuchtet zu sehen.
    Lange Diskussionen waren nicht vonnöten. Zunächst legte sich jeder der Beteiligten eine einfache Schwimmweste aus Kork um. Holburn und der Farmer bestiegen die ersten beiden Boote und hielten die Spitzen des Pentagramms in die Höhe. Während sie sich abstießen, schoben die anderen vom Ufer aus die abgeschaltete Apparatur hinaus auf das immer dunkler werdende Wasser, und mit ihr die beiden Kähne.
    Rufe schallten durch die Dämmerung, Anweisungen wurden gegeben. Die nächsten beiden Boote gehörten den Damen, die sich kichernd und mit geröteten Wangen auf das Abenteuer einließen. Carnacki blieb als letzter am Ufer zurück. In der Konstruktion knarrte es, und als eine der Frauen das Boot nicht recht vom Fleck bekam, drohte der Apparat zu kippen und ins Wasser zu stürzen.
    Die Männer hielten dagegen, und die Kähne unter ihnen schwankten dabei bedenklich. „Festhalten! Auf keinen Fall loslassen!“, mahnte Carnacki, dem der Schweiß trotz der Kühle der Nacht auf der Stirn stand. Drei große Lampen waren am Rand des Sees aufgestellt worden, und ihr eigentlicher Kampf gegen die Dunkelheit begann erst jetzt. Als er mit Sir Darren hier gewesen war, hatte sich der Mond zum letzten Mal gezeigt. Seither verbarg sich der Trabant mit seinen Freunden, den Sternen hinter einer Wolkenschicht, und in dieser Nacht war diese von besonderer Dicke.
    Es gab klatschende Geräusche, als Holburns Kahn hin und her kippte, während der Mann darauf verzweifelt das Gleichgewicht hielt. Endlich gelang es der Frau, das Boot abzustoßen, und das Pentagramm stabilisierte sich.
    „Das war verflucht haarig!“, knurrte der Farmer. Carnacki nickte nur stumm in sich hinein, stieg in das letzte Boot, und wenige Sekunden später befand sich die gesamte Konstruktion auf dem Wasser. Jetzt konnten sie sich daran machen, die Spitzen des Sterns an den Hecks der einzelnen Boote zu fixieren. Dazu mussten die Männer und Frauen ein Seil aus Menschenhaaren benutzen, wie es ebenfalls im Sigsand Manuskript vorgegeben wurde. Die Frauen stellten sich geschickt damit an, ebenso der Farmer, doch Trent Holburn brachte es fertig, die Schnur zu zerreißen.
    „Gleichmäßig ziehen!“, tadelte Carnacki. „Das ist kein Stahlseil!“
    „Keine Aufregung“, antwortete Holburn kleinlaut. „Wir haben ja Ersatz.“ Er griff in seine Hosentasche und zog das Ersatzbündel heraus, das Carnacki jedem von ihnen für den Notfall mitgegeben hatte. Falls er dieses auch noch beschädigte, hatten sie ein Problem – nicht nur war ein solches Material nur zu hohen Preisen zu bekommen, sie würden auch vor der Frage stehen, wie sie ihm die Ersatzschnüre, die vier von ihnen noch in den Taschen hatte, zukommen ließen. Es blieb nur das Zuwerfen, doch auf diese Entfernung konnte das leicht schief gehen.
    Holburn riss sich zusammen und befestigte seine Ecke des Sterns sicher an dem Boot. Carnacki konnte sehen, dass auch er schwitzte. Sein Gesicht glänzte durch die Nacht, als hätte man es mit Schweineschmalz bestrichen.
    „Alles in Ordnung?“, fragte der Geisterfinder, und als alle bejahten, gab er das Signal zum Rudern. Gemächlich bewegte sich die obskure Struktur auf den See hinaus. Neben den drei großen Lampen, die die Stelle am Ufer markierten, von der sie gestartet waren, gab es eine weitere kleinere Lampe auf jedem der Kähne. Carnacki hatte Batterie, Zerhacker, Schalttafel und alle anderen essentiellen Teile für das Pentakel freilich in sein eigenes Boot gelegt, um bei der Bedienung nicht darauf davon abhängig zu sein, ob andere seine Befehle zügig und korrekt befolgten oder nicht. Menschen verhielten

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