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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 17 Madoka

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 17 Madoka

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 17 Madoka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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in der Hand und las. Erst beim Blick durch den Spion ließ sie den Hesse sinken.
    Das Gesicht, das sie sah, überraschte sie.
    Es war ein bekanntes Gesicht. Sie hatte nur nicht erwartet, es vor dem Morgen des folgenden Tages zu sehen, dazu noch an diesem Ort. Es gehörte ihrer Mitschülerin Tamie Hagiwara. Ein natürliches, hübsches Gesicht, die Haare glatt und nur leicht getönt, die Nase ein wenig zu plump, aber die Augen groß und schön und sympathisch.
    Madoka hatte keine Freundin, aber Tamie gehörte zu den Mädchen, mit denen sie sich besser verstand als mit vielen anderen. Bizarr war, dass sie um diese Zeit vor ihrer Haustür stand und noch immer die Uniform anhatte, die sie jeden Tag in der Schule trug. Das verlieh ihr etwas … Verlorenes.
    Madoka entriegelte die Tür und öffnete sie schnell.
    Tamie Hagiwara erschrak. Sie erschrak so heftig, dass es sie richtig durchschüttelte. Ihre Augen wurden feucht und ihr von Lipgloss schimmernder Mund mit den weißen, etwas schief stehenden Zähnen klappte auf. Madoka wurde Zeuge, wie die Knie ihres Gegenübers kurz wegkippten und das Mädchen sich eben noch fing, ehe es vor ihren Augen zusammenbrach. Vielleicht hatte sie noch nie in ihrem Leben jemanden so körperlich erschrecken sehen. So ungefähr musste es sich abspielen, wenn ein Schlafwandler aufgeweckt wurde.
    „Madoka, ich …“ Die Stimme war nur ein pfeifendes Geräusch.
    Madoka trat einen Schritt zur Seite. „Was ist passiert? Du weißt, wo ich wohne?“
    Das Mädchen vor der Tür machte keine Anstalten, den Fuß in den Vorraum zu setzen, wo man sich die Schuhe auszog. Sie blieb einfach stehen und bebte noch immer am ganzen Leib, als hätte sie Schüttelfrost. „Ich … wusste nicht … dass du hier … Andô … ja, dein Familienname ist Andô … aber …“
    Madoka war nie schwer von Begriff gewesen. Bis andere Leute Zusammenhänge erahnten, hatte sie gewöhnlich schon Gewissheit. Aber in diesem Fall dauerte es, bis sie begriff, was Tamie bei ihr wollte. Sie war nicht wegen Madoka gekommen. Sie hatte bis vor wenigen Sekunden nicht einmal geahnt, dass ihre Klassenkameradin in diesem Haus wohnte. Andô war ein häufiger Nachname.
    Sie war gekommen, um ihren Vater zu treffen.
    Tamie hatte also einen Job, mit dem sie ihr Taschengeld aufbesserte. Und es war nicht einmal eine ungewöhnliche oder seltene Arbeit. Dr. Fumio Andô musste sie bestellt haben, wie er Dutzende vor ihr bestellt hatte. Es gab keinen Mangel an jungen Mädchen, die älteren Männern die Nächte versüßten. Die Jugendschutz-Gesetze wurden in Japan locker gehandhabt. Wie alt war Tamie? Siebzehn vermutlich, zwei Jahre älter als Madoka, die zwei Klassen übersprungen hatte.
    Gewöhnlich traf Vater kurz vor seinen jungen Besucherinnen zu Hause ein, aber diesmal war ihm wohl etwas dazwischen gekommen. Eine Sache in der Klinik vielleicht, oder eine Autopanne.
    „Komm rein, Tamie“, sagte Madoka nüchtern.
    „Nein, ich wusste nicht … das wollte ich nicht.“
    „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Komm rein. Vater ist noch nicht da.“
    „Ich gehe nach Hause.“
    Madoka versuchte ein Lächeln. Ob es gelang, konnte nur ihr Gegenüber entscheiden. „Komm schon. Jetzt weiß ich es, und du kannst es nicht mehr rückgängig machen. Da kannst du ebenso gut tun, wofür du gekommen bist.“
    „Aber ich könnte nie … jetzt, wo ich weiß …“
    „Es braucht dir nicht peinlich zu sein. Wenn sich jemand schämen muss, dann ich. Für meinen Vater.“ Madoka beugte sich vor, griff nach Tamies Schulter und zog das Mädchen mit sanfter Gewalt ins Haus.
    Tamie gab nach, streifte die Schuhe ab, ignorierte die bereitstehenden Pantoffeln und ging in Strümpfen weiter. Steif wie eine Puppe folgte sie ihrer Mitschülerin durch das geräumige Haus.
    „Tee?“, bot Madoka an. “Oder möchtest du was Härteres?”
    „Tee ist gut“, antwortete das Mädchen schnell. „Und danke. Es tut mir leid, dass du mich so sehen musst.“
    „Ich sehe dich jeden Tag so“, erwiderte Madoka sachlich und ging in die Küche, um die Kanne aus dem Heißwasserbereiter zu befüllen, der Tag und Nacht eingeschaltet war. Als sie wieder zurückkehrte, fügte sie hinzu: „Weißt du, Tamie, wir sind reich. So reich, dass ich es mir leisten kann, meine gesamte Freizeit nur mit Lesen zu verbringen. Du brauchst dich nicht dafür zu entschuldigen, dass du Geld verdienst. Das ist eine gute Sache.“
    Sie goss ihrer Mitschülerin ein und setzte sich ihr gegenüber. Fünf

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