Falkenhof 02 - Auf der Spur des Falken
ich nehm’s dir auch nicht mehr ab!«, drohte er ihm. »Schon gar nicht bei Jana!«
Sadik lachte nun unverhohlen. »Gemach, mein Junge, gemach! Ich kann dir auch mit anderen arabischen Weisheiten dienen, als da wäre: ›Ein Haus ohne Frau ist wie eine Laterne ohne Licht.‹ Versöhnt dich das?«
»Ja, das ist schon besser«, brummte Tobias und kam wieder auf seinen Vorschlag zurück. »Es gibt zudem ein ganz handfestes Argument, warum es auch in Hinblick auf unsere Verfolger sehr sinnvoll ist nach Jana zu suchen.«
»Da bin ich aber gespannt.«
»Wo fällt denn ein Mohr wie du«, Tobias grinste ihn an, »weniger auf als auf Rummelplätzen, wo sich die merkwürdigsten Gestalten und Schausteller ein Stelldichein geben?«
»Den Mohr lasse ich dir noch mal durchgehen. Aber sonst liegst du damit gar nicht mal so falsch«, räumte Sadik ein. »Und da wir ja in der Tat Zeit genug haben …«
»Heißt das, du bist mit meinem Vorschlag einverstanden?«, fragte Tobias freudig erregt.
»In Ermangelung eines besseren: ja«, stimmte Sadik zu. »Suchen wir also Jana, die Landfahrerin.«
Tobias musste an sich halten um seine Freude nicht über Gebühr zu zeigen und Sadik zu weiteren Sticheleien zu animieren. Mit einem glücklichen Lächeln legte er sich schließlich schlafen. Er zweifelte nicht daran, dass sie Jana finden würden.
Die Witwe und der Bettelmönch
Das Glück, das ihnen Jakob Bassermann über den Weg geführt hatte, blieb ihnen auch am nächsten Tag gewogen. Ein Fassbinder, der sich mit seinem hoch beladenen Fuhrwerk auf dem Weg von Bachhäusel nach Munderheim befand, nahm sie mit. Er war ein freundlicher Mann, dem jedoch Redseligkeit und neugierige Fragen fremd waren, was sie in ihrer Situation sehr zu schätzen wussten.
Er setzte sie am Marktplatz ab, wo Bauern aus der Umgebung und Händler aller Art ihre Stände und Buden errichtet hatten um ihre Waren feilzubieten.
»Hier sollten wir uns nach Pferden umsehen«, meinte Sadik und wollte sich schon vom Marktplatz entfernen, auf dem ein geschäftiges Treiben herrschte.
Tobias hielt ihn zurück. »Warte! Mir ist da etwas eingefallen!« Ein Stand mit getragenen Kleidern hatte seine Aufmerksamkeit erregt.
Sadik folgte ihm mit verständnislosem Stirnrunzeln. »Wir haben genug anzuziehen. Jedes weitere Stück ist nur eine zusätzliche Belastung.«
Tobias hörte nicht auf ihn und ging die Sachen durch, die an langen Stangen hingen. Ein verstecktes Lächeln huschte auf einmal über sein Gesicht und er begann seine Wahl zu treffen.
»Ich möchte diese Sachen hier«, sagte er wenig später zu dem Verkäufer.
Dieser sah ihn skeptisch an. »Sind Sie sicher, dass Sie das Richtige ausgesucht haben?«, fragte er. »Ich meine, wäre es nicht sinnvoller, wenn die Person, die …«
Tobias fuhr ihm ungnädig ins Wort: »Was verkaufen Sie denn nun – unverlangte Ratschläge oder gebrauchte Kleidung?«
»Natürlich Letzteres, mein Herr«, versicherte der Verkäufer und verneigte sich.
»Dann nennen Sie mir einen vernünftigen Preis!«, verlangte Tobias und feilschte mit ihm, bis sie sich auf eine Summe geeinigt hatten, die beiden angemessen erschien.
»Würdest du mir bitte mal verraten, was du mit diesem Plunder da vorhast?«, zischte Sadik.
»Das liegt doch auf der Hand, oder?«
Sadiks Augen wurden groß, als ihm dämmerte, wer diese Sachen anziehen sollte. »Bei Allah! Wenn du glaubst, ich ziehe so etwas an, dann habe ich dich für klüger gehalten, als du bist!«, brauste er auf. »Nie und nimmer werde ich …«
»Du solltest Allah nicht zu laut im Munde führen, mein lieber Sadik!«, unterbrach ihn Tobias. »Und jetzt warte da drüben in der ruhigen Gasse auf mich. Ich muss noch etwas besorgen. Die Ausstattung ist noch nicht komplett.«
»Tobias! Das spiele ich nicht mit! Ich schwöre dir, ich werde niemals diese Kleider anziehen!«
Völlig unbeeindruckt von Sadiks Lamentieren drückte er ihm seinen Kleidersack in die Hände. »Ich halte dich für vernünftig und einsichtig genug, dass du deinen Stolz nicht höher als unsere Sicherheit stellst«, sagte er gelassen und ließ ihn stehen.
Sadik musste fast eine geschlagene Stunde auf ihn warten. Endlich kehrte Tobias zurück, mit einem schwarzen, abgewetzten Koffer in der Hand. »War gar nicht so einfach die jeweiligen Geschäfte ausfindig zu machen und das Richtige auszuwählen. Bin mir ganz schön dumm vorgekommen. Aber ich habe mir gesagt, dass man für die gute Sache auch Opfer bringen
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