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Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken

Titel: Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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Halteseil, das nur dem sicheren Vertäuen des Bootes am Ufer diente und nicht einmal halb so dick wie das Führungstau war. Mit Leichtigkeit fuhr die Klinge durch den Hanf und durchtrennte die gedrehten Stricke.
    »Zum Teufel, was treibt ihr da? Runter von meinem Kahn!«, gellte des Fährmanns Stimme durch die Nacht, und dann begriff er, was sie vorhatten. Er rannte den Hügel hinunter und schrie sich fast die Kehle aus dem Leib.
    »Elendes Diebespack! Euch werde ich es zeigen! Ich werde euch schneller ans andere Ufer bringen, als euch lieb sein wird – und zwar mit ein paar Ladungen Schrot!« Er riss das Schrotgewehr hoch und drückte im Laufen ab.
    Mit einem kanonenähnlichen Donnern löste sich der Schuss aus dem rechten Lauf der Flinte. Ein dichter Hagel Schrotkörner prasselte in den niedrigen Ginsterstrauch, der ein halbes Dutzend Schritte oberhalb der Stelle wuchs, wo Sadik gerade das Seil durchschnitten hatte. Die geballte Schrotladung riss den Strauch fast in Stücke. Blätter und Äste flogen davon, als wäre jemand mit einer riesigen Drahtbürste durch den Ginster gegangen.
    Sadik hörte hinter sich Pferdehufe über Bohlenbretter poltern und sprang vom Pfahl zurück. Jetzt galt jede Sekunde. Als er herumfuhr, sah er, dass Magdalena ihr Pferd schon sicher auf das Boot gebracht hatte.
    Tobias dagegen kämpfte verzweifelt mit seinem Falben, der immer wieder vor der kniehohen Bordkante scheute und mit angstvollem Wiehern in die Luft stieg. Der Schuss trug nicht dazu bei, ihn zu beruhigen.
    »Wenn er nicht will, vergiss ihn! Los, auf den Kahn!«, schrie Sadik ihm zu und schlug dem Pferd im Vorbeilaufen mit der flachen Hand kraftvoll auf das Hinterteil. Der Falbe machte vor Schreck einen Satz vorwärts und sprang auf den Fährkahn. Geistesgegenwärtig griff Magdalena nach den Zügeln und hielt sie fest. Mit zitternden Flanken drängte sich das Tier gegen seinen weniger verstörten Artgenossen und stampfte verängstigt auf der Stelle.
    Tobias, der beim Zerren an den Zügeln sein Gewicht nach hinten verlagert hatte, wurde von der Flucht des Pferdes nach vorn völlig überrascht. Er konnte sich vor den Hufen gerade noch in Sicherheit bringen, indem er sich zur Seite warf – mitten ins knietiefe Wasser. Eiskalt strömte es ihm unter seine Kleidung. Fluchend rappelte er sich auf, schwang sich über die Bordkante und wollte aufspringen.
    Doch Sadik, der schon vor der Winde kauerte und das dicke Tau mit dem Messer bearbeitete, schrie ihm eine Warnung zu. »Flach liegen bleiben und den Kopf runter! Und du bleibst hinter den Pferden in Deckung, Magdalena!«
    Fieberhaft säbelte er an dem fast armdicken Seil herum, das sich mit Wasser vollgesogen hatte und sich deshalb viel schlechter schneiden ließ als das Seil zum Vertäuen.
    »Und was ist mit dir?«, rief Tobias erschrocken, als er den Fährmann am Ufer auftauchen sah. Sadik war dort an der Winde völlig ohne Schutz. Die nächste Schrotladung konnte ihn gar nicht verfehlen. Sie würde ihn aus so kurzer Entfernung in Stücke reißen.
    »Allah ist mit den Rechtschaffenen, 30. Sure, Vers 70«, erwiderte Sadik unerschütterlich, während seine Klinge durch die zum Tau gedrehten Kardeele schnitt. »Hasib! … Passt auf, gleich reißt uns die Strömung mit!«
    »Gottverdammter Strauchdieb!«, brüllte der Fährmann, keine zwanzig Schritte mehr entfernt. »Du hast das letzte Mal ein Seil durchtrennt, das dir nicht gehört!« Er legte die Flinte auf ihn an.
    Ein letztes Mal und mit all seiner Kraft zog Sadik das Messer durch den klaffenden Schnitt im Tauwerk. Die letzten Stränge rissen mit einem hohen, schnappenden Ton. Das Seil wurde durch den flussseitigen Ring gerissen und peitschte auf das Wasser. Von den Seilen befreit stemmte sich der Kahn nicht länger gegen die andrängende Gewalt der Fluten. Mit einem Ruck, der Sadik rücklings auf die harten Bohlen warf und ihm wohl das Leben rettete, setzte sich das Fährschiff in Bewegung.
    Keine Sekunde zu spät.
    Die zweite Schrotladung aus dem Gewehr des Fährmanns war direkt auf Sadik gezielt gewesen, jedoch um einen lebensrettenden Bruchteil zu spät abgefeuert worden. Die Schrotkugeln klatschten in Brusthöhe in das Geländer und gegen das Gehäuse der Winde.
    »Sadik! Hat es dich erwischt?«, stieß Tobias erschrocken hervor, als sich Sadik nicht von der Stelle rührte.
    »La, alles in bester Ordnung. Allah sei Dank! Bin mit ein paar blauen Flecken und einem mächtigen Schreck davongekommen!«, antwortete der Araber und

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