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Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Titel: Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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Mitteln gegen die zersplitterten Truppeneinheiten an, wenn sie nicht mit der Waffe in der Hand eine der unzähligen Straßensperren verteidigte. Wo immer die königstreuen Soldaten auftauchten, gerieten sie nicht nur in das Kreuzfeuer von Barrikadenkämpfern und in den Häusern versteckten Heckenschützen, sondern aus den Fenstern ging auch ein dichter und nicht weniger wirksamer Hagel aus Blumentöpfen, Steinen, Dachziegeln, Möbelstücken und vollen Nachtgeschirren auf sie nieder. Und dieser unablässige Beschuss ließ die Soldaten nicht nur zum Gespött der Leute werden, sondern hinderte sie auch daran, den Revolutionären ein reguläres Gefecht zu liefern.
    Für die Aufständischen war zudem noch von Vorteil, dass viele Truppenteile außerhalb der Stadt stationiert waren, sich in Paris nicht auskannten und ziellos durch das Gewirr der Gassen irrten, bald demoralisiert und zermürbt von den Scharmützeln und dem Bombardement aus den Häusern. Sie waren darauf gedrillt, ihren Mann in einer offenen Feldschlacht zu stehen, nicht jedoch einen Straßenkampf zu führen, bei dem man nicht wusste, wo die gegnerischen Linien verliefen. Genau genommen war der Gegner überall und nirgendwo und damit nicht zu stellen. Denn wurde hier mal eine Barrikade eingenommen, was selten genug der Fall war, entstand ein paar Straßen weiter eine neue – oder aber die Aufständischen räumten eine der breiteren Straßen vor einer anrückenden Abteilung mit Kanonen, um den Soldaten wenig später in einer engen Gasse in den Rücken zu fallen, wo sie keine Möglichkeit mehr fanden, ihre Geschütze schnell genug zu wenden. Und welchem erfahrenen Soldaten, der doch selbst aus einfachen Verhältnissen stammte und nur einen bescheidenen Sold bezog, bereitete es noch dazu Vergnügen, auf Frauen und Kinder zu feuern, die an der Seite ihrer Männer und Väter heftigen Widerstand leisteten? So war es kein Wunder, dass immer mehr Mannschaften der Linientruppen, dem Rückgrat der königlichen Armee, im Laufe des Tages in den Ruf Vive la Charte! einstimmten, die Fronten wechselten und unter der Trikolore kämpften.
    Als Tobias, Sadik und Gaspard endlich ihr Ziel erreichten, hatten die Aufständischen schon den Sitz des Stadtpräfekten besetzt, den seine Verteidiger, ohne einen Schuss abzugeben, fluchtartig geräumt hatten, und auf dem Dach des Hotel de Ville die Trikolore gehisst. Doch an zahlreichen Punkten der Stadt gingen die Kämpfe mit unerbittlicher Härte und Verbissenheit auf beiden Seiten weiter. Dazu gehörte auch die Barrikade am oberen Ende der Rue Calbrot.
    Ein letzter Sprung von einem Vorsprung auf das Dach eines Hauses, das ein Stockwerk weniger aufwies, und ihr abenteuerlicher Weg hoch über den Straßen der Stadt hatte sein Ende gefunden. Sie zwängten sich durch eine Luke, liefen das dunkle Treppenhaus hinunter und standen dann in der heißen Julisonne auf der Rue Calbrot.
    »Da drüben ist das Geschäft! Gleich links neben der Toreinfahrt!«, rief Gaspard und wies über die Straße.
    Es war ein kleiner Laden, der ein buntes Durcheinander von billigem Trödel und preiswerten Antiquitäten führte. Im Fenster stand neben zwei Kerzenleuchtern und einem Heiligenbild tatsächlich eine kleine Guillotine aus Porzellan. Das Geschäft war natürlich geschlossen, die Tür durch ein Eisengitter versperrt.
    Sie fragten eine alte Frau, die aus der benachbarten Toreinfahrt kam und einen Korb mit Kartuschen schleppte, nach dem Besitzer.
    »Sie suchen Monsieur Taynard? Den finden Sie da oben auf der Barrikade! Wie alle anderen aus unserer Straße, die wissen, wo zu dieser Stunde ihr Platz ist!«, teilte sie ihnen mit und ihr runzeliges Gesicht zeigte Stolz und Entschlossenheit.
    »Lassen Sie mich das tragen! Wir kommen mit«, sagte Sadik und nahm der Frau den schweren Korb ab. Im Schutz der Hausfassaden liefen sie zur Barrikade. Sie bestand aus mehreren umgestürzten Fuhrwerken, gefällten Bäumen, Dutzenden von Schränken, Tischen und Stühlen, Pflastersteinen, Tonnen und Kisten sowie einem Gewirr von Brettern und Balken, Kesseln, Blechen und sandgefüllten Säcken. Sie ragte gut zwei Meter in die Höhe, von einer Haus wand zur anderen. Oben auf der Spitze wehte die blau-weiß-rote Trikolore, die Fahne der Revolution.
    Mehr als drei Dutzend Männer und Frauen hatten sich dahinter verschanzt und feuerten auf die Soldaten, die gegen die Sperre anstürmten. Am Fuß der Barrikade waren Kinder und Alte damit beschäftigt, Pistolen und Flinten

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