Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
haben wir uns ja den richtigen Zeitpunkt ausgesucht um nach Paris zu reisen«, meinte sie sarkastisch.
Erst jetzt fiel es Jean Roland ein, sie nach dem Grund ihres Besuchs zu fragen.
»Wir sind nicht ganz freiwillig hier, Sihdi Roland«, antwortete Sadik. »Sihdi Heinrich sitzt im Kerker von Mainz und ich musste mit Tobias Falkenhof fluchtartig verlassen.«
»Dein Onkel im Kerker?«, stieß Jean Roland fassungslos und betroffen hervor. »Das darf nicht sein!«
»O doch! Sein Geheimbund ist aufgeflogen. Und dass dies passiert ist und wir flüchten mussten, ist allein das verbrecherische
Werk von Zeppenfeld!« erklärte Tobias zornig.
»Zeppenfeld? Armin von Zeppenfeld?« Jean Roland verstand nun gar nichts mehr.
Tobias begann zu berichten, was sich während der letzten Monate auf Onkel Heinrichs Gut, in Mainz und auf ihrer Flucht ereignet hatte. Sprachlos hörte Jean Roland ihnen zu und es fiel ihm sichtlich schwer, das Gehörte zu glauben und zu verarbeiten.
Verstört schüttelte er den Kopf, als Tobias geendet hatte. »Ich hätte nie geglaubt, dass ich von diesem Schweinehund Zeppenfeld noch einmal hören würde – und schon gar nicht in diesem Zusammenhang. Glaubt ihr denn tatsächlich, dass dieses Geschwätz von Wattendorf einen wahren Kern hat?«, fragte er voller Zweifel.
»Die Antwort auf diese Frage lässt sich wohl nur im Sudan finden. Doch die Karte, auf der die Lage des verschollenen Tals verzeichnet ist, existiert«, erwiderte Sadik. »Und die Tatsache, dass Zeppenfeld vor nichts zurückschreckt um in ihren Besitz zu gelangen, spricht für sich. Man kann ihm ja viel vorwerfen, nicht jedoch, dass er ein Phantast ist.«
»Nein, er ist vielmehr ein kaltschnäuziger, berechnender Lump«, räumte Jean Roland ein und furchte die Stirn. »Wattendorf hat damals also nicht nur wirres Zeug geredet … Himmel, ich kann es noch gar nicht glauben. Keiner hat ihm geglaubt. Auch Zeppenfeld nicht.«
»Oder er hat nur so getan«, gab Sadik zu bedenken.
»Ja, das sähe ihm ähnlich.«
»Aus dem Brief, den Wattendorf meinem Vater zusammen mit dem Falkenstock geschickt hat, wissen wir, dass er auch Ihnen und Rupert Burlington irgendetwas geschickt hat«, kam Tobias nun auf das zu sprechen, was ihn am meisten beschäftigte und ihm die letzten Wochen keine Ruhe gelassen hatte.
»Er bezeichnete es als einen Schlüssel für die inneren Pforten des Tales. Haben Sie wirklich etwas von ihm erhalten, Monsieur Roland?«
Dieser nickte mit einem Gesichtsausdruck, der gleichermaßen Verwirrung wie Geringschätzung verriet. »In der Tat, das habe ich. Aber wie dein Vater war auch ich der festen Überzeugung, dass diesem Geschenk und dem Begleitbrief nicht die geringste Bedeutung beizumessen wäre. Ich hielt es für das lächerliche Geschreibsel eines wirren Kopfes.«
»Was hat er Ihnen denn zugeschickt?«, fragte Tobias, der wie auf heißen Kohlen saß. Gleich würden sie Wattendorfs zweites Rätsel in den Händen halten!
»Einen Koran!«, lautete Jean Rolands Antwort.
Die Verwunderung war bei Sadik, Tobias und Jana gleich groß. Damit hatten sie nicht gerechnet. Wie sollte ein Koran einen der Schlüssel zu jenen inneren Pforten enthalten?
»Einen ganz gewöhnlichen Koran?«, fragte Tobias nach.
»Nein, gewöhnlich kann man diesen Koran bestimmt nicht nennen, auch wenn man mal von dem absonderlichen Gedicht absieht, das Wattendorf innen auf den Vorsatz gekritzelt hat. Aber fragt mich nicht, wie es lautet. Es war so verquer, dass ich es auch nach mehrmaligem Lesen kaum behalten hätte. Ich habe es nur einmal überflogen und das reichte mir.«
»Das Geheimnis des Falkenstocks war auch in einem Gedicht versteckt«, sagte Jana erregt.
Sadik nickte. »Aber was ist außerdem an dem Koran so ungewöhnlich, Sihdi Roland?«
»Nun ja, das Buch selber fällt nicht aus dem Rahmen, was Druck, Papier und dergleichen angeht. All das ist von eher minderer Qualität«, erklärte der Zeitungsverleger. »Nur der Einband, besser gesagt der vordere Buchdeckel ist ungewöhnlich. Denn er besteht nicht aus Leder, sondern aus gehämmertem Kupfer. Eine sehr aufwendige Arbeit, all die vielen Ornamente und Arabesken aus dem Metall zu hämmern. Obwohl ich sagen muss, dass die Arbeit von der künstlerischen Gestaltung her viel zu wirr und überladen ausgefallen ist um ansprechend zu wirken.«
Tobias’ Augen leuchteten. Sein Vater hatte einen Falkenstock von Wattendorf erhalten. Falkenhof hieß das Gut, das sein Zuhause war, und so ein
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