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Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Titel: Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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»Mich müsst ihr bis zum Abend entschuldigen. Es wird Zeit, dass ich in die Druckerei zurückkehre. Wir stecken mitten in der Arbeit für die Abendausgabe. Ich habe heute Morgen alle Artikel, die ich für die erste Seite eingeplant hatte, gestrichen, um Raum für meine Antwort auf die vier Ordonnanzen zu schaffen. Dies ist möglicherweise ein schicksalhafter Tag für die Geschichte unserer Nation und ich möchte mir nicht eines Tages vorwerfen müssen nicht alles in meinen Kräften Stehende getan zu haben, um dem gewissenlosen Machtstreben unseres Königs Einhalt zu gebieten und für unsere Verfassung einzustehen!«
    »Möge Allah seine schützende Hand über Sie halten, Sihdi Roland«, hoffte Sadik, denn sie alle wussten aus Erfahrung, wie gefährlich es war, sich gegen Monarchen und Fürsten zu stellen, die nicht davor zurückschreckten, ihre Macht zu missbrauchen und ihre Widersacher notfalls sogar mit der Macht der Bajonette in den Staub zu drücken.
    »Und über euch, mein Bester! Ihr seid fremd in dieser unruhigen Stadt und habt guten Grund, äußerst vorsichtig zu sein! Denn ich habe nicht übertrieben, als ich sagte, dass Paris wie ein einziges großes Pulverfass mit schwelender Lunte ist!«, warnte Jean Roland sie noch einmal eindringlich. »Und dass die Lunte brennt, steht außer Zweifel. Es fragt sich nur, wie lang sie ist – und ob es jemand schafft, sie auszutreten, bevor es zu einer Explosion kommt. Denn dann wird Blut fließen! Viel Blut!«
     

 
Tumult unter den Kolonnaden
     
    Sadik hatte auf dem edlen Parkett des Gästezimmers, das er sich mit Tobias teilte, seinen kleinen Gebetsteppich ausgerollt und sich gen Osten niedergekniet. »Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen«, begann er zu beten. »Sadik! Hat das denn nicht Zeit bis später?«
    »Nein, hat es nicht«, erhielt er ruhig zur Antwort. »Preis sei Allah, dem Herrn der Menschen in aller Welt …«
    »Aber es ist doch schon sechs durch!«, fiel Tobias ihm erneut ins Gebet. Er hatte sich beeilt, ihre persönlichen Sachen aus dem Wagen ins Zimmer zu bringen und sich zu waschen, und konnte es nun nicht erwarten, dass sie sich endlich auf den Weg zum Café du Caveau machten. Er hatte sogar schon mit Gaspard gesprochen, der nur zu bereit war, sie zu Horace Blancourts Stammlokal zu bringen.
    »Jede Sache auf der Welt hat seine Stunde. Jetzt ist die Zeit für das Nachmittagsgebet, mein Junge! Hinterher folgt die Zeit, Ausschau nach dem Journalisten zu halten!«, wies Sadik ihn scharf zurecht. »Ich bitte dich also, das zu respektieren und mich nicht noch einmal zu unterbrechen. Und warte draußen!«
    Tobias bekam einen roten Kopf ob dieser barschen Zurechtweisung. »Entschuldige, Sadik. Tut mir Leid. Ich warte auf dem Hof«, murmelte er und verließ schnell das Zimmer. Welcher Teufel ihn bloß geritten hatte, dass er seinen Freund zweimal im Gebet unterbrochen hatte? Er wusste doch, wie ernst Sadik seine Pflichten als Muslim nahm.
    Jana war im Zimmer nebenan untergebracht. Er klopfte an die Tür. »Bist du fertig? Kann ich eintreten?«, fragte er.
    »Besser nicht«, lautete ihre fröhliche Antwort. »Ich steige nämlich gerade erst aus dem Bottich. Ich weiß, dass ich spät dran bin, aber Unsinn wollte einfach nicht vom Baum klettern.«
    »Schon gut«, meinte Tobias und schmunzelte, weil er sich diese Szene recht bildhaft vorstellte. Hübsch wie eine junge Venus musste sie aussehen. Und seine Ohren brannten noch mehr, als er sich bei diesem Gedanken ertappte. Und schnell sagte er: »Sadik ist auch noch nicht fertig. Du kannst dir also ruhig Zeit lassen. Ich bin unten im Hof bei Gaspard.«
    Tobias lief die Treppe hinunter. Die Tür zum Salon stand offen und er sah, dass Isabelle die Platten mit den kleinen appetitlichen
    Happen, die Jean Rolands Köchin so schnell zubereitet hatte, noch nicht vom Tisch geräumt hatte. Vermutlich nahm sie an, dass sie sich davon noch zu bedienen wünschten. Und genau das tat er nun auch. Er stapelte ein halbes Dutzend Schnitten mit kaltem Bratenfleisch auf seine Hand und begab sich damit zu Gaspard.
    Dieser lachte, als Tobias ihn damit überraschte. Heißhungrig fiel er darüber her. »Wenn man so wie ich auf und von der Straße lebt, dann heißt Leben in ein Stück Brot beißen«, erklärte er mit vollem Mund. »Doch in Brot mit Bratenfleisch beißen, heißt wie ein kleiner König leben.«
    So habe ich immer gelebt – und noch viel besser, fuhr es Tobias beschämt durch den Kopf. Nie hatte er viel

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