Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
sich nicht überreden läßt. Der Jentsch ist so stur wie ein Hauklotz.«
»Und auch das wohl nur, wenn er seinen guten Tag hat«, meinte Sadik.
»Was tun wir denn jetzt bloß?«, fragte sie ängstlich. »Wir können doch nicht bis Tagesanbruch warten!«
»Wie weit ist es bis zur nächsten Fährstelle?«, wollte Tobias wissen.
»Zu Pferd mindestens vier Stunden«, erklärte Magdalena. »Wir müssen dann aber erst wieder den halben Weg nach Siebenborn zurück und dann flussaufwärts. Außerdem gelangen wir da jetzt auch nicht über den Fluss. Denn der Mann, der dort den Fährdienst versieht, wohnt auf der anderen Flussseite und geht erst am Morgen zu seiner Anlegestelle.«
»Und auf dem Weg zurück nach Siebenborn würden wir unseren Verfolgern in die Arme reiten.« Tobias schüttelte den Kopf. »Unmöglich! Uns muss etwas anderes einfallen. Vielleicht sollten wir uns im Wald verstecken.«
Der Fährmann stand noch immer vor seiner Hütte, als traute er dem Braten nicht so recht. »He, auf was wartet ihr noch? Schlagt euer Lager gefälligst woanders auf!«, rief er ihnen zu. »Bei meinem Kahn will ich euch nicht haben!«
»Nein, ich weiß, was wir tun. Wir gehen hier über den Fluss!«, bestimmte Sadik energisch. »Für alles andere bleibt uns keine Zeit!«
»Du willst mit den Pferden durch diese reißenden Fluten?«, fragte Tobias ungläubig.
»Heilige Mutter Gottes, das ist unser Tod!«, stieß Magdalena entsetzt hervor. »Ich kann nicht schwimmen!«
Sadik machte eine ungeduldige Handbewegung. »Ich habe nicht vor, den Fluss zu durchschwimmen. Dass wir das niemals schaffen werden, sehe ich auch. Nein, wir nehmen den Fährkahn!«
Verständnislos sah Magdalena ihn an. »Ja, aber …«
Sadik ließ sie nicht ausreden. »Es bleibt uns nicht viel Zeit zum Reden. Es muss schnell gehen, wenn ich das Zeichen gebe. Also hört genau zu, was ich euch sage«, forderte er sie auf und löste dabei den
Satteltaschengurt seines Pferdes. »Tobias! Schnall die anderen Packtaschen ab! Der Fährmann soll glauben, wir hätten wirklich vor hier irgendwo unser Nachtlager aufzuschlagen.«
»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr«, gestand Tobias, tat aber, wie ihm geheißen.
»Ein bisschen Bewegung da unten!«, verlangte der Fährmann ungeduldig. »Habe nicht vor mir die halbe Nacht die Beine in den Bauch zu stehen!«
Hastig erklärte ihnen Sadik seinen Plan. »Wir werden uns dem Fährkahn anvertrauen – und zwar ohne das Führungsseil, das durch die Winde läuft. Ich werde es durchschneiden, wie auch das andere Seil, mit dem das Boot an dem Pfahl dort festgebunden ist. Daraufhin wird die Strömung es packen und flussabwärts treiben – mit uns und den Pferden an Bord.«
Tobias’ Gesicht hellte sich auf. »Natürlich! Das ist es! Bevor der Sturkopf begreift, was wir vorhaben, sind wir mit seinem Kahn auf und davon!«
»Aber ohne Führungsseil sind wir dem Fluss hilflos ausgeliefert! So ein Fährboot lässt sich nicht steuern«, wandte Magdalena entsetzt ein.
»Wenn ich an Zeppenfeld, Stenz und Tillmann mit ihren Musketen denke, erscheint mir eine Wildwasserfahrt bei Nacht als das kleinere Übel«, meinte Tobias trocken und hängte sich die schweren Packtaschen über die Schulter.
»Schnelligkeit ist jetzt alles!«, mahnte Sadik. »Ihr nehmt die Pferde am Zügel und bringt sie auf mein Zeichen hin auf den Kahn. Vielleicht werden sie scheuen. Widersetzen sie sich zu sehr, gebt sie frei und lasst sie laufen. Wichtig ist jetzt nur, dass wir auf den Kahn kommen und damit von hier verschwinden!«
»Ganz ruhig«, sagte Tobias zu Magdalena und berührte kurz ihren Arm, als er sah, wie sie auf den schäumenden Fluss blickte. »Wir schaffen es schon. Es sieht schlimmer aus, als es ist. Morgen lachst du darüber. Außerdem: Wir haben keine andere Wahl.«
»He, habt ihr Sand in den Ohren?«, brüllte der Fährmann ihnen zu. »Sucht euch woanders einen Lagerplatz!«
»Seid ihr bereit?«, fragte Sadik.
Magdalena packte die Zügel von Sadiks Pferd und nickte stumm.
»Bereit zum Entern!«, versuchte Tobias zu scherzen, doch seiner belegten Stimme war die innere Anspannung anzumerken.
»Dann los!«, rief Sadik gedämpft, warf die Satteltaschen auf das
Boot und hielt im nächsten Augenblick sein Messer in der Hand. Er hörte den dumpfen Aufschlag der anderen Packtaschen und dann das schrille Wiehern der Falben, als Magdalena und Tobias die Pferde zum Fährkahn zerrten. Doch er kümmerte sich nicht darum, sondern sprang zum unteren
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