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Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Titel: Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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hörten Jana an die Tür klopfen und Jacqueline Maupas bitten, ihr doch zu öffnen und sie anzuhören.
    Jacqueline Maupas öffnete ihr tatsächlich. »So, und wer bist du?«, drang ihre erboste Stimme zu ihnen herunter. »Vielleicht sein neues Liebchen? Hübsch genug bist du ja. Wusste gar nicht, dass er sich jetzt auch schon so junges Gemüse hält! Aber er hat es wohl nötig.«
    »Nein, sein Liebchen bin ich nicht. Ich kenne Horace Blancourt überhaupt nicht«, erwiderte Jana ruhig.
    »Ach, nein! Und was willst du dann von mir?«
    »Ihnen ein Geschäft anbieten. Aber darf ich Ihnen das in Ihrer Wohnung erklären?«
    »Also gut, komm rein. Aber glaube ja nicht, mir mit irgendwelchen alten Geschichten auf die Nerven gehen zu können«, warnte sie Jana, noch immer argwöhnisch, sie könnte doch etwas mit ihrem verflossenen Liebhaber zu tun haben.
    Tobias stieß Sadik freundschaftlich in die Rippen. »Sie hat es geschafft!«
    »Weißt du, was Scheich Abdul Kalim einmal gesagt hat, als die Rede um ein zänkisches Weib ging?«
    »So wie ich dich manchmal reden höre, hat er ohne Zweifel genug von sich gegeben, um ein Dutzend Bücher mit Spruchweisheiten zu füllen«, erwiderte Tobias mit gut gelauntem Spott. Gleich würden sie den Koran in den Händen halten! Jana schaffte es bestimmt! »Wovon einiges aber weniger als Weisheit, sondern vielmehr als Engstirnigkeit zu bezeichnen wäre. Aber rede es dir nur von der Seele, Sadik. Was hat er denn über zänkische Frauen gesagt?«
    »Dass es gegen die Schlange, die unfolgsame Tochter und das zänkische Weib nur eine einzige Medizin gibt – nämlich den Stock!«
    Tobias konnte nicht umhin, über Sadiks Groll, den Jacquelines schroffe Abfuhr in ihm geweckt hatte, herzhaft zu lachen. »Lass das bloß nicht Jana hören! Die würde dir die passende Antwort bestimmt nicht schuldig bleiben, und die würde einem Beduinen wie dir genauso wenig schmecken wie Jana das, was du da von dir gegeben hast! Ein zänkischer, rechthaberischer Mann ist nämlich genauso unausstehlich wie eine zänkische Frau – und das ist eine Weisheit von Scheich Sihdi Heinrich!«
    Sadik warf ihm einen missvergnügten Blick zu, schüttelte den Kopf und hüllte sich in Schweigen, als hielte er es für seiner nicht würdig, darauf etwas zu erwidern.
    Gute zehn Minuten verstrichen. Dann verließ Jana die Wohnung der Tänzerin. Sadik und Tobias vergaßen ihre kleine Verstimmung, sprangen auf und blickten ihr erwartungsvoll entgegen. Ihre freudige Erwartung fiel jedoch augenblicklich wie ein Strohfeuer in sich zusammen.
    Jana ging mit leeren Händen die Treppe hinunter!
    »Der Koran? Wo ist der Koran?«, stieß Tobias hervor.
    »Jacqueline Maupas hat ihn nicht mehr. Sie hat das Buch schon vor gut zwei Wochen verkauft«, teilte Jana ihnen niedergeschlagen mit. »Sie war damals ohne Arbeit und hat alles zu Geld gemacht, was sie entbehren konnte und irgendwie von Wert war, um sich bis zu ihrem nächsten Engagement über Wasser zu halten.«
    Tobias schluckte schwer und sackte wieder auf die Treppe. Das war ein Tiefschlag, der sie völlig unerwartet traf. Er hatte so fest damit gerechnet, den Koran an diesem Vormittag endlich in seinen Händen zu halten. Und nun dies! Er hätte vor Wut und Enttäuschung heulen können.
    »Und an wen?«, fragte Sadik grimmig und warf Tobias einen Blick zu, als wollte er sagen: Habe ich es dir nicht gesagt? So einem zänkischen Weib ist alles zuzutrauen!
    Jana setzte sich zu ihnen und atmete tief durch. »An einen Antiquitäten- und Kuriositätenhändler.«
    »Dann nichts wie hin zu diesem Händler! Kann mir nicht vorstellen, dass ein Koran in Paris so schnell verkauft wird«, meinte Sadik. »Allah sei Dank, dass wir Gaspard haben. Er wird uns schnell zu diesem Geschäft bringen.«
    »Das glaube ich nicht«, widersprach Jana langsam. »Jacqueline kann sich nämlich nicht mehr erinnern, in welchem Geschäft sie den Koran verkauft hat.«
    »Sie erinnert sich nicht mehr? Das gibt es doch gar nicht!«, erregte sich Tobias.
    »Leider doch. Wie sie mir erzählt hat, war sie mit einem ganzen Koffer voll Plunder unterwegs und hat nicht immer das erstbeste Angebot angenommen«, berichtete Jana. »Sie ist zwischendurch auch in eine Wirtschaft eingekehrt, und wenn ich sie recht verstanden habe, hat sie da einiges getrunken. Nicht dass sie betrunken gewesen wäre, aber sie kann sich nun mal nicht mehr daran erinnern, in welchem Geschäft sie den Koran losgeworden ist. Sie weiß nur noch, dass es ein

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