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Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Titel: Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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die vier Haken ausgeklinkt. Sie lösten sich einwandfrei aus den Ringen und ein Ruck ging durch den Ballon. Die Gondel hob sich etwas vom Bretterpodest.
    Heinrich Heller kletterte als Erster in die Gondel und nahm die Lampe entgegen, die Klemens ihm reichte. Vor den vier Glasscheiben der Leuchte befanden sich Holzschieber, sodass man sie völlig abblenden konnte und dann nur oben aus den Luftlöchern ein schwacher Schimmer drang.
    Dann kam endlich die Aufforderung, auf die Tobias so lange gewartet hatte: »Steig ein, Tobias! Jetzt geht es los!«
    Tobias schwang sich über den Rand zu seinem Onkel in die Gondel. In seine freudige Erregung mischte sich eine gute Portion Beklemmung, als er spürte, wie der Boden unter seinen Füßen federte. Würde die Gondel ihr Gewicht auch wirklich tragen? Ihm wäre viel wohler gewesen, wenn er einen festen Bretterboden unter den Füßen gehabt hätte statt dieser nachgiebigen Konstruktion aus Hanf und Holzlatten, die ihm nun erschreckend zerbrechlich schien. Doch er ließ sich nichts anmerken. Und als Sadik mit sorgenvoller Miene zu ihnen hochblickte, zwang er sich sogar zu einem Grinsen.
    »Ihr wisst, was ihr zu tun habt!«, rief Heinrich Heller Sadik und Jakob zu, die an den Seilwinden standen. »Lasst das Seil gleichmäßig abrollen bis zur Fünfzigmetermarke. Wenn ich dann das Licht einmal hin und her schwenke, lasst den Ballon nochmals zwanzig Meter aufsteigen. Beim nächsten Lichtzeichen geht es bis zur Hundertmetermarke. Wenn ihr uns wieder herunterholen sollt, schwenke ich die Lampe mehrmals im Kreis. Noch irgendwelche Fragen?«
    Sadik und Jakob schüttelten einmütig den Kopf.
    »Also dann! … Lasst den Falken in die Lüfte steigen!«, forderte sie Heinrich Heller mit fast pathetischer Stimme auf. Mit einer Hand hielt er sich an der Umrandung der Gondel fest, während er seinen anderen Arm um Tobias’ Schulter legte. »Mein Junge, wir lassen jetzt die Mutter Erde hinter uns und erobern das Reich der Vögel! Genieße es! Eines Tages wirst du deinen Enkeln davon erzählen!«
    Tobias umklammerte eines der Seile, mit denen die Gondel am Ballon hing, und hatte einen grässlich dicken Kloß im Hals. Er zog es deshalb vor, nur zu nicken, denn er fürchtete, seine Stimme würde ihm vor Aufregung den Dienst versagen.
    Sadik und Jakob lösten die Sperren an den Winden und die Seile liefen von den Rollen. Augenblicklich hob sich der Ballon in die Höhe, und zwar mit einer Geschwindigkeit, die Tobias das Gefühl gab, als hätte sich plötzlich der Boden unter ihm geöffnet. Am liebsten hätte er sich in eine Ecke der Gondel gesetzt, die Augen geschlossen und sich nur auf seinen Atem konzentriert, der ihm jetzt stockte. Doch er wollte neben seinem Onkel, der einen Laut des Entzückens von sich gab und ihn begeistert an sich drückte, nicht wie ein Angsthase dastehen.
    »Schau nur! Wir steigen! Und wie flott es geht! Ah, ein Falke ist eben ein Falke und keine müde Gans!«, vermochte er sogar noch zu scherzen.
    Der Startplatz schien in ein schwarzes Loch unter ihnen zu stürzen, beleuchtet nur an seinem inneren Rand von Lichtern, die in sich zusammenzufallen schienen. Und dann waren sie auch schon über Falkenhof. Die Trakte des massigen Gevierts schmolzen in Windeseile zur Größe von Spielzeugklötzen zusammen. Von Sadik, Jakob, Klemens sowie Lisette und Agnes, die den Aufstieg von der Küchentür aus verfolgt hatten, war bald kaum noch etwas zu erkennen. Klein wie Ameisen sahen sie aus.
    Und es ging höher und höher in die Schwärze, während das Gut immer kleiner wurde – als würde es sich gleich in der Dunkelheit unter ihnen auflösen.
    Doch plötzlich hatte die Aufwärtsbewegung ein Ende. Ein kräftiger Ruck ging durch die Gondel und der Falke kam zum Stillstand. Die Fünfzigmetermarke war erreicht. Der Ballon schwankte ein wenig hin und her. Doch dann stand der Falke ruhig und majestätisch am Nachthimmel. Gezähmt von den starken Seilen.
    Tobias entspannte sich etwas, sein Griff um das Seil lockerte sich und auch sein Herz schien nun wieder dorthin zurückzukehren, wohin es gehörte. Sie standen also fünfzig Meter hoch am Himmel über Falkenhof. Und der Gondelboden war auch noch nicht durchgebrochen. Fünfzig Meter auf der Erde waren ein Klacks. Nicht viel länger als ein Trakt des Landgutes. Doch fünfzig Meter lotrecht in die Luft waren etwas völlig anderes, nämlich buchstäblich ein himmelweiter Unterschied.
    »Nun sag, ist es nicht ein erhabenes Gefühl, die Erde zu

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