Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Titel: Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
Vom Netzwerk:
Vieh!«
    »Allmächtiger!«, hörte er draußen Jakob erschrocken rufen.
    Im selben Moment flitzte ein braunes pelziges Etwas unter der Decke hervor. Es war schnell wie der Blitz. Und bevor sich Tobias noch von seinem Schrecken erholt hatte, saß es über der Schlafkoje auf einem schmalen Bord mit hoch gezogener Außenkante.
    »Herr Tobias! … Ist etwas passiert, junger Herr?«, rief der Stallknecht besorgt.
    Tobias hatte den Daumen, wo das Tier ihn gebissen hatte, unwillkürlich in den Mund gesteckt. »Ja, ich meine, nein – es ist alles in Ordnung!«, rief er zurück.
    »Und was ist mit dem Tier, junger Herr?«
    Tobias starrte auf das braune Geschöpf, das ihn aus großen runden Augen neugierig beäugte. »Es ist ein Affe, Jakob!«
    »Ein Affe!«, tönte es ungläubig zurück.
    »Ja, und zwar so bissig, wie er klein ist«, brummte Tobias.
    »Ein Affe! Zigeuner! Na, dann führ ich den Braunen mal nach oben auf die Straße!«, rief Jakob hörbar erleichtert.
    Tobias hielt seinen Daumen in das Licht. Es war kein tiefer Riss. Die Zähne des Affen hatten nur die Haut geritzt.
    Er musterte das Tier eingehender. Es war nicht viel größer als etwa fünfundzwanzig, dreißig Zentimeter. Sein Fell war dunkelbraun, das Gesicht etwas heller. Er trug eine kleine Kette um den Hals. Seine Pfoten, die sich an der Kante festhielten, waren so feingliedrig, dass sie wie winzige Menschenhände aussahen. Doch das Merkwürdigste an diesem fremdartigen Geschöpf war der Schwanz, der fast so lang wie sein Körper war – und bedeckt von schneeweißen Haaren.
    Ein Affe mit einem weißen Schwanz!
    Tobias starrte ihn so neugierig an, wie die Augen des Affen ihn anstarrten. Angst schien er jetzt keine mehr zu haben, denn er saß völlig ruhig auf dem Bord und verzog nun sogar das Gesicht, als grinse er über ihn.
    Es war die ungehaltene Stimme seines Onkels, die Tobias aus dem Studium des Affen riss.
    »Tobias! Herrgott, wo bleibst du denn?«
    Tobias überlegte kurz, ob er versuchen sollte, den Affen zu fangen und mit einem Stück Kordel, das sich in dem Wagen bestimmt auftreiben ließ, festzubinden. Doch die Stimme seines Onkels ließ keinen Aufschub zu. Man brauchte ihn wohl bei dem Mädchen.
    »Lauf mir bloß nicht weg!«, drohte Tobias dem Affen mit erhobenem Zeigefinger, was dieser mit einer erneuten Grimasse beantwortete. Dann beeilte er sich, dass er aus dem Wagen und zurück zu Sadik und seinem Onkel kam. Die Zigeunerin war noch immer bewusstlos.
    »Wir tragen sie jetzt hoch. Fass mit an, Junge!«, forderte Heinrich Heller ihn auf. »Du trägst sie am Kopfende. Aber pass auf, dass du nicht ausrutschst!«
    »Im Wagen ist ein Affe! Aber ein ganz kleiner! Er reicht mir gerade bis ans Knie!«, teilte Tobias ihnen mit.
    Sadik verzog das Gesicht. »Auch das noch!«
    »Was meinst du damit, Sadik?«, fragte Tobias, während er in die Knie ging und seine Arme unter den Oberkörper des Mädchens schob. Schnee drang in seine Jackenärmel.
    Sadik antwortete mit einem arabischen Sprichwort: »Einer sprach, o Affe, Allah möge dich in eine hässliche Gestalt verwandeln. Und der Affe antwortete: Nach dieser Verwandlung gibt es keine mehr!«
    »Er ist aber gar nicht hässlich!«, widersprach Tobias.
    »Später, später!«, sagte Heinrich Heller ungeduldig. »Das Mädchen muss aus dem Schnee ins Warme.«
    »Ich bin bereit«, sagte Tobias.
    »Dann hoch mit ihr – aber langsam!«
    Sie hoben das bewusstlose Mädchen auf. Zu dritt trugen sie es den Hang hoch. Sadik hielt ihre Beine, Heinrich Heller hatte sie um die Hüfte gepackt und Tobias hielt ihren Oberkörper. Ihr Kopf ruhte in seiner rechten Armbeuge.
    Mehrmals drohten sie ins Rutschen zu geraten, aber es ging gut. Sie erreichten die Straße ohne Zwischenfall. Doch es war ein gutes Stück Arbeit, das Mädchen in die Kutsche zu bugsieren, ohne dass ihr gebrochenes Bein noch mehr Schaden nahm. Sie setzten es aufrecht in die Ecke, sodass das Bein der Länge nach auf der Sitzbank ruhte.
    »Es wäre besser, ihr Bein würde höher liegen«, meinte Sadik. »Aber mit der Kutsche sind wir dreimal schneller auf Falkenhof als mit dem schweren Fuhrwerk.«
    Heinrich Heller wandte sich seinem Neffen und dem Stallknecht zu. »Ihr bleibt hier. Ich schicke euch Klemens mit dem offenen Einspänner. Gemeinsam müsstet ihr es schaffen, den Zigeunerwagen wieder auf die Straße zu bugsieren.« Er sah Jakob Weinroth fragend an.
    Dieser nickte zuversichtlich.
    Heinrich Heller stieg in die Kutsche, um während der Fahrt

Weitere Kostenlose Bücher