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Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken

Titel: Falkenhof 01 - Im Zeichen des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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Ungläubige hätten nach einer schändlichen Bluttat Zuflucht in dieser Oase gesucht. Doch Allah habe sie gestraft und das Wasser vergiftet, sodass sie dort bis auf den letzten Mann den Tod fanden«, erklärte Sadik und fuhr dann in seinem Bericht fort: »Ein anderes, wenn auch nicht weniger schreckliches Verhängnis ereilte uns um Haaresbreite in jener Nacht. Denn plötzlich drang Geschrei aus dem Zelt, in dem sich Tarik befand, und man zerrte Zeppenfeld ins Freie! Wir hatten gar nicht bemerkt, dass er sich aus unserer Runde und in Tariks Zelt geschlichen hatte. Scheich Batutas Männer forderten den Tod des Ungläubigen, der ihre Gastfreundschaft und Hilfe so schändlichst missbraucht und sich Tarik genähert hatte. Er zitterte wie Schilf im Wind und sein Leben war nicht den Sand zwischen seinen Zehen wert. Doch Sihdi Siegbert beschwor den Scheich, das Leben dieses Mannes zu verschonen. Da dein Vater die Hochachtung des Scheichs genoss«, sagte er zu Tobias gewandt, »zeigte er sich geneigt, Zeppenfelds Leben zu verschonen. Doch er stellte Sihdi Siegbert und uns alle vor die Wahl: Entweder Zeppenfeld starb vor unseren Augen noch in dieser Nacht – oder aber wir würden verstoßen werden. Man würde uns nur das lassen, was wir bei uns hatten, als wir auf die Karawane gestoßen waren, und das war erschreckend wenig gewesen. Doch statt der beiden Kamele, die wir noch gehabt hatten, sollten wir nur eines erhalten, denn mittlerweile waren diese beiden wieder gut bei Kräften.
    Sidhi Siegbert wusste sofort, wie er sich zu entscheiden hatte. Er sagte: ›Zusammen sind wir aufgebrochen und zusammen werden wir auch zurückkehren – oder den Tod finden!‹ Er hielt zu Zeppenfeld, welchen Abscheu er auch privat für ihn empfand. Für ihn war es eine Frage der Ehre. Und so sahen wir es auch, Sihdi Roland, Sihdi Burlington und ich. Nur Wattendorf war damit nicht einverstanden. Er beschwor uns, doch nicht unser Leben für das von Zeppenfeld zu opfern, denn die Aussichten, mit dem wenigen Omsurman oder eine andere Ansiedlung zu erreichen, waren gering. Er wollte, dass Zeppenfeld für das, was er getan hatte, seine Strafe erhielt – und das war der Tod. Schließlich aber beugte er sich unserem Druck. Beim nächsten Morgengrauen zog die Karawane ohne uns weiter. Wir blieben zurück – mit ein paar Schläuchen Wasser, wenig Proviant und nur einem Kamel. Und Sihdi Siegbert mit einem kostbaren Dolch in seinem Besitz. Scheich Abdul Batuta hatte ihn ihm im Morgengrauen geschenkt, ihn umarmt und ihm Allahs Segen gewünscht.«
    »Erst verstößt er ihn und dann überreicht er ihm ein kostbares Geschenk?«, fragte Tobias. »Das scheint mir aber unlogisch.«
    »Nicht nach dem Ehrenkodex der Beduinen, mein Junge. Der Scheich achtete ihn wegen der aufrechten Haltung mehr denn je, und dieses Geschenk war Zeichen seiner Wertschätzung und das Einzige, was er noch für ihn tun konnte. Hielten wir den Tod für unabwendbar, sollten wir uns mit seinem Dolch vor einem langen, qualvollen Ende bewahren.«
    Tobias holte tief Luft. »Ein schöner letzter Freundschaftsdienst!«
    »Auf Falkenhof und überall in Europa mag man so denken, doch in der Wüste gelten andere Gesetze und ein anderes Verständnis von Ehre«, meinte Sadik und setzte seinen Bericht fort. »So zogen wir dann weiter und teilten uns das eine Kamel. Wir wechselten uns ab. Doch natürlich bestimmte der Langsamste von uns das Tempo, und das war Wattendorf. Er verfluchte Zeppenfeld, weil er uns ins Unglück gestürzt hatte, und uns, die wir ihn gezwungen hätten, seinetwegen zu sterben. Sihdi Siegbert strafte ihn mit Schweigen. Doch dass unser Ende absehbar war, konnte auch er nicht abstreiten. Denn wir kamen nur langsam voran und unsere Wasservorräte schrumpften zusammen.
    Als wir zwei Tage später erwachten, war Wattendorf nicht mehr da. Er hatte sich in der Nacht fortgeschlichen – mit dem Kamel und fast allen Wasserschläuchen. Nur der Wasserschlauch, den sich Sihdi Burlington unter den Kopf gelegt hatte, war uns geblieben!«
    »Dieser Verräter!«, stieß Jana voller Abscheu hervor. »Damit hat er ja alle anderen dem sicheren Tod ausgeliefert!«
    Sadik nickte. »Wir hatten keine Hoffnung mehr und der Tod war nur noch eine Frage von Tagen. Das wenige Wasser würde auch bei äußerster Sparsamkeit kaum zwei Tage reichen. Wir beschlossen, nur noch in der Nacht zu marschieren und uns an den Sternen zu orientieren und tagsüber im kläglichen Schatten einer Düne oder eines

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