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Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Titel: Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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sich kaum nehmen lassen, dort das Wort zu führen.«
    »Dann nichts wie hin!«, schlug Jana vor.
    »Ja, wir wollen keine Zeit verlieren!«, rief auch Tobias ungeduldig. »Ich wette, Gaspard hockt noch immer da draußen vor dem Tor. Er wird uns bestimmt gern zu diesem Café du Caveau bringen! Also machen wir uns auf den Weg! Je eher wir den Koran in der Hand halten, desto besser ist es. Wer weiß, wie groß unser Vorsprung war.«
    »Und ob uns Zeppenfeld nicht schon auf dem Weg nach Paris überholt hat«, fügte Jana besorgt hinzu. Sie hatten sich zwar in Straßburg ein zweites, ausdauerndes Pferd gekauft, das den Wagen abwechselnd mit Napoleon bis kurz vor Paris gezogen hatte. Doch wenn es dem Zöllner Daemgen nicht gelungen war, die Bande lange genug hinter Schloss und Riegel zu halten, mussten sie damit rechnen, dass ihnen Zeppenfeld schon wieder dicht im Nacken saß.
    »Und wenn er schon in Paris wäre, so wüsste er doch nichts von Horace Blancourt«, beruhigte Sadik sie.
    »Dennoch müssen wir den Koran so schnell wie möglich sicherstellen«, beharrte Tobias und machte Anstalten sich zu erheben.
    »Keine unnötige Hast!«, hielt Jean Roland sie in ihren Sesseln zurück und streckte dabei die Hände aus, als wollte er ihnen das Aufstehen verwehren. »Ihr werdet Horace Blancourt zu dieser frühen Stunde nicht im Café antreffen.«
    »Frühe Stunde?«, wiederholte Tobias fast belustigt. »Aber wir haben doch schon Nachmittag!«
    »Was für das Zeitverständnis dieses Mannes ausgesprochen früh am Tag ist, mein Junge«, sagte Jean Roland mit einem spöttischen Lächeln. »Horace Blancourt pflegt sein Frühstück nicht vor zwei Uhr mittags einzunehmen, was nicht unwesentlich mit dem ausschweifenden Lebenswandel seiner – Nachtschönen zu tun hat, die sich erst zur Nachtruhe legen, wenn es schon wieder hell über Paris geworden ist. Dies ist eigentlich kein Thema, das man in Gegenwart eines jungen Mädchens erörtern sollte«, fügte er entschuldigend hinzu.
    »So jung bin ich nun auch wieder nicht«, warf Jana selbstbewusst ein. Sie unterdrückte jedoch die Versuchung ihn darauf hinzuweisen, dass sie in einem Milieu aufgewachsen war, das nicht gerade der behüteten Welt eines Mädchenpensionates entsprach. Was sie in den vielen Jahren auf der Landstraße, in fremden Orten und auf Volksfesten gesehen, gehört und am eigenen Leib erfahren hatte, machte das Gespräch über Mätressen und Lebemänner, wie Horace Blancourt wohl einer war, zu einer harmlosen Belanglosigkeit. Und der Blick, den sie von Tobias auffing, sagte ihr, dass er genau wusste, was ihr in diesem Moment durch den Kopf ging. Dieses gegenseitige Einfühlungsvermögen stimmte sie froh und sie erwiderte seinen Blick mit einem Lächeln.
    »… aber in Anbetracht der Umstände lässt es sich ja nicht ganz vermeiden«, fuhr der Zeitungsverleger unbeirrt fort. »Kurz und gut: Blancourt dürfte jetzt erst damit beschäftigt sein, die Blenden zu öffnen und sich von seiner – Auserwählten das Frühstück ans Bett bringen zu lassen. Er ist zwar ein sehr talentierter Journalist, aber leider keiner von der Sorte, die sich einer harten Selbstdisziplin unterwirft. Doch eine löbliche Angewohnheit kann er schon für sich ins Feld führen: Er setzt sich täglich an seinen Schreibtisch und arbeitet an seinen Formulierungen. Viel zu kurz, aber immerhin. Sein Tageswerk beschränkt sich nämlich auf die kurze Spanne zwischen vier und sechs Uhr. Diese zwei Stunden Arbeit hält er jedoch ein. Vor sechs, sieben Uhr setzt er den Fuß deshalb nie vor die Tür. Ihr seht, es besteht also kein Grund zur Eile.«
    »Anders wäre es mir dennoch lieber gewesen«, murmelte Tobias.
    »Wer die Fähigkeit hat einen ganzen Strom auszutrinken bekommt bei einem Bächlein keinen Erstickungsanfall«, bemerkte Sadik mit sanftem Tadel und erinnerte sie daran, dass sie sich wochenlang in Geduld hatten üben müssen. »Nutzen wir die Zeit um unsere Sachen aus dem Wagen zu holen und uns etwas zu erfrischen. Einen Bottich mit Wasser und reichlich Seife können wir jetzt alle gut vertragen.«
    »Und ich muss Unsinn ausführen und versorgen«, fiel es Jana ein wenig schuldbewusst ein. Ihr geliebter Affe hatte den ganzen Tag in seinem Käfig bleiben müssen und würde sich über ein wenig Auslauf und Herumturnen im rückwärtigen Garten bestimmt freuen.
    »Isabelle wird euch eure Zimmer zeigen und dafür sorgen, dass ihr alles bekommt, was ihr nötig habt«, versicherte Jean Roland und erhob sich.

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