Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
kleiner Laden irgendwo im Viertel östlich vom Place des Victoires war – und dass im Schaufenster zwischen allerlei Trödel eine kleine Guillotine aus Porzellan gestanden hat.«
Sadik stöhnte auf. »Irgendwo ein Geschäft, in dessen Fenster eine Porzellanguillotine steht! Irgendwo!«
»Lasst uns die Sache mit Gaspard bereden«, schlug Tobias vor, der sich bei aller Enttäuschung nicht geschlagen geben wollte. Die Angabe eines Stadtviertels war immerhin noch besser als gar keine. »Wenn uns einer helfen kann, dann er.«
Gaspard fand die ganze Angelegenheit gar nicht so deprimierend, was von seiner Warte aus betrachtet auch nur zu verständlich war. Er machte kein schlechtes Geschäft, ihnen als Führer dienlich zu sein. Und je länger sich die Sache hinzog, desto lukrativer fiel sie für ihn aus.
»Östlich vom Place des Victoires? Ja, da gibt es ein hübsches Gewirr von Straßen und schmalen Gassen, wo viele Läden mit alten Büchern, Möbeln und anderem Trödel zu finden sind«, bestätigte er mit einem breiten Grinsen. »Kein Wunder, dass sie sich nicht mehr erinnern kann, wo genau sie dieses Buch verkauft hat. Man kann sich in der Gegend schnell verlaufen und den Überblick verlieren.«
»Aber du hilfst uns doch, nicht wahr?«, fragte Tobias eindringlich.
Gaspard kratzte sich mit dem Eisenhaken am Kinn. »Klar helfe ich euch, diesen Laden zu finden. Aber es sind unruhige Zeiten, meine Freunde. Und ich muss auch an mein Auskommen denken, wenn ihr versteht, was ich meine.«
Sadik verstand sofort. »Es soll dein Schaden nicht sein. Wir zahlen dir von jetzt an doppelten Lohn. Einverstanden?«
Gaspard strahlte. »Das ist ein Wort, Beduine!«
»Dann lasst uns gehen!«, drängte Tobias.
In dem Gassengewirr zwischen Rathaus und Louvre stießen sie auf die ersten Barrikaden, die von den Bürgern aus umgestürzten Kutschen, gefällten Bäumen, Kisten und Tonnen errichtet worden waren um den Aufmarsch der alarmierten Truppen zu verhindern. Die Stadt glich einem brodelnden Hexenkessel, der jeden Augenblick in Stücke springen und die Stadt mit einer Welle blutiger Gewalt überschwemmen konnte. Aus der Gegend um die Rue Saint Honore kam die Nachricht, dass dort erstmals Truppen eingegriffen hätten um Menschenaufläufe auseinanderzutreiben. Auch um die Börse und am Place de Vendôme begannen die Bürger weitere Sperren zu errichten.
Ohne Gaspard wären sie aufgeschmissen gewesen. Er führte sie über Hinterhöfe und Hausdächer um die Barrikaden herum. Doch diese Umwege kosteten viel Zeit. Und als sie endlich in das Viertel um den Place des Victoires gelangten, war es früher Nachmittag.
Sie begannen die ersten Straßen nach dem besagten Geschäft abzusuchen. Doch sie gelangten nicht weit. Soldaten versuchten in das Viertel einzudringen, trafen jedoch auch hier auf Barrikaden. Und dann fielen die ersten Schüsse.
Tobias wollte der Gefahr trotzen und die Suche fortsetzen, denn die Kämpfe lagen einige Straßen entfernt, dem Klang der Schüsse nach zu urteilen. Doch Sadik dachte nicht daran, ein Risiko einzugehen, das sie nicht abschätzen konnten. Wer wusste denn, ob dieses Viertel nicht im Handumdrehen von Pulverdampf und Waffengeklirr erfüllt war!?
»Kommt gar nicht in Frage! Wir brechen die Suche ab, kehren ins Haus von Sihdi Roland zurück und warten ab, bis sich die verworrene Lage geklärt hat! Zu wessen Gunsten auch immer!«
»Nur noch die Seitenstraße da drüben!«, versuchte ihn Tobias umzustimmen.
Sadik ließ jedoch nicht mit sich reden. »La! Wir kehren auf der Stelle um! Wenn der Koran bisher noch keinen Käufer gefunden hat, wird er auch morgen oder übermorgen noch auf einen harren. Und jetzt nichts wie weg von hier. Gaspard! Bring uns so schnell wie möglich raus aus dem Viertel! Wo geschossen wird, haben wir nichts zu suchen, Tobias! Und Jana schon gar nicht!«
Der Hinweis auf Jana verfehlte seine Wirkung nicht und Tobias wehrte sich nicht länger gegen den sofortigen Abbruch der Suche.
Als sie das Viertel fast schon hinter sich gelassen hatten, sahen sie sich plötzlich berittenen Soldaten gegenüber, als sie ahnungslos um eine Straßenecke bogen. Sie erschraken, als sie die Kavalleristen mit ihren in der Sonne funkelnden Brustharnischen sahen, die hier wohl auf ihren Einsatzbefehl gewartet hatten.
Und er erfolgte im selben Augenblick, als sie um die Ecke hasteten. Eine befehlsgewohnte Stimme schallte durch die Straße, und die Abteilung setzte sich in Bewegung.
»Zurück!«, schrie
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