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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 17 Madoka

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 17 Madoka

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 17 Madoka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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unter Menschenfressern oder in einer Gletscherspalte verschollen! Sie befanden sich am Rande einer der größten Städte dieser Welt, umgeben von Häusern und Menschen, mitten in der Zivilisation. Und in diesem Raum waren sie vorerst sicher, zumal der Verrückte offenbar keine Schusswaffe hatte. Schusswaffen waren schwer zu kriegen in Japan. Mit ein paar Messern und Angelködern würde er nicht durch die Tür kommen. In der nächsten Stunde, da war Sam ganz sicher, würde die Polizei hier unten aufmarschieren und gründlich aufräumen. Keiner von ihnen hatte eine Schramme abbekommen, wenn man von der sinnlosen Verletzung absah, die sich Nami eben selbst zugefügt hatte. Sie alle würden nicht mehr von diesem Erlebnis mitnehmen als ein paar Albträume, aber es gab unter ihnen wohl kaum jemanden, der die nicht sowieso jede zweite Nacht hatte. Die Situation war weit weniger schlimm, als sie aussah. Das wollte er ihnen sagen, mehr nicht. Aber bitte, wenn sie es nicht hören wollten …
    Stille, dann sagte Kaori mit trotziger Stimme: „Ich muss immer noch aufs Klo …“
    „Ich auch“, fügte eines der Mädchen hinzu, und zwei der Jungen nickten ebenfalls.
    „Das können wir uns abschminken“, meinte Nami und sah wie fasziniert auf die kleine Wunde an ihrer Handfläche. Sie hätte längst aufgehört zu bluten, wenn das Mädchen die Hand nicht immer wieder zwanghaft geöffnet und geschlossen hätte. Sie schien nur zufrieden zu sein, solange Blut aus ihrem Körper sickerte. „Aufs Klo gehen ist tabu – für die nächsten Stunden … oder Tage, wer weiß.“
    „So lange kann ich nicht warten“, flüsterte eines der Mädchen. Ihr Gesicht war knallrot geworden.
    Ein Junge hatte einen Vorschlag. „Wir könnten eine Ecke des Zimmers als Toilette benutzen. Wir stellen einen Sessel davor, dann sieht man nicht hin, und …“
    „Ich pinkle nicht ins Zimmer“, sagte Kaori kühl. „Lieber sterbe ich.“
    „Genau“, pflichtete Nami ihr bei. „Bevor ich so etwas tue, schlucke ich dieses Ding hier runter.“ Sie drehte den Köder zwischen den Fingern, berührte einen der Haken mit ihren Lippen.
    „Wenn ihn schluckst, stiehlst du uns die Chance, dir nachzufolgen“, beschwerte sich ein Junge. „Du hast eben selbst gesagt, dass du ihn rumgehen lässt.“
    „Macht einfach die Tür auf und geht raus. Ich wette, ihr findet auf der Station noch mehr von diesen Dingern.“
    „Ich denke“, meinte ein Junge, der bisher noch nichts gesagt hatte, mit belegter Stimme, „wenn wir sowieso alle sterben, sollten wir vorher noch eine richtige … Orgie veranstalten. Ich schlage vor, wir ziehen uns alle aus. So was wollte ich schon immer mal tun.“
    Die Mädchen wichen einen Schritt von ihm zurück. Niemand erwiderte etwas auf den Vorschlag.
    „Ich gehe raus“, stieß Kaori plötzlich hervor. „Spätestens in einer Stunde tue ich es sowieso. Warum soll ich mich bis dahin quälen?“
    „In einer Stunde könnten wir schon gerettet sein.“
    „Sorry, daran glaube ich nicht.“
    „Ich gehe mit dir“, meldete sich Sam. Er sah sich verzweifelt nach einem Gegenstand um, der sich als Waffe benutzen ließ. Es gab nichts dergleichen. Er hätte sogar mit einem Stuhlfuß vorliebgenommen, aber die Sessel hatten keine Füße, und der Kunststofftisch ließ sich nicht zerbrechen. Die Leute von der Klinik hatten wirklich jedes Risiko ausgeschlossen, und nun standen sie da und hatten nicht einmal einen Prügel oder eine Flasche zum Zuschlagen. Sollte er vielleicht eine Zeitschrift zusammenrollen? Der Gedanke zwang ihm ein zynisches Grinsen aufs Gesicht.
    „Bitte?“ Kaori tat so, als hätte sie nicht recht verstanden.
    „Ich komme mit und beschütze dich.“ Sam fiel auf, wie lächerlich sich das anhörte.
    „Oh, mein Held, ich mache mir in die Hose vor Dankbarkeit!“
    Obwohl Sam sich bemühte, den Spott von sich abtropfen zu lassen, verletzten ihn ihre Worte. Schließlich riskierte er sein Leben für sie. Andererseits konnte er jetzt keinen Rückzieher mehr machen. „Ich komme mit, ob es dir passt oder nicht.“
    „Wir könnten alle gehen“, schlug ein Junge vor. „Wir sind neun gegen einen. Das gibt uns eine Chance.“
    Kaori lachte. „Gegen zwei lange scharfe Fischermesser? Und wer weiß, was der Verrückte sonst noch auf Lager hat? Vielleicht hat er dieses Ding mitgebracht, das Harpunen verschießt. Ich gehe alleine. Ich habe keine Lust, auf euren Grabsteinen zu lesen: Sie starben, weil Kaori pinkeln musste.“
    Ein Mädchen

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