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Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 8 Exquisite Corpse

Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 8 Exquisite Corpse

Titel: Falkengrund, Schule des Okkulten - Episode 8 Exquisite Corpse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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goutierte.
    Als die Tür sich unvermittelt öffnete, spuckte er die Köstlichkeit aus und prallte zurück.
    Estrellas Mutter Luisa kam ins Zimmer gestürmt, ohne angeklopft oder sich sonst wie bemerkbar gemacht zu haben. Estrella stieß einen gellenden Schrei aus, wirbelte auf dem Bett herum und verschwand unter der Decke. Bei ihrer reflexartigen Bewegung stieß sie mit der linken Ferse die beiden geöffneten Getränkedosen um, die auf dem Nachttischchen standen. Der Inhalt ergoss sich teils auf den Fußboden vor dem Bett, teils auf das Laken und die Decke.
    Sofort roch es nach Colm’s Kaffee Exquisit.
    Charlie stand mit zitternden Knien auf. Er war vollkommen bekleidet, und doch kam er sich nicht so vor. Er erinnerte sich, dass er die Schlafzimmertür abgeschlossen hatte, als er sich vor einer Viertelstunde mit Estrella hierher zurückgezogen hatte. Doch das Mädchen hatte kurz darauf das Zimmer noch einmal verlassen. Und natürlich hatte sie vergessen, den Schlüssel im Schloss zu drehen, als sie zurückkehrte. Auch seine Gedanken waren woanders gewesen.
    „Oh“, sagte Estrellas Mutter mit einem Blick auf die Wölbung der Decke, unter der ihre Tochter vollständig verschwunden war. „Entschuldige die Störung, mein Sohn. Aber ich habe etwas mit dir zu bereden.“
    Luisa sprach Englisch. Sie sprach mit starkem Akzent und unnatürlicher Betonung, aber sehr, sehr schnell. Kurz nach der Hochzeit hatte sie Charlie verraten, dass sie vor über zwei Jahrzehnten für einige Jahre mit einem Nordamerikaner verheiratet gewesen war. Die Verbindung hatte zwei Töchter hervorgebracht, die Estrella kaum ähnlich sahen, und war kurz nach der Geburt der zweiten geschieden worden. Daraufhin war sie in ihre Heimat zurückgekehrt, und Estrella war das Ergebnis einer der vielen Liebschaften, die sie gehabt hatte. Heute war Luisa eine Vierzigjährige mit einem schlanken, jugendlichen Körper, aber einem verlebten, dick geschminkten Gesicht und einer monumentalen, staubig riechenden Hochfrisur.
    Die Ironie war, dass sie sich fließend mit Charlie unterhalten konnte, während Estrella kaum ein Wort Englisch oder Deutsch sprach.
    Und Reden gehörte zu ihren Lieblingsbeschäftigungen, sobald das Taschengeld zur Neige ging, das ihr Schwiegersohn ihr zusteckte.
    „Worum geht es?“, erkundigte sich Charlie vorsichtig. Er hatte gute Lust, dieser Frau einmal zu verraten, was er davon hielt, dass sie als Parasit in seinem Haus wohnte und dabei noch so tat, als hätte sie das Sagen ... aber Estrella schien ihre Mutter über alles zu lieben. Er hatte so eine Ahnung, dass das paradiesische Leben, das er mit dem Mädchen führte, wie eine zarte Porzellanvase zerbrechen würde, sobald er auch nur ein Wort des Tadels in die Richtung dieser selbstherrlichen Dame loswurde.
    „Habe ich dir erzählt, dass ich Karten lege?“
    Charlie ballte die Faust und hoffte, dass sie es nicht sah. „Wie interessant“, würgte er hervor. „Wirklich.“ Ihm waren die unordentlich herumliegenden, eselsohrigen Tarotkarten im Gästezimmer natürlich längst aufgefallen. Wofür hätte er sie auch halten sollen? Für Sammelbilder mit mittelalterlichen Motiven?
    „Du darfst nicht denken, dass ich abergläubisch bin!“, stieß sie mit tief herabgezogenen Brauen vor. Es war, als entrüste sie sich über ihren eigenen Gedanken. „Du hast doch gesehen, wie ich dem Christus in der Kirche die Füße geküsst habe, nicht?“
    „Ich hab’s gesehen“, sagte Charlie. Tatsächlich musste sie geradezu an den Zehen des Heilands gelutscht haben, denn ein Stück abgeblätterte helle Farbe klebte noch Stunden später an ihrer dunkelrot geschminkten Unterlippe. Niemand aus der kleinen Hochzeitsgesellschaft hatte es gewagt, sie darauf hinzuweisen.
    „Ich muss unbedingt dein Schicksal kennen!“, verkündete sie. „Ich werde schon bald abreisen, aber ich kann nur ruhigen Gewissens von hier weggehen, wenn ich weiß, dass du meine Tochter nicht unglücklich machst, indem du zum Beispiel stirbst oder deine Firma pleite geht.“
    „Aha“, machte Charlie.
    Seine Schwiegermutter packte seine Hand und zog ihn aus dem Schlafzimmer. Gemeinsam polterten sie die Treppe nach oben, Luisa, weil sie eben gerne polterte, Charlie, weil er Mühe hatte, Schritt zu halten.
    Das Gästezimmer war ein Tohuwabohu aus Kleidern, teurem Nippes und Schachteln. Die Stereoanlage, die schon immer hier gestanden hatte, war aufgedreht: Anstatt die vielen schönen Klassik-CDs zu würdigen, die Charlie

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