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Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Titel: Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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Verhängnis bedroht, dass es vergangen ist – dass es vergeht, haben wir nicht erkannt …«, leierte Tobias herunter.
    »Wie wahr!«, unterbrach ihn sein Onkel an dieser Stelle. »Das Leben ist in der Tat lang genug, um alles zu vollbringen, was man sich vornimmt. Du solltest dir das zu Herzen nehmen.«
    »Ach, das ist doch bloß wieder ein Spruch, Onkel!«, wehrte Tobias verdrossen ab.
    »Im Sprichwort liegt die Welt, mein Junge! Aber ich weiß, in deinem Alter ist man für die Weisheit eines Seneca noch nicht recht empfänglich. Aber das wird sich schon ändern – mit den Jahren.«
    »Mit den Jahren!« Tobias schlug das Buch mit einer energischen Bewegung zu. »Ich muss mit dir reden, Onkel Heinrich!«, sagte er eindringlich.
    »Tun wir das denn nicht?«
    »Ernsthaft! Bitte!«
    Heinrich Heller legte die Silberplatte aus der Hand und lehnte sich zurück. »Also gut, reden wir ernsthaft. Was hast du auf dem Herzen?«, fragte er, obwohl er wusste, was seinen Neffen beschäftigte, seit sein Vater wieder abgereist war, und es bedrückte ihn sehr.
    »Ich möchte die Welt sehen!«, platzte es aus Tobias heraus.
    »Das wirst du auch, ganz bestimmt«, versicherte sein Onkel.
    »Ja, aber nicht irgendwann einmal! Ich halte es einfach nicht länger hier aus. Immer nur Falkenhof und immer neue Fougots und Schwitzings! Und ab und zu einmal eine Fahrt nach Mainz. Das genügt mir nicht mehr. Ich will wirklich etwas sehen und erleben, etwas, das nicht vor unserer Haustür liegt und nicht aus Büchern kommt!«, sprudelte es aus ihm hervor. »Das hat aber nichts mit dir zu tun. Ich bin immer gern bei dir gewesen, aber ich habe nun mal einfach das Gefühl zu ersticken! Kannst du das denn nicht verstehen?«
    Heinrich Heller machte ein betrübtes Gesicht.
    »Wenn ich es nicht verstände, wäre es gewiss leichter – zumindest für mich, mein Junge«, sagte er ernst. »Ich kann deine Ungeduld und deinen inneren Tumult sehr gut verstehen, aber das Verstehen allein bringt uns einer Lösung deines Problems nicht näher. Du bist erst sechzehn!«
    »Und spreche mehr Sprachen als du«, wandte Tobias rasch ein.
    Ein warmherziges Lächeln huschte über das Gesicht des Gelehrten. »Gewiss, deine Sprachbegabung ist ein Geschenk Gottes, das nur wenigen gegeben ist, und du bist mir auch in der Kunst des Fechtens weit überlegen, wie Monsieur Fougot mir berichtet hat.«
    »Hat er das?« Es klang ehrlich verblüfft.
    »O ja!«
    Tobias lachte trocken auf. »Na, wie ich ihn kenne, ist ihm das bestimmt so schwer gefallen, als müsste Sadik darauf verzichten, in seine arabische Sprichwortkiste zu greifen!«
    »Ganz und gar nicht.«
    »Na!«, sagte Tobias zweifelnd.
    »Du hast nur geglaubt, ihn zu kennen. Kaum etwas ist wirklich so, wie es auf den ersten Blick scheint, Tobias. Licht scheint weiß zu sein, doch nimm ein Prismenglas, und du siehst, wie es sich in seine bunten Spektralfarben auffächert«, belehrte ihn sein Onkel.
    Tobias zeigte sich davon wenig beeindruckt. »Ich habe ihn drei Jahre lang genossen, Onkel, und egal, wie er zu dir gewesen sein mag, für mich war er immer ein aalglatter, kalter Fisch. Ich vermute, ich habe ihn heute das letzte Mal genossen, oder?«
    Heinrich Heller nickte. »Er geht nach Frankreich zurück. Aber nicht wegen dir. Er hat wohl einige familiäre Dinge zu erledigen.«
    »Also, ich werde ihm bestimmt keine Träne nachweinen«, versicherte Tobias betont gleichgültig.
    »Oh, da fällt mir ein, ich soll dir von ihm ausrichten, dass er noch nie in seinem Leben Froschschenkel gegessen hat. Ich nehme an, du kannst dir darauf einen Reim machen, was ich nicht kann.«
    »So, hat er das gesagt?« Tobias grinste jetzt.
    »Ja, und dass du ihm über den Kopf gewachsen bist und er stolz auf dich ist.«
    »Ersteres war ja offensichtlich«, sagte Tobias ein bisschen großspurig, weil er nicht wusste, wie er mit dieser unerwarteten Anerkennung umgehen sollte. »Letzteres erstaunt mich dagegen sehr. Aber du lenkst vom Thema ab, Onkel! Über Maurice Fougot wollte ich nicht mit dir sprechen.«
    »Es gehört alles dazu. Denn du ziehst ja unter anderem auch aus der Tatsache, dass du ihm nun überlegen bist, den falschen Schluss, jetzt reif zu sein für das große Abenteuer jenseits vom Falkenhof, und das ist nun mal ein Trugschluss. Und wenn du auch mit links oder sogar beidhändig Monsieur Fougot in Grund und Boden fechten könntest: Dennoch bist und bleibst du nun mal erst sechzehn Jahre alt, besser gesagt jung. Und das ist einfach

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